Julia Jentsch: Sensibilität als Trumpf

Julia Jentsch: Sensibilität als Trumpf
Julia Jentsch über die Sky-Serie „Der Pass“, Inspiration und Dreharbeiten in Wien.

KURIER: Sie sind für Ihre Rolle in „Der Pass“ für eine ROMY nominiert. Welchen Stellenwert haben für Sie solche Nominierungen und Preise?
Julia Jentsch:
Ich freue mich über jede Nominierung, auch wenn man danach nicht gewinnt. Dabei sein ist ja schließlich alles. Und eine Nominierung ist immer auch eine Ehrung für die eigene Arbeit. Außerdem geht es ja nicht nur um den Preis, sondern auch den Rahmen, in dem dieser vergeben wird. Und der ist meistens sehr schön: Man trifft Kollegen, kann sich austauschen und hat einen schönen Abend.

Julia Jentsch

Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis von „Der Pass“?
Bei den Dreharbeiten weiß man oft nicht, ob sich die Geschichte am Ende ausgeht. Bei „Der Pass“ geht sich das aber alles hervorragend aus. Als ich die Serie zum ersten Mal mit Musik und im finalen Schnitt gesehen habe, war ich angetan. Das Ergebnis ist für mich sehr stimmig.

Die Serie wird fortgesetzt. Sind Sie dabei?
Ich darf nichts sagen.

Verstehe, dann kommen wir zur ersten Staffel zurück: Die Dreharbeiten in der verschneiten Landschaft u. a. in Österreich wurden von Ihren Schauspielkollegen als anstrengend beschrieben. Wie war es für Sie?
Der Schnee, die kalten Temperaturen und die vielen Aufnahmen in der Natur waren für mich eigentlich nicht anstrengend. Die Arbeit in der Natur war sogar etwas, was ich sehr genossen habe. Was anstrengend war, war das enorme Drehpensum und die unterschiedlichen Motive, die täglich auf dem Drehplan standen. Man könnte die Dreharbeiten im Nachhinein als sportlich bezeichnen.

Was hat Sie von „Der Pass“ überzeugt?
Als ich das Angebot bekam, gab es noch keine finalen Drehbücher, nur Skizzen. Ich konnte aber bereits erkennen, dass meine Figur eine große Entwicklung im Rahmen der achtteiligen Serie durchmachen wird. Daher wusste ich, dass ich vielseitig agieren, mehrere Seiten einer Person spielen muss. Eine Herausforderung, die mich angesprochen hat. Dann wusste ich auch bereits, dass Nicholas Ofczarek dabei sein wird. Da ich ihn als Schauspieler enorm schätze und ich gerne mit ihm drehen wollte, war die Entscheidung dann schnell getroffen.

Sie werden von der Kritik als Expertin für sensible Rollen bezeichnet. Sind Sie das?
Naja, grundsätzlich ist es in diesem Beruf ja nicht schlecht, wenn man eine sensible Seite hat. Von den Rollen, die mir angeboten werden, suche ich mir eben die spannendsten und interessantesten aus. Dass dabei immer wieder sensible, dramatische Rollen dabei sind, ist Zufall.

Nach welchen Kriterien suchen Sie sich Ihre Rollen aus?
Wenn man es sich aussuchen kann, schaut man genauer hin und macht das, was einen inspiriert, man schon länger nicht mehr oder überhaupt noch nie gemacht hat. Aber dieses Privileg hat man im Laufe einer Schauspielkarriere ja nicht immer.

Unlängst haben Sie in Wien gedreht: „Russenstory“. Wie waren die Dreharbeiten?
Die Dreharbeiten waren schön. Es war eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre, was vor allem an der Regisseurin und den anderen Schauspielern, aber auch am Team lag. Der Großteil des Casts ist bereits für Johanna Moders ersten Film „High Performance – Mandarinen lügen nicht“ gemeinsam vor der Kamera gestanden. Die kennen sich alle, sind befreundet. Diese Verbindung hat man auch bei den Dreharbeiten gespürt. Ich wurde dann auch sehr freundlich in dieser Familie aufgenommen.

 

Worum geht es im Film?
Es geht um zwei befreundete Paare, die einem russischen Freund, der in Schwierigkeiten geraten ist, zur Flucht nach Österreich verhelfen wollen. Das ist die Ausgangssituation, die Entwicklungen in Gang setzt. Es geht um Fragen wie „Was bedeutet Helfen?“, „Wie uneigennützig ist man?“, „Was für ein Leben lebt man und welches will man eigentlich leben?“ .

Stellt man sich diese Fragen beim Dreh auch selbst?
Nein, nicht wirklich. Aber es gibt im Leben immer wieder Momente, an denen man Dinge hinterfragt, man innehält und schaut, wo man im Leben gerade steht und wo man eigentlich stehen möchte. Ich persönlich habe gerade nicht das Gefühl, dass ich in meinem Leben wahnsinnig viel verändern möchte. Ich bin zufrieden.

Tipp: Julia Jentsch ist in der Komödie „Frau Mutter Tier“ zu sehen. Ab heute, Donnerstag, im Kino.

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