Von Pilz "überrumpelt": Bißmann bereut Votum gegen Saudi-Zentrum

Martha Bißmann.
Die wilde Abgeordnete Martha Bißmann kritisiert die Vorgangsweise ihres früheren Parteichefs Peter Pilz im Parlament.

Martha Bißmann, freie Abgeordnete im Nationalrat, tut im KURIER-Gespräch etwas, was Politiker selten machen. Sie bedauert öffentlich eine Entscheidung. Dabei geht es um das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen Dialog (KAICIID) in Wien, salopp als Saudi-Zentrum bekannt.

Die Schließung des seit Jahren in der Kritik stehenden Zentrums war am 12. Juni vom Nationalrat beschlossen worden. Die Stimmen kamen von SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt, die Initiative dazu von Listengründer Peter Pilz.

Reue

„Ich habe mitgestimmt, aber bereue das jetzt“, sagt Bißmann. „Wie andere Abgeordnete hatte ich ganz wenig Zeit, darüber nachzudenken, ob ich eine Schließung gut finde oder nicht. Ich gebe zu, ich habe Peter Pilz vertraut, dass er weiß, was er tut, und dass die Schließung des Zentrums einen positiven Effekt auf die Bemühungen um Menschenrechte in Saudi-Arabien hat. Das ist aber nicht der Fall." Bißmann fühle sich von ihrem ehemaligen Parteichef Pilz „überrumpelt“.

Der erfahrene Parlamentarier Pilz wählte an besagtem Plenartag eine erfolgreiche Taktik. Wissend, dass die SPÖ viele Bedingungen bei dem Entschließungsantrag gegen das Saudi-Zentrum einbringen würde, führte ihn der erste Weg zu FPÖ-Klubchef Norbert Hofer. Dieser soll nur einen Halbsatz geändert und seine Unterschrift darunter gesetzt haben. Mit Hofers Unterschrift als Druckmittel ging Pilz schließlich zur SPÖ, und blitzschnell war der Beschluss, das Saudi-Zentrum zu schließen, besiegelt.

"Durchgepeitscht"

Bißmann zu der rasanten Vorgehensweise: „Ich hätte anders gestimmt, wenn ich ein bisschen Zeit gehabt hätte, den Antrag zu begutachten. Ich finde das sehr unseriös. Die Opposition hat der Regierung immer vorgeworfen, Gesetze ohne Begutachtungsfrist durchzupeitschen, und jetzt machen wir dasselbe.“

Bißmann wird am kommenden Montag als erste Mandatarin das KAICIID besuchen, sie wolle sich ein Bild machen. Sie habe sich aber bereits nach dem Beschluss im Nationalrat am 12. Juni „eingehend damit beschäftigt“.

Nun sei sie gegen das Aus für das Zentrum: „Die Fronten verhärten sich, und unsere positive Möglichkeit auf Einflussnahme auf das menschenverachtende Regime nimmt ab. Ein Dialog wie dieser ist besser als gar kein Dialog.“

Die 39-Jährige sagt auf Nachfrage, sie wolle auch nach der überraschenden Neuwahl in der Politik bleiben. Aus dem Klub der Liste Jetzt ist Bißmann vor rund einem Jahr ausgeschlossen worden. Realistisch erscheint ein Engagement bei der SPÖ oder den Grünen.

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