Experten-Kritik an schärferem Waffenrecht: "Altersgrenzen sind willkürlich"

Experten-Kritik an schärferem Waffenrecht: "Altersgrenzen sind willkürlich"
Der Vorsitzende der ARGE Zivile Sicherheit warnt vor Symbolpolitik und ortet einen massiven Mehraufwand für Polizei und Behörden.

Die von der Regierung geplante Verschärfung des Waffenrechts macht Österreich nur vermeintlich sicherer. So lautet, zusammengefasst, das Urteil von Robert Siegert, dem Vorsitzenden der ARGE Zivile Sicherheit. Siegert hält die von der Regierung angekündigten Veränderungen für teilweise überhastet und unausgegoren.

Ein Punkt ist das vorgesehene Mindestalter beim Kauf von Schusswaffen, das bei Gewehren von 18 auf 21 und bei Revolvern und Pistolen auf 25 Jahre angehoben werden soll. „Man hätte über das neue Alter genauso gut würfeln können“, sagt Siegert zum KURIER. „Die Altersgrenze folgt keinen wissenschaftlichen Kriterien und auch keiner Logik. Sie ist willkürlich.“

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Robert Siegert, Vorsitzender der Arge Zivile Sicherheit, hat schwere Bedenken beim neuen Waffenrecht

Auch die so genannte Abkühlphase, die in Zukunft deutlich verlängert werden soll, sei beliebig festgelegt und werde keine zusätzliche Sicherheit generieren, meint Siegert: „Da laut Entwurf für jegliche Schusswaffen ohnehin der Erwerb eines waffenrechtlichen Dokuments notwendig werden soll, ist die zusätzlich geplante Verlängerung der Abkühlphase in Kombination damit so, als würde man Hosenträger und Gürtel gleichzeitig tragen.“ Zur Erinnerung: Schon jetzt können Bürger, die sich eine Schusswaffe kaufen wollen, diese nicht sofort vom Waffenhändler mit nach Hause nehmen - sie müssen drei Tage warten. Die Idee dahinter: Ein Waffenkauf sollte nicht in einer Emotion oder im Affekt möglich sein. „Dass die dreitägige Frist nun auf vier Wochen verlängert wird, ist eine rein symbolische Maßnahme“, sagt Siegert. Denn es gäbe schon jetzt keinen einzigen Fall eines Amoklaufs oder einer Gewalttat, die durch eine Verlängerung von drei Tagen auf vier Wochen hätte verhindert werden können.

Datenaustausch

Ausdrücklich begrüßt wird von Siegert das Reform-Vorhaben, dass die relevanten Daten der Stellungskommission im Bundesheer auch für zivile Behörden freigegeben werden.

Hier gibt es einen konkreten Bezug zum Grazer Amokläufer: Dieser hat seine Waffen zwar legal besessen. Allerdings war er bei der heerespsychologischen Untersuchung (Stellung) offensichtlich derart auffällig, dass das Militär ihn für ungeeignet erklärte, eine Waffe zu bedienen. Bislang durfte das Bundesheer derartige Informationen nicht an Polizei, Innenministerium, etc. weitergeben. Das soll sich im neuen Waffenrecht ändern.

Umso weniger versteht Siegert, warum nun mit der angekündigten fünfjährigen Befristung der waffenrechtlichen Bewilligung („Probephase“) zusätzliche Begutachtungen für Waffenbesitzer vorgeschrieben werden sollen. Geht es nach der Bundesregierung, ist für ausnahmslos jeden Kauf einer Schusswaffe künftig zwingend ein psychologisches Gutachten nötig. Bisher war ein solches Gutachten nur für Waffen der „Kategorie B“ verpflichtend, also Pistolen und Revolver. In Zukunft soll das auch für „Kategorie C“-Waffen, wie etwa die klassische Jagdflinte, gelten. 

Wer eine „Kategorie B“-Waffe erwirbt, muss künftig nach Ablauf der fünfjährigen „Probephase“ dann erneut ein psychologisches Gutachten erstellen lassen. Siegert: "Bereits jetzt werden Besitzer von Waffenbesitzkarten und Waffenpässen zusätzlich zu den spontanen und unangekündigten Überprüfungen alle fünf Jahre auf ihre Verlässlichkeit geprüft. Die nun vorgesehene Probephase würde bedeuten, dass nach fünf Jahren – völlig ohne Anlass – erneut ein psychologisches Gutachten gemacht werden muss, obwohl ein solches ja ohnehin schon beim Erwerb einer Waffe vorzulegen ist.“

Für die Sicherheitsbehörden bzw. die Polizei bedeute dies einen erheblichen Mehraufwand an Bürokratie, sagt Siegert und kritisiert in diesem Zusammenhang vor allem die derzeit geplante rückwirkende Anwendung dieser Regelung. "Auch hier stellt sich die Frage: Wird das Land durch diesen Mehraufwand wirklich sicherer?"

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