Waschmittel, Snus und Politik: Was Umfrage-Teilnehmer bewegt

Wolfgang Bachmayer von OGM sitzt mit einem Kollegen vor einem Computer.
Der KURIER hat bei einer Auswertung zugeschaut und Teilnehmer getroffen

von Oliver Wild

Es ist 18.03 Uhr in einem der größten Markt- und Meinungsforschungsinstitute Österreichs, an diesem Abend arbeiten aber nur OGM-Chef Wolfgang Bachmayer und ein Mitarbeiter. Die beiden sitzen in einem hohen Raum mit drei Schreibtischen, Perserteppich und abstrakten Kunstwerken an den Wänden – und starren auf einen Bildschirm.

Die Webseite Onlinebefragung.at von Wolfgang Bachmayer (OGM) ist geöffnet.

Vor zwei Stunden haben sie eine Online-Wahlumfrage verschickt, 400 Antworten sind schon retour gekommen. Zu wenig, um eine verlässliche Aussage zu treffen, aber genug, um Bachmayer und seinen Mitarbeiter angeregt über die unterschiedlichen Balken- und Kuchendiagrammen diskutieren zu lassen. Eines lässt sich schon jetzt sagen: Der Aufwärtstrend der FPÖ hält an.

Wer sind die Menschen hinter den Balken und Kuchen? Der KURIER trifft Werner Beltz, einen 56-jährigen Invalidenpensionisten, in einem Beisl in Favoriten. Vor dem Termin war er extra noch beim Friseur, und beim Abschied wird er sich ein Tagesmenü mit nach Hause nehmen.

„Als Pensionist habe ich ja keine Zeit zum Kochen“, sagt er augenzwinkernd.

Ein Mann mit Brille sitzt in einer Bar, im Hintergrund ein Dartautomat und ein Hinweisschild zum Alkoholverkauf an Jugendliche.

Werner Belz

Beltz lässt sich kaum eine Umfrage entgehen. In Fragebögen anhakerln, welches Waschmittel er warum verwendet, wie er zum Konsum von Snus und Zigaretten steht und eben auch, welche Partei er wählen würde, welche Themen ihn wie bewegen: Er sei stolz, auf diese Weise „einen kleinen Beitrag zu leisten“, sagt er.

Politisch geht die Tendenz bei ihm eher in Richtung Nicht-Wähler. Beltz war viele Jahre SPÖ-Mitglied – und das nicht nur auf dem Papier: Gerade vor Wahlen war er in seinem Grätzel aktiv, erzählt er. In einer schwierigen Lebensphase habe er sich dann von der Partei im Stich gelassen gefühlt. Und auch inhaltlich fühlt er sich nicht mehr vertreten.

Eine lächelnde Frau mit Brille sitzt auf einer Bank vor einem Fenster.

Alena Binder

Was ihn stört? Beltz holt weit aus. Im Wesentlichen geht es um Integration, die Situation in seinem Grätzel und darum, dass die SPÖ „zu wenig sozial“ agiere. Die „Arbeiterpartei“ gebe es nicht mehr, sagt er. Das FPÖ-Credo: „Österreich zuerst“ gefalle ihm zwar gut, wählen würde er die Blauen aber nicht – sie seien „zu radikal“.

Die ÖVP sei ihm „zu konservativ“. (Beltz schreibt übrigens in seiner Freizeit Geschichten im Bereich LGBTQ+). Die Neos kümmern sich aus Sicht des Pensionisten nur um „die Jungen“. Und die Grünen seien ihm zu „öko“.

Pool aus Individuen

Von niemandem abgeholt fühlt sich auch Alena Binder. „Ich würde fast sagen, ich bin politikverdrossen. Aber nicht, weil mich Politik nicht interessiert, sondern weil mich die politischen Akteure ärgern.“ Wenn sie morgen wählen müsste, dann „taktisch“, denn: „Ich wähle das kleinere Übel, um anderes Übel zu verhindern.“

Binder ist von Beruf Gärtnerin und nimmt seit drei Jahren an Umfragen teil. Pro Fragebogen werden ihr je nach Länge 20 Cent bis 1,50 Euro auf einem Teilnehmerkonto gutgeschrieben. Es dauert eine Weile, bis für eine Auszahlung oder einen Gutschein genug beisammen ist, sagt die 35-Jährige.

Als sie ihre Motivation schildert, wird sie fast lyrisch: „Ich sehe mich als Tröpfchen in einem Pool aus Individuen.“ Natürlich sei sie selbst immer gespannt, wie die Ergebnisse am Ende aussehen.

In der OGM-Zentrale liegt am späteren Abend ein Ergebnis vor: Neben Beltz und Binder haben noch 1.041 andere Teilnehmer abgestimmt. Die FPÖ liegt bei der Sonntagsfrage auf Platz 1, dahinter SPÖ und ÖVP.

Aber das wissen Sie sicher schon: Die Umfrage ist im Februar im KURIER erschienen.

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