Das Tienshan Gebirge - der Weg ins Reich der Mitte

Das Tienshan Gebirge - der Weg ins Reich der Mitte
Das "vergoldete" Tienshan Gebirge - 7000m hoch mit den gefährlichsten Gletschern der Welt.

Na wenn die mal nicht gleich mit dem wenigen Grünzeug, dass da herumliegt, das Gold nicht gleich auch mit auffressen bzw. auf Granit beißen...

von Harry Gangl & Sieglinde Spanlang

über das Tienshan Gebirge

Beim Frühstück auf Svetas Terrasse (der Tisch biegt sich wieder mal) erzählt uns Valodia einen Studentenschwank aus seiner Jugend, denn es gab damals in der Mensa Eier in allerlei Zubereitungsform und an der Wand war auf einem Zettel insbesondere für die männlichen Studenten zu lesen: "balzami jeizami sol ni makaltj", was soviel heißt, dass man mit den Fingern und speziell eben mit jedwelchen Eiern nicht unbedingt ins Mensa - Salz tauchen sollte...;-)))

Tauchen ist ein gutes Stichwort, denn es ist wieder soweit, bevor wir dann mit dem "Monster - Ford" in die berühmten Berge des Zentral Tienshan fahren, wo die Gipfel des 3 Länder Eck der Kasachen, China und Kirgisen bis zu 7500m (der Peak Popedi) in die Höhe schiessen und zu den gefährlichsten Gletschern der Welt gehören, weil sie mit sehr glatten Graniteis "überzogen" sind und schon ungezählte Todesopfer forderten.

Beside erwähnt - wir passieren gerade einen Friedhof in Tamchy, wo wir ein Begräbnis beobachten können, hier direkt am Ort des Geschehens dürfen nur Männer "beiwohnen" und trauern, den Frauen ist dies verwehrt und diese sitzen dann meistens heulend zu Hause. Im Winter gibt es in Tamchy keine ans Netz angeschlossenen Heizungen, denn da bohrt man sich einfach 10m in den Boden und bekommt so Heißwasser aus den unterirdischen Quellen.

Während wir so zu unserem Tauchplatz fahren, macht auf einmal ein Polizeiauto mit viel Tamtam - wie sollt's auch anders sein - die Straße frei, 3 weitere "Kieberer" folgen noch mit Blaulicht, Sirene und einem Mördertempo und bald darauf rast der kirgisische Präsident - dessen Nummernschild nur das kirgisische Wappen ziert - mit seinem Konvoi aus 9 gepanzerten Fahrzeugen, teilweise mit Maschinengewehren ausgerüstet und zuletzt die Ambulanz an uns vorbei. Scheinbar hat er es eilig, auf seine Yacht zu kommen, von der ich das letzte Mal schon berichtet habe! Im Vergleich dazu: Ilham Aliev in Azerbaijan war immer mit 14 Fahrzeugen unterwegs. Frühmorgens um 8:00 und dann nach Dienstschluss. Für ihn wurde dann immer ein 20km langes Strassenstück komplett gesperrt. Bei uns im Ösiland ist ja alles anders. Stelle man sich unsern Präsidenten vor, der den ganzen Ring in der Früh und am Abend für sich sperren würde. Na vielen Dank. Nein, UHBP weiß, was sich gehört und kommt - wenn's passt - sogar mit dem Radl, ein Konvoi aus begeisterten Menschen statt Rambo Manie - um ihn rum und da ist höchstens mal eine Strasse aufgrund einer Baustelle gesperrt...

Wir düsen nach Balykchy am Rand des Nordufers, in der UDSSR hatte die Stadt das größte Panzerregiment und den Sitz von SWD - Sojus Wnjesch Trans, dem größten Transportunternehmens, die nach China und zurück lieferten und einen der größten Hafen als noch als Draufgabe.

Trinkwasser - beim Tanken wieder mal ins Bewusstsein gerückt - muss man hierzulande teuer kaufen. 25 Liter aus den Quellen der Berge kosten rund 7 Euro. Stichwort: schätzen, was man daheim hat, wo wir nur den Wasserhahn aufzudrehen brauchen! Wir bewegen uns bereits entlang des Südufers in einer Entfernung von nur mehr rund 250km an der chinesischen Grenze entlang. Für ein Visum - hätten wir es, wären wir sicher gleich über die Grenze - reicht die Zeit aber leider nicht mehr. Von Bishkek aus, würde es mindestens eine Woche dauern, es zu bekommen und etwa 150 Euro kosten. Aber aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben und China läuft nicht davon...Sasha biegt zum Kiten ab, seine Freunde kommen mit uns tauchen, bleiben aber auch dann da, als mit uns der Bergwelt zu frönen, weil in der "Kurzen" auf den Gletscher macht sich nicht so gut, meinen sie. Zwar gäb's da oben genug Eis für Wodka aber halt keine Flasche auf dem Rücken ;-)) wir gehen an unserem "streng geheimen" Tauchplatz auf 43 Meter runter, ich lass mich neben dem 3er Shorty doch noch zu meiner Eisweste "überreden" - meine "Super - Touristen" Kamera vom Hofer überlebt's leider nicht, selber Schuld, steht maximal 5m drauf...und einen 10fach so großen Spielraum hat sie scheinbar nicht gehabt ;-))) Eine Stärkung mit frischen Marillen macht's vergessen, dann geht's hurtig ab ins Hochgebirge.

Es wären jetzt nur mehr 50 km nach China (das tut schon weh, wie, wenn du einem Kind Schoko hinhältst und dann "ätschi - bätschi" nicht gibst ;-)), als wir nach einer gut zweistündigen Fahrt durch die unbeschreiblich schönen Berge des Zentral Tienshan mit seinen unzähligen Gletschern fahren und schließlich "unser" Endziel auf 4028m Seehöhe in Eis und Schnee mit Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt erreichen. Eine der größten Goldminen der Welt (welche ursprünglich die Geldreserve der Sowjets sein sollte) befindet sich hier oben - wir bekommen die einzigartige Chance, einen Blick in die streng geheime Anlage reinzuwerfen - allein auf der Geröllhalde um's Eck davor, wo ich jetzt gerade stehe - liegen sage und schreibe ca. 70 Tonnen Gold im Stein. Einen Stein mit Goldflankerl nehme ich mir mit, zugegebener Weise hätte ich lieber so einen 50kg Barren reines Gold gehabt, lässt sich aber aufgrund der zig Kameras, die auf einen gerichtet sind, nicht bewerkstelligen ;-)) Pro Tonne Geröll erhält man in etwa 4-6g des Edelmetalls, pro Tag gewinnt man so 50kg (1,4 Mio. Dollar) das in mit Datum versehene Barren gegossen wird. Dazwischen werden immer wieder Proben genommen, die wie Nägel aussehen. Eine bleibt in der Fabrik, eine geht an die kanadische Firma und eine an den Staat.

Dazu karrt man mit der Eisenbahn pro Monat 60 Waggons zu je 70 Tonnen Salpeter fürs Sprengen und 14.000t Diesel pro Monat von einem Ort bei St. Petersburg hierher. Pro Tag braucht man 18 Mio. m3 Wasser, um 500.000t Erde umzuwälzen und das 24h rund um die Uhr. Die Kanadier - Centera, heißt die Firma - und ist 100% Beteiligter an Kumtor - die Kirgisen damit "indirekt" zu 30% rissen sich's "Minerl" unter den Nagel, bauen hurtig ab, die Kirgisen bekämen davon eben ca. 30%. Insgesamt haben sie 400 Tonnen Gold drinnen, davon haben sie mit 2500 Arbeitern seit 1995 in etwa die Hälfte rausgeholt. Gewinn bekämen die Kirgisen aber nur dann, wenn die Kanadier einen Gewinn ausweisen würden, machen sie aber kaum, da diese ja auch nicht auf den Kopf gefallen sind und diesen bei hier daueroffenem Fenster rauswerfen - allein der kanadische Ingenieur bekommt schätzungsweise 70.000 Dollar plus Zulagen pro Monat, dazu kommen noch die anderen "Ausgaben" und deshalb brodelt und dampft es ganz schön im kirgisischen Goldkessel, noch dazu, wo die Kanadier ihnen nicht nur das Gold "wegbuddeln", sondern auch den Gletscher nebenbei, und damit jährlich ein paar Meter Trinkwasserspeicher abgraben, wie die ganze Umweltproblematik der Gewinnung mit Zyanid dazukommt (Tailing bleibt als Abfall, wo aber noch immer Gold drinnen ist - technisch aber praktisch nicht lukrativ rausholbar). Aber es ist halt eben Gold, der schnöde Mammon ist stärker, als alles andere, was für den "Gutmenschen" zählen sollte.

Ein deutscher Professor plant wiederum - und man darf gespannt sein, wie er das macht, das Gold besagter Halde mit Bakterien!!! zu gewinnen. Na wenn die mal nicht gleich mit dem wenigen Grünzeug, dass da herumliegt, das Gold nicht gleich auch mit auffressen bzw. auf Granit beißen...

Hier oben kann man übrigens hervorragend auf Dianas Spuren wandeln - ein wenig klettern sollte man können, neben dem Pferd eine ordentliche Kondi haben, schwindelfrei sein und dann steht dem Jagdvergnügen nach Marco Polo, Steinbock und Co. nichts mehr im Wege! Ich werde jedenfalls der Einladung von Vladimir dazu mit Begeisterung Folge leisten, die Büchse ist hergerichtet und möchte an dieser Stelle auf der einen Seite meinen lieben Freund Rudi Dutter samt Familie aus St. Pölten, der mir seit Jahren äußerst kompetent in Sachen Jagd zur Seite steht und meinen besten Freund - sowie seit unserem ersten Zusammentreffen am Juridicum - treuen Weggefährten Hans Jürgen "Jimmy" Altmann - einen der besten Juristen, die ich kenne und seine wirklich tolle Familie ganz ganz herzlich grüßen. Ich hätte dich jetzt gerne hier, meus amicus carus, um mit dir gemeinsam auf die Jagd in die kirgisischen Berge zu gehen! Ein zünftiges Weidmanns Heil in den Bezirk Tulln, lieber Jimmy, der du ja auch schon beruflich schon hier in Kirgistan warst und das Gebiet ein wenig kennst!!!! Und sei dir gewiss, wir werden hierher zurückkehren und gemeinsam auf die Pirsch gehen!

A propos Altmann - Vladimir empfiehlt noch ein Buch von Andreas Altmann, der in einem indischen Ashram und in einem Zen-Kloster in Kyoto lebte, bevor er seine wahre Bestimmung als Reiseschriftsteller und Auslandsreporter fand. Lange Reisen führten ihn durch Afrika, Asien und Südamerika. Zuletzt war Altmann, der seit Jahren in Paris lebt, in Palästina unterwegs. Und jener welcher hat eben auch ein Buch über dieses schöne Fleckchen Erde geschrieben und ist sehr empfehlenswert schwärmt Valodia gerade!

Am Fuß des Berges findet man dann - wie schon in Moskau, wenn auch eine Stufe kleiner - ein Juri Gargarin Denkmal. Der Austronaut wollte nach seiner Landung in Baikonur unbedingt hier an den Yssykköl See zur Erholung in eines der berühmten Sanatorien. Er hat angemerkt, dass der Yssykköl See mit dem Tienshan Gebirge im Hintergrund aus dem Weltraum aussieht wie ein allsehendes Auge, dass in das Weltall blickt!

Wir kamen von links und nehmen nun die Abzweigung nach rechts, um den See Richtung Ostufer "anzugreifen" und ihn gänzlich zu umrunden. Vor uns liegt auf einer Halbinsel schon die erwähnte, streng geheime Torpedo - Versuchsfabrik und da schon die Nacht hereinbricht und unser Magen ordentlich "knurrt", lassen wir den Russen mal ihr Geheimnis, das hier ohnehin jeder kennt und essen in einem Dunganischen Lokal namens "Dinara" in Karakol, welches ca. 25.000 Einwohner hat und dessen Hauptsaison wegen den Schigebieten eigentlich Winter ist, im Sommer herrscht hier dagegen meistens Leere, zumal die Badetouristen am Nordufer, die Radlfahrer am Südufer zu finden sind. Dunganisch ist eine Mischung aus halb chinesischem und halb kirgisischem Essen, man bemerkt in der gesamten Region schon sehr stark den Einfluss und auch das chinesische Aussehen der Bevölkerung! Es gibt kirgisisches Boorsok (Brot in kleinen Stückchen), Lachman (kirgisische - uigurische Spaghetti), Kuurdak (Dunganisches Schafsfleisch mit Kartoffel, Zwiebel und Tomaten), Manti (Teigtaschen mit Schafsfleisch und Zwiebel gefüllt) und etliches anderes.

Danach heißt es sich sputen, denn wir brauchen sicher noch gut 2 Stunden heim, es ist bereits nach 22:00 und wir müssen morgen sehr zeitig auf, um unseren Fahrplan einhalten zu können und zurück nach Astana zu "düsen" Deshalb sag ich jetzt gleich Gute Nacht, es war ein sehr aufregender und spannender Tag!

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