Umweltschützer Felix Krainer: "Wir machen Müllsammeln auf TikTok sexy"

Felix Krainer (li.) beim Müllsammeln am Strand
Schaufensterpuppen, Waschmaschinen, BHs, Zigarettenstummel – und natürlich Unmengen an Plastikflaschen. Die Liste der Gegenstände, die Felix Krainer schon aus der Natur gefischt hat, ist lang. Der 24-jährige Kärntner ist Umweltschützer, Jungunternehmer – und TikTok-Star.
Vor drei Jahren gründete Krainer das Start-up Planet Matters, das Menschen weltweit zum Müllsammeln animieren will. Mit mehr als drei Millionen Followern ist sein Kanal heute der zweitgrößte "Clean-up"-Account auf der Social-Media-Plattform.
Erfolg auf TikTok
"Wir machen das Thema Müllsammeln über TikTok sexy", sagt Krainer im Gespräch mit dem KURIER. "Egal, was man postet, es muss den Menschen emotional berühren - und das tun unsere Videos auf jeden Fall", ist er überzeugt. Ein Clip vom Müllsammeln unter Wasser auf Hawaii wurde etwa mehr als 100 Millionen Mal angesehen. "Es hat was von Schatzsuche – die Leute sind neugierig, was wir finden.“
Die Menschen aber nicht nur zum Zusehen, sondern auch zum Mitmachen zu motivieren, sei die große Herausforderung, gesteht er. "Müll zu sammeln ist keine alltägliche Sache, wie zum Beispiel laufen zu gehen. Da gibt es für viele Leute schon eine große Barriere. Sie beklatschen es zwar, würden aber nicht auf die Idee kommen, das selbst auszuprobieren."
Müll sammeln und Punkte sammeln
Hier kommt seine App ins Spiel. Denn das Zauberwort laute Gamification, erklärt er. Soll heißen: Das Müllsammeln wird bei Planet Matters - wie bei einem Spiel - belohnt. Für jeden Liter gesammelten Müll gibt es Punkte, die in Gutscheine, Rabatte oder Spenden umgewandelt werden können. Schulen, Gemeinden oder Unternehmen können ihren Fortschritt tracken und vergleichen. Und: Müllsammeln soll zum sozialen Event mit Gemeinschaftsgefühl werden - mit Musik, Wettbewerben und Preisen.
Inzwischen gibt es Community-Mitglieder in 30 Ländern – von Portugal bis Kenia. Am Montag war Krainer mit einer Wiener Volksschule unterwegs. 80 Kinder hätten in Favoriten in einer halben Stunde rund 150 Liter Abfall gesammelt. An einem Strand in Albanien oder auf Bali könne in wenigen Stunden aber durchaus eine halbe Tonne bis Tonne Müll zusammenkommen.
"Müllsammeln alleine wird das Umweltproblem natürlich nicht lösen. Aber es ist eine gute Sache, um anzufangen und um Bewusstsein zu schaffen", sagt er. Wer einmal mitgemacht hat, werfe selbst nichts mehr so achtlos weg - und überdenkt vielleicht sogar den eigenen Plastikkonsum.
Motivierte Jugend
Auf Krainers Projekt wurde auch schon Arnold Schwarzenegger aufmerksam. Der einstige Gouverneur von Kalifornien lädt am Dienstag zur neunten Klimakonferenz "Austrian World Summit" in die Wiener Hofburg. Krainer wird dort eine Rede halten.
Für den Veldener war schon als Kind klar, sich einmal für die Umwelt engagieren zu wollen. Mit 16 Jahren begann er, Inhalte auf sozialen Medien hochzuladen. "Aber online Reichweite aufbauen und Geld verdienen alleine hat mich nicht erfüllt. Ich wollte etwas Sinnstiftendes machen. Der Hintergrundgedanke von Planets Matters ist, Umweltschutz zu einem Lifestyletrend zu machen und positiv zu besetzen."
Eine resignierte Jugend erlebe der Jungunternehmer nicht; die Klimakrise sei in den Köpfen allgegenwärtig. Und: "Ich glaube, dass die Jungen heutzutage um einiges mehr an Sinn, Halt und Haltung suchen als frühere Generationen, wo alles noch etwas linearer war. Wichtig ist allerdings, ihnen eine Richtung vorzugeben und vorzuleben. Und das Gefühl, dass z.B. Müll sammeln sozial anerkannt wird, dass es cool und Mainstream wird. Deswegen ist es auch so super, wenn Weltstars wie Arnold Schwarzenegger eine Message schicken und Dinge vorleben - so etwas brauchen wir mehr."
Sein Ziel für Planet Matters? Die App, Kooperationen mit Firmen und ein Netzwerk an Freiwilligen weltweit auszurollen. "Und natürlich irgendwann an den Punkt zu kommen, an dem sich alle des Plastikproblems bewusst sind und unsere Arbeit vom Müllsammeln getan ist. Aber da haben wir noch einen weiten Weg."
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