Leaks: Staatsanwaltschaft prüft, Kanzler könnte befragt werden

Leaks: Staatsanwaltschaft prüft, Kanzler könnte befragt werden
Kanzler Kurz erklärte am Montag, ihm hätten zwei Journalisten verraten, dass sie geheime Informationen aus der Justiz erhalten. Die Suppe scheint laut Insidern aber dünn.

Nach der Aussprache mit Standesvertretern der Justiz machte Kanzler Sebastian Kurz am Montag eine Aussage, die Aufsehen erregte: Es ging um den Verdacht, dass die Staatsanwaltschaften geheime Informationen an Medien weitergeben. Auf Nachfrage, ob er dafür Beweise habe, sagte Kurz erst, dass freilich auch Betroffene Ermittlungsakten verbreiten könnten.

Aber: "Ich habe auch im Gespräch mit zwei hochrangigen Journalisten von diesen gehört, dass es durchaus schon dazu gekommen ist, dass sie Informationen aus der Staatsanwaltschaft bekommen haben. Das muss ich so nehmen wie ich das von den beiden gesagt bekommen habe."

"Würden an den Kanzler herantreten"

Wenn das stimmt, wäre die Weitergabe Amtsmissbrauch bzw. eine Verletzung des Amtsgeheimnisses durch einen Justiz-Vertreter. Dem wird die Staatsanwaltschaft Wien nun nachgehen, wie eine Sprecherin bestätigt: "Wir müssen uns zunächst das Filmmaterial der heutigen Presseerklärung beschaffen, um uns ein Bild davon zu machen, was tatsächlich gesagt wurde."

Sollte sich dann herausstellen, dass der Sachverhalt konkret genug ist, "werden wir auch an den Herrn Bundeskanzler herantreten".

Insidern zufolge dürfte die Suppe aber zu dünn sein - Kurz habe nicht konkret gesagt, um welche Staatsanwaltschaft und um welches Verfahren es sich handle - er habe lediglich gesagt, dass es "durchaus schon dazu gekommen" sei.

Laut Staatsanwaltschaft Wien gab es in der Casinos Causa bereits ein Verfahren in diese Richtung - es wurde aber abgebrochen, weil es für weitere Ermittlungen keine Anhaltspunkte gab.

Auf die Nachfrage an den Kanzler, ob aktuell dazu ein Verfahren läuft, meinte er: "Wenn ein Journalist mir das im Vertrauen sagt, dass das in seinem Medium schon einmal stattgefunden hat, dann wahre ich die Vertraulichkeit."

Was passiert im schlimmsten Fall?

Wenn Kurz als Zeuge von der Staatsanwaltschaft befragt werden sollte, müsste er aber unter Wahrheitspflicht aussagen - und verraten, welche Journalisten das waren. Entschlagen könnte er sich, wenn er sich selbst belasten müsste - das scheint hier aber nicht der Fall.

Die Journalisten können sich allerdings auf das Redaktionsgeheimnis berufen - sie müssen ihre Quelle nicht verraten. Fraglich ist, ob diese Journalisten dann wegen Beihilfe zum Amtsmissbrauch belangt werden können.

FPÖ und Neos kündigen Anzeige an

Die Staatsanwaltschaft muss amtswegig - also von selbst - tätig werden, zudem haben nach dem Kanzler-Sager aber auch FPÖ und Neos Anzeigen angekündigt.

Die FPÖ war ja selbst von den Leaks aus der Casinos-Causa ja betroffen: Chats vom Handy ihres Ex-Parteichefs Heinz-Christian Strache wurden vor einigen Monaten publik. Und das, obwohl der Akt unter Verschluss ist.

"Nachdem Kurz diesen mutmaßlichen Amtsmissbrauch nach eigenen Angaben bisher vertuscht und nicht zur Anzeige gebracht hat, wird das die FPÖ übernehmen", sagt FPÖ-Klubchef Herbert Kickl. Die FPÖ wird eine Sachverhaltsdarstellung einbringen und den Kanzler sowie die beiden Journalisten als Zeugen vorschlagen.

Kickl: „Wer sich vor die Presse hinstellt und erklärt, gegen Leaks aus dem Bereich der Staatsanwaltschaft vorgehen zu wollen, der muss auch den ersten Schritt setzen, wenn er über entsprechende Informationen verfügt“, so Kickl. Ansonsten seien die Beteuerungen des Kanzlers - wie so viele aus seinem Mund - nur als Schall und Rauch zu bewerten.

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger kündigt via Twitter an: "Wir werden eine Anzeige wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen Unbekannt einbringen. Als Zeuge Bundeskanzler Sebastian Kurz. Wenn er öffentlich sagt, dass ihm Medienvertreter erzählt haben, dass sie Infos aus der StA erhalten, dann darf das nicht vertraulich bleiben."

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