Steiermark: „Angespeist von den Reformen“

Der Grazer Uhrturm bei Dämmerung mit Blick auf die Stadt.
Voves und Schützenhöfer wollen trotz Wahlblamage an ihrem Kurs festhalten

Der steirische Beitrag ist traurig, absolut traurig“, brummte Landeshauptmann Franz Voves in die Mikrofone, ehe er in den SPÖ-Vorstand in Wien entschwand. Die rot-schwarze Regierung in der Steiermark fuhr am Sonntag gemeinsam ein Minus von fast elf Prozentpunkten ein, weit mehr als die Koalition im Bund.

Wahlsieger war Heinz-Christian Strache: Seine FPÖ wurde stimmenstärkste Partei, das gab es noch nie.

Die Steiermark ist das neue Kärnten“, witzelten denn auch Kommentatoren im Internet. Doch FPÖ, aber auch das Team Stronach, haben Proteststimmen abgesaugt: In seiner alten Heimat Weiz schaffte es „Frank“ auf 15 Prozent der Stimmen, steiermarkweit auf immerhin zehn Prozent.

„Das ist ein Stimmungsbild, dass die Reformpartnerschaft bei den Wählern nicht so gut ankommt wie vielfach medial dargestellt“, analysiert Politologe Peter Filzmaier. „ SPÖ und ÖVP müssen sich schon fragen, wie stark sie strukturell eigentlich noch sind.“

In obersteirischen SPÖ-Hochburgen gab es ein ebenso dickes Minus wie in ländlichen ÖVP-Gemeinden. Bau-Holz-Gewerkschafter Josef Muchitsch spricht es aus: „Es sind alle ein bisserl angespeist von den Reformen.“

Seit Voves und sein ÖVP-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer sich nach den Landtagswahlen 2010 auf eine enge Partnerschaft einließen, werden Reformen Schlag auf Schlag vorangetrieben: Bezirke wurden zusammengelegt, Spitalsbetten sukzessive gestrichen. Der Gratis-Kindergarten wurde nach den Wahlen wieder abgeschafft, als einziges Bundesland wird am Pflegeregress festgehalten.

Der größte Brocken ist auch der umstrittenste: Die Gemeindestrukturreform soll die Anzahl der Kommunen von 539 bis 2015 auf 285 drücken. Ein Tempo und eine Vorgabe, die vielen Bürgermeistern suspekt ist.

Heinz-Christian Strache gibt bei einer Veranstaltung der FPÖ die Daumen nach oben.
epa03888907 Heinz-Christian Strache (FPOE) reacts to first results at party headquaters in Vienna, Austria, 29 September 2013 following voting in the Austrian general elections. EPA/HELMUT FOHRINGER
Dort, wo es negative Volksbefragungen gegen die Gemeindefusionen gab, hagelte es die ärgsten Ohrfeigen für Rot und Schwarz.

Doch auch in Niederlagen bleiben sich Voves und Schützenhöfer treu: Kurs halten, denn das sei eine Bundes-, keine Landtagswahl. Vielmehr habe man die Arbeiterschaft in der Obersteiermark verloren, glaubt Voves.

Manfred Wegscheider, Bürgermeister von Kapfenberg, lässt das nicht gelten. „Wenn in Gemeinden, in denen die FPÖ nicht im Gemeinderat sitzt, Blaue plötzlich die Mehrheit haben, dann kann ich nicht so tun, als wär’ das kein Zeichen.“

Blauer Sieglauf

Das vorläufige Endergebnis ohne Wahlkarten listet die FPÖ mit 25,1 Prozent der Stimmen als stimmenstärkste Partei in der Steiermark, das ist gegenüber 2008 ein Plus um 7,4 Prozentpunkte. Die SPÖ wurde mit 24 Prozent nur noch Zweite (minus 5,6 Prozentpunkte), die ÖVP mit 20,8 Prozent Dritte (minus 5,1) Auffallend ist auch das Ergebnis des Team Stronach: Mit 10,1 Prozent liegt es auf Platz Vier und überholte die Grünen, die nur 9,6 Prozent der Stimmen erreichten (plus 1,7).

Im von einem ÖVP-Bürgermeister regierten Graz ist das Rennen um den ersten Platz noch nicht vorbei: Durch die Wahlkarten könnten die Grünen die FPÖ noch überholen. Derzeit liegt die FPÖ mit 20,7 Prozent der Stimmen an erster Stelle (plus 4,7 Prozentpunkte), die Grünen erreichten mit 20,4 Prozent den zweiten Platz (plus 2,2). Die SPÖ kam auf 19,1 Prozent (minus 3,9), die ÖVP erreichte 16,1 Prozent (minus 5,7)

Welche Detail-Ergebnisse fallen nach dem vorläufigen Endergebnis abseits der Steiermark noch auf?

Entgegen dem Bundestrend legten SPÖ und ÖVP in Kärnten und Tirol zu. Auch die Grünen schlugen sich dort sehr gut. In Kärnten, wo die SPÖ seit den Wahlen im März den Landeschef stellt, gelang den Roten ein Plus von 4,5 Prozent auf 32,5 Prozent, der Koalitionspartner ÖVP legte 0,3 Prozentpunkte zu (auf 14,9 Prozent), und die mit regierenden Grünen gewannen starke vier Prozent dazu.

Eine Karte Österreichs, die die Hochburgen der Parteien bei der Nationalratswahl zeigt.
In Tirol, wo sich ÖVP-Landeschef Günther Platter bei den Wahlen Ende April behauptet hatte, kamen die Schwarzen mit Plus 1,3 Prozent auf 32,4 Prozent. Die SPÖ verlor mit 0,5 Prozent marginal, die Grünen legten drei Prozent zu. Die FPÖ konnte mit einem Gewinn von 3,2 Prozentpunkten die SPÖ überholen und hält jetzt mit 20,2 Prozent Platz 2. In Innsbruck (Stadt) wurden die Grünen mit 22,5 Prozent (plus 4,7 Prozentpunkte) stärkste Partei.

Das stärkste Bundesland war für die SPÖ wieder das Burgenland mit 37,5 Prozent. In fünf Gemeinden kam die SPÖ dort auf Spitzenwerte – darunter Inzenhof (69,5 Prozent), Neutal (62,6 Prozent) und Schattendorf (61,1 Prozent). Das schlechteste Ergebnis gab es für die SPÖ im Vorarlberger Damüls mit einem Prozent.

Die ÖVP fuhr mit 32,4 Prozent in Tirol ihr bestes Länder-Ergebnis ein. Das beste Gemeinderesultat hatte sie im Tiroler Jungholz (86,5 Prozent). In der Gemeinde Gramais mit 40 Wahlberechtigten übersprang die ÖVP die 80 Prozentmarke. Das schwächste ÖVP-Ergebnis wurde mit 4,5 Prozent im steirischen Pichl-Preunegg erreicht, wo es ein Minus von 25,6 Prozentpunkten gab.

Dass die Neos die Vier-Prozent-Hürde genommen haben, geht auf die Wählervoten in Wien und Vorarlberg zurück. In Vorarlberg fuhren sie 13,2 Prozent ein, in Wien 7,5 Prozent. Am schlechtesten schnitten sie mit 2,8 Prozent im Burgenland ab.

Die FPÖ war in Wien mit einem Zugewinn von 1,6 Prozent schwach, auch im Burgenland und in Niederösterreich wuchsen die Blauen nur geringfügig. In Oberösterreich punktete die FPÖ dafür mit 2,8 Prozentpunkten und kam auf 22,3 Prozent. In Wels legte die FPÖ um 6,3 Prozentpunkte zu. Die für die FPÖ besten Gemeinden sind in der Steiermark (Reichendorf, Gerasdorf an der Feistritz mit über 50 Prozent), die Flops in Tirol (Namlos 2,2 Prozent) und dem Burgenland (Tschanigraben 2,9 Prozent).

Das BZÖ verbuchte drei Gemeinde-Erfolge mit mehr als 20 Prozent – mit fast 32 Prozent top darunter: Friesach in Kärnten, Heimatort von Parteichef Josef Bucher .

Noch ein Blick auf Wien: Der ÖVP-Bezirk Döbling ist nun rot, das schwarze Währing grün. Die Grünen holten im Bezirk Neubau mit 31,5 Prozent österreichweit für sich die meisten Stimmen.

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