Die meisten Landesparteivorsitzenden waren auch geblieben. Vor allem die junge Garde wie Sven Hergovich, David Egger, Michael Lindner oder Georg Dornauer. Die Meinung war an diesem Abend einhellig: "Ab sofort sind wir die Babler-SPÖ", wie es ein Funktionär formulierte. Jene, die bewusst nicht zum Parteitag gekommen sind - darunter auch mehrere Ex-Kanzler - wären nicht mehr das Bild der Sozialdemokratie. Das wird nun vom Babler-Team vorgegeben. Die 88,76 Prozent wurden als großer Erfolg gefeiert. Genauso die Tatsache, dass es bei den Stellvertretern und dem Vorstand zu keinen Streichorgien gekommen ist. Obwohl im Vorfeld das Gerücht kursiert war, dass den Wiener Kandidaten ein Denkzettel verpasst werden sollte.
Dornauer weiter selbstbewusst
Die wenigsten Delegiertenstimmen erhielt an diesem Abend der Tiroler Landeshauptmann-Stellvertreter Georg Dornauer. Er kam nur auf rund 87 Prozent. Sein Selbstvertrauen wurde damit allerdings nicht angekratzt. Im Gegenteil: Er diagnostizierte noch am Abend dieses Wahlverhalten als Zeichen dafür, dass er sich etwas sagen getraue.
Als gemeinsamer politischer Gegner wurde FPÖ-Parteichef Herbert Kickl an diesem Abend ausgemacht. Die Babler-Anhänger sind sich einig, dass es bei der Nationalratswahl zum großen Duell Rot gegen Blau oder Links gegen Rechts kommen wird. Dass man aber selbst bei einem Sieg die ÖVP zum Regieren benötigen wird, das wird derzeit noch ausgeblendet. Als ob man sich nach diesem Parteitag so stark fühlt, dass man nach der Wahl im September 2024 auf allen Ebenen tonangebend ist. So war die Stimmung an diesem Samstagabend.
Nach der Party in der Messe Graz verlagerten sich die Feiern in die Innenstadt, wobei die Sozialistische Jugend SJ dafür ein Lokal gekapert hatte. Viele hohe Funktionäre sahen es praktisch als ihre Pflicht an, dort auch zu erscheinen. Dass die Nacht dann sehr kurz war, zeigte sich am Sonntag in der Messe Graz. Der zweite SPÖ-Tag verlief um einiges ruhiger.
Bewährungsprobe für Bundesgeschäftsführung
Neben Andreas Babler konnten auch zwei Mitarbeiter aus seinem Team besonders feiern: Sandra Breiteneder und Klaus Seltenheim. Als der neue Parteivorsitzende diese beiden in seine neue Bundesgeschäftsführung holte, gab es mancherorts in der SPÖ ein Nasenrümpfen. Man hätte sich gerne prominentere Funktionäre, etwa Abgeordnete, in diesen Positionen gewünscht. Jetzt haben die beiden ihre Bewährungsprobe gut bestanden.
Die Auszählung der Stimmen funktionierte, auch wenn das Ergebnis erst sehr spät feststand. "Aber wir konnten uns nicht leisten, dass wieder etwas schief geht", heißt es aus der Wahlkommission. Genauso war es den beiden gelungen, die vielen Anträge zeitgerecht durchzubringen.
Die Schwierigkeit war aber nicht nur der Parteitag selbst, sondern die Vorbereitung. Die vielen Diskussionen und Sitzungen, um die Partei auf so ziemlich eine Linie zu bringen. Vor allem die Frage rund um die Direktwahl durch die Mitglieder hatte viel Fingerspitzengefühl verlangt. Vor allem wegen der ablehnenden Haltung der Wiener Genossen. Das Ergebnis: Bei den Wortmeldungen gab es keine direkten Konfrontationen, wie sie etwa unter Ex-Kanzler Werner Faymann auf der Tagesordnung gestanden waren. Jener Mann, der bei diesen seinerzeitigen Bundesparteitagen am angriffigsten gegen den Vorsitzenden war: Andreas Babler.
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