„Unter Handelsbeschränkung würde Österreich furchtbar leiden“

„Unter Handelsbeschränkung würde Österreich furchtbar leiden“
Karl Sevelda, Präsident von EcoAustria, will Türkis-Blau eine Chance geben und warnt vor kurzsichtigem Populismus

Karl Sevelda, Ex-Generaldirektor der Raiffeisenbank International, ist nun Nachfolger von Josef Moser als Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria.

KURIER: Herr Sevelda, Ihr Vorgänger bei EcoAustria, Josef Moser, ist Reformminister geworden. Beneiden Sie ihn?

Nein, ich beneide ihn nicht um diesen Job. Ich wünsche ihm alles Gute, denn gegen die Mauer des Föderalismus anzukämpfen, ist sicherlich nicht einfach. Dort liegen aber die größten Potenziale einer Verwaltungsreform, daher muss man es probieren. Auch Mosers Initiative gegen zu viel Bürokratie ist zu begrüßen.

EcoAustria ist ein Industrie nahes Institut. Gibt es bestimmte Erwartungen an Moser? Wird ihm eine Latte gelegt?

Wir legen ihm keine Latte, das wäre unfair. Wir wünschen ihm, dass er sich gegen Bürokratie und zu viel ungesunden Föderalismus durchsetzt.

Unter Industriellen herrschte anfangs eine geradezu euphorische Stimmung über Sebastian Kurz. Hält das noch an oder ist Ernüchterung eingekehrt?

Es ist bekannt, dass ich ein Liberaler bin und eine andere Partei als die des Kanzlers unterstütze. Aber man sollte dieser Regierung eine Chance geben. Reformbedarf ist da, es gibt vieles, was man tun kann, um den Standort Österreich zu verbessern. Wir werden sehen, was diese Regierung zusammen bringt. Es gibt positive Ansatzpunkte. Man wird die Regierung an ihren Taten messen müssen.

Politisch sind Sie Neos-Partner. Empfinden Sie den Abgang von Matthias Strolz als Rückschlag?

Ich bin überzeugt, dass Beate Meinl-Reisinger den erfolgreichen Weg fortsetzen wird – mit ihrer eigenen Handschrift.

Bei CETA sieht man, dass Kritik am Freihandel in Österreich auf sehr fruchtbaren Boden fällt und sich leicht ausbreitet. Müssten Institutionen wie Ihre nicht mehr informieren, um gegen diese Stimmung anzukämpfen?

Es ist populistisch und kurzsichtig, gegen Freihandel aufzutreten und vermeintliche Schutzwälle aufzuziehen. Man vergisst dabei, dass Schutzwälle nicht nur Einflüsse von außen beeinträchtigen, sondern auch das Hinausgehen behindern. Ein Land wie Österreich, das mehr als die Hälfte seiner Wirtschaftsleistung im Export verdient, würde furchtbar leiden, wenn der Freihandel eingeschränkt würde.

Als Ex-Chef der RBI haben Sie viel Erfahrung mit Osteuropa gesammelt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung in Ungarn und Polen?

Wirtschaftlich gut, politisch sehe große Probleme. Und die Erfahrung zeigt, dass politischen Problemen sehr häufig wirtschaftliche folgen. Die Situation in Ungarn und Polen tut mir als Liberalen weh, da werden Säulen, auf denen die liberale Demokratie steht, untergraben.

In Russland macht die RBI trotz der EU-Sanktionen gute Geschäfte. Wie geht das?

Die Kunden der RBI sind in erster Linie Private oder Klein- und Mittelbetriebe, die von den Sanktionen kaum betroffen sind. Dennoch halte ich nichts von der Sanktionspolitik, denn sie verhindert Verhandlungslösungen.

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