Sinnvolle Lücken im Lebenslauf

Gudrun Bruckner zog es im Gap Year nach Ghana. Hier ist sie mit den Dorfältesten zu sehen
Auszeit. Reisen, anderen helfen oder einfach neue Kräfte tanken – kein Gap Year ist verschwendet.
Nach der Schule will sich nicht jeder sofort ins Unileben oder in eine andere Ausbildung stürzen. So mancher abgearbeitete Maturant nimmt sich eine Auszeit, ein sogenanntes "Gap Year", um über seine Studienwahl nachzudenken oder einfach nur, um aus dem Alltagstrott herauszukommen.

Einjährige Auszeiten wurden in den vergangenen Jahren auch unter österreichischen Jugendlichen immer populärer. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, ein Gap Year zu gestalten: Diverse "Work and Travel"-Programme, Au-pair-Aufenthalte, Sprachkurse, Praktika und Sozialprojekte. Kehren Jugendliche nun tatsächlich reifer, erfahrener und fokussierter aus dem Gap Year zurück? Oder verschwenden sie nur ihre Zeit, die sie besser in ein Studium investieren sollten?

Die Welt entdecken

Für die 19-jährige Katharina Klose war ihr Gap Year, das sie in Neuseeland, Thailand und Italien verbracht hat, alles andere als Zeitverschwendung. "Ich glaube, ich habe an jedem einzelnen Tag mehr gelernt, als ich in einem ganzen Jahr auf der Uni hätte lernen können." Katharina hat bei verschiedenen Sozialprojekten mitgeholfen und immer wieder für Kost und Logis auf Bio-Bauernhöfen gearbeitet. Auch sprachlich hat sie sehr profitiert: "Ich habe sogar auf Englisch geträumt." Das Gap Year war auch eine Art persönliche Herausforderung, die ihr gezeigt hat, dass sie alleine zurechtkommt. Auch in einsamen Momenten und an Tagen, an denen es ihr wegen einer Lebensmittelvergiftung oder eitrigen Insektenstichen nicht gut ging.

Viele Schüler fühlen sich nach der Matura in einer Welt aus Lernen, Prüfungen und Noten gefangen. Ein Gap Year bietet Möglichkeiten, neue Kraft zu tanken. "Vor allem im letzten Schuljahr habe ich mich stumpf und betäubt gefühlt. Erst das Reisen hat mich wieder aufgeweckt", erzählt sie. Ihre Tipps? Auf Reisen im Hier und Jetzt leben. Denn über die Zukunft macht man sich zu Hause schon genügend Sorgen.

Gudrun Bruckner, die in einem Dorf im Osten Ghanas in einer Volksschule unterrichtet und den Aufbau einer örtlichen Bücherei koordiniert hat, sah nach der Matura den besten Zeitpunkt zum Reisen. Denn im Studium und vor allem im Beruf ist man weit weniger flexibel. Außerdem war sie sich über ihre Studienwahl noch nicht im Klaren. Gudrun hat die guten und die schlechten Seiten Afrikas entdeckt, dort Freunde gefunden, und "1000 neue Dinge" gelernt. "Im Urwald waren die Kinder meine Lehrer." Worauf man immer achten soll, wenn man wie Gudrun an einem Sozialprojekt arbeitet: "Dass das Projekt geschaffen wurde, um Menschen zu helfen und nicht, um Freiwillige zu unterhalten."

Recht auf Pause

Für Karrierecoach Elfriede Gerdenits gibt es kein "verschwendetes" Jahr. Manchmal müssen Jugendliche unfreiwillig eine Auszeit nehmen, weil sie etwa einen Aufnahmetest nicht geschafft haben. Dann versuchen sie, diese Zeit sinnvoll zu nutzen. Bei Bewerbungsgesprächen kommt das immer gut an. Doch Jugendliche haben auch ein Recht darauf, es sich ein Jahr lang gut gehen zu lassen. Wenn man diese Entscheidung beim Bewerbungsgespräch begründen und mit Begeisterung von seiner "Lücke" im Lebenslauf erzählen kann, kann man auch damit punkten. Einen Grund für den Gap-Year-Boom der vergangenen Jahre sieht sie in der "fehlenden Berufsorientierung."

Gap Year: So organisiert man seine Auszeit

Gezielte Förderung Jugendliche, die ein Gap Year im Ausland verbringen wollen, können etwa an der Princeton University im US-Bundesstaat New Jersey fündig werden. Hier gibt es ein eigenes "bridge year program", das Studierende gezielt fördert. Das Programm übernimmt sämtliche Kosten für bereits eingeschriebene Studierende, die neun Monate lang bei verschiedenen Sozialprojekten im Senegal, China, Indien, Bolivien und Nepal mithelfen und dabei auch wichtige persönliche Erfahrungen machen.

Tipps und Kontakte Auch wenn man im letzten Schuljahr vieles im Kopf hat, ist es wichtig, sich schon früh Gedanken über sein Gap Year zu machen. Vor allem Organisatorisches wie (Arbeits-)visum oder Versicherung sollten rechtzeitig abgeklärt werden. Auch um die Finanzierung muss man sich kümmern. Vorsicht bei privaten Vermittlern: Hier wird einem die Organisation zwar abgenommen, doch die Kosten sind oft hoch. Durch das Programm "Jugend in Aktion" können Sozialprojekte von der EU finanziell gefördert werden.

Nützliche Adressen:

www.jugendeinewelt.at

www.freiwilliges-soziales-jahr.at

wwoofinternational.org

bwvolunteers.org

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