EU-Gerichtshof beschert Beamten Hunderte Millionen Nachzahlung
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine Regelung für die Anrechnung von Berufserfahrung bei österreichischen Beamten und Vertragsbediensteten als EU-rechtswidrig erklärt. Konkret hält er in seinem am Mittwoch veröffentlichten Urteil fest, dass auch das 2015 und 2016 reformierte Gesetz "weiterhin gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters" verstößt.
In Österreich war die Anrechnung von Berufserfahrung, die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs erworben wurde, in den Besoldungs- und Vorrückungssystemen für Beamte und Vertragsbedienstete des Staates ursprünglich ausgeschlossen. Das hat der EuGH schon einmal als diskriminierend verurteilt. Darum wurde das Gesetz 2015 und 2016 reformiert. Dabei wurde festgeschrieben, dass Mitarbeiter, die bereits im Dienststand sind, in ein neues Besoldungs- und Vorrückungssystem übergeleitet werden, in dem sich ihre erste Einstufung nach ihrem letzten, gemäß dem früheren System bezogenen Gehalt richtet.
Der EuGH urteilt nun, "dass die neuen Systeme nicht geeignet sind, die Diskriminierung (...) zu beseitigen". Denn das Gehalt derjenigen Personen, die zumindest einen Teil ihrer Berufserfahrung noch vor Vollendung des 18. Lebensjahres erworben haben, sei "allein wegen ihres Einstellungsalters niedriger".
Daher hätten die diskriminierten Beamten Anspruch "auf eine Ausgleichszahlung in Höhe der Differenz zwischen dem Gehalt, das sie hätten beziehen müssen, wenn sie nicht diskriminiert worden wären, und dem tatsächlich von ihnen bezogenen Gehalt".
Es wird teuer
Die Republik wird zahlen müssen. Spannend wird sein, wie viel. Im Juni letzten Jahres hatte Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Parlament zusätzliche Kosten für das Budget zwischen 600 Millionen und drei Milliarden Euro in Aussicht gestellt.
Im Beamtenministerium von Strache wollte man sich dazu am Mittwoch zum jüngsten EuGH-Urteil noch nicht äußern. "Es wäre zum jetzigen Zeitpunkt unseriös", so ein Sprecher. Zuerst müssten die Experten im Ministerium das Urteil analysieren. Erst dann könnten mögliche Auswirkungen eingeschätzt und Maßnahmen ergriffen werden.
"Viel Zeit darf sich die ÖVP-FPÖ-Koalition nicht lassen", sagt Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker: "Einzelne Betroffene sind schon über 80 Jahre alt. Es ist zynisch, wenn die Regierung hier auf Zeit spielt und nicht endlich eine rechtssichere Lösung auf Schiene bringt."
Der ursprünglich vom ÖGB angerufene Oberste Gerichtshof in Österreich hatte sich in der Angelegenheit an den EuGH gewandt, um zu klären, ob die heimische Vordienstzeiten-Regelung gegen Unionsrecht verstoße.
Zusätzlich hatte ein Polizist aus Tirol Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt, worauf dieses ebenfalls den Europäischen Gerichtshof zurate zog. Der EuGH bestätigte nun in beiden Fällen, dass gegen Unionsrecht verstoßen werde.
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