Kurz-Mails für Höchstgericht: VfGH erhielt 692 Mal "nichts Relevantes"
Bis vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) sind die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und Neos gezogen, um weitere Unterlagen aus dem Bundeskanzleramt für den Ibiza-U-Ausschuss zu erhalten. Dabei geht es etwa um etwaige E-Mails von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und seinen Mitarbeitern in der Amtszeit von 2017 bis 2019.
Montag, um Mitternacht, endet diese Frist. Der VfGH hatte Kurz vergangene Woche gemahnt und dazu aufgefordert, die Mails dem Höchstgericht vorzulegen. Der Bundeskanzler habe sich nicht "der Aufforderung zur Vorlage von vom Antrag betroffenen Akten und Unterlagen entsprochen", heißt es in der Mahnung des VfGH.
692 eMails von allen Mitarbeitern
Das Kanzleramt hat dem U-Ausschuss bereits über 70.000 Seiten übermittelt. Zudem erhielt der VfGH vergangene Woche eine Stellungnahme aus dem Kanzleramt, dass man keine zusätzlichen Unterlagen mehr liefern könne. Begründung: Alles Relevante habe man bei der Amtsübergabe 2019 dem Staatsarchiv übermittelt, alles nicht Relevante wurde vernichtet. "Was es nie gegeben hat oder was vernichtet worden ist, das kann natürlich nicht geliefert werden", sagte Kurz.
Liegt dem Kanzleramt tatsächlich nichts mehr vor, das von Relevanz für den Untersuchungsgegenstand ist?
Nein, heißt es aus dem Kanzleramt. Dem VfGH wurden im Laufe des Nachmittags deshalb noch 692 eMails von allen Mitarbeitern des Kanzleramts übermittelt, die das untermauern sollen, heißt es gegenüber dem KURIER. Zum Hintergrund: Alle Mitarbeiter waren verpflichtet im Rahmen eines "umfassenden Suchprozesses" Akten, Unterlagen und Dateien nach Stichwörtern zu durchforsten, um Erkenntnisse zu gewinnen, die für den U-Ausschuss "abstrakt relevant" sein könnten - ob "gespeichert, gedruckt, geschrieben" oder sonstiges. Die Mitarbeiter hätten dabei nichts gefunden.
"Die haben das alle ordnungsgemäß erledigt", sagte Kurz am Nachmittag bei einer Pressekonferenz. Kurzfassung: Der VfGH erhält somit 692 Stellungnahmen, in denen jeder Mitarbeiter bestätigt, nichts gefunden zu haben.
Außerdem teilte das Kanzleramt dem VfGH mit, dass mit Ausscheiden aus der Regierung angeforderte Mailpostfächer gelöscht worden seien. Das sei ein seit vielen Jahren, schon unter Vorgängerregierungen "üblicher Standardprozess". "Daher sind keine Daten dieser Postfächer aus dem Untersuchungszeitraum vorhanden".
Der VfGH wollte zum Thema auf KURIER-Anfrage nicht weiter Stellung nehmen und verwies auf die Frist um 23.59 Uhr.
Was bedeutet "abstrakt relevant"?
Der VfGH benötigt die angeforderten Unterlagen, weil er entscheiden muss, welche davon dem Untersuchungsausschuss übermittelt werden. Dort hatten die Oppositionparteien bereits mehrmals beklagt, kein einziges Mail und keinen einzigen Kalendereintrag des Bundeskanzlers erhalten zu haben.
Da ein parlamentarischer U-Ausschuss nicht nur die strafrechtliche sondern auch die politische Verantwortung untersucht, stehen ihm relevante Akten (in diesem Fall auch Chats) zu, die zwar nicht strafrechtlich aber für den Untersuchungsgegenstand "abstrakt relevant" sind, wie der juristische Terminus lautet.
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