SPÖ: Schonfrist für Drozda bis zur EU-Wahl

SPÖ: Schonfrist für Drozda bis zur  EU-Wahl
Der Bundesparteimanager ist in der SPÖ schwer umstritten. Wird die EU-Wahl kein Erfolg, dürfte die Personaldebatte starten.

Kennen Sie Max Lercher? Ist er Ihnen in Erinnerung geblieben? Lercher war vom Dezember 2017 bis September 2018 SPÖ-Bundesgeschäftsführer. Trotz des kurzen und nach außen weitgehend unauffälligen Gastspiels des Steirers in der Bundespolitik trauern ihm viele in der Sozialdemokratie jetzt nach.

„Du hast nicht gesagt ,Ich bin für Euch da‘, sondern Du warst es. Du hast nicht gesagt ,Schickt’s mir eine Einladung‘, sondern Du bist einfach gekommen. Du warst ein wahrer SPÖ-Bundesgeschäftsführer“, sagte der rote Spitzengewerkschafter Willi Mernyi auf dem von Lercher veranstalteten „Arbeiter-Aschermittwoch“ in Judenburg. Wie Mernyi empfinden es viele in der SPÖ.

SPÖ: Schonfrist für Drozda bis zur  EU-Wahl

ABD0075_20170508 - WIEN - ÖSTERREICH: Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ), vor Beginn des Konzerts "Fest der Freude" der Wiener Symphoniker am Wiener Heldenplatz am Montag, 08. Mai 2017, anl. des 72. Jahrestags der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen Regimes. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH

Die Trauer der Funktionäre ist zwar für Lercher schmeichelhaft. Aber sie ist – auch – Ausdruck der Unzufriedenheit mit Lerchers Nachfolger in der SPÖ-Parteizentrale: mit Thomas Drozda. Der amtierende SPÖ-Bundesgeschäftsführer hat es geschafft, bei allen Fraktionen in der Partei durchzufallen. „Außer Pamela Rendi-Wagner hat er niemanden mehr hinter sich“, heißt es in der SPÖ. Drozda war ein Intimus von Christian Kern, als solcher hatte er die Faymann-Leute (Faymann wurde bekanntlich von Kern gestürzt) von Beginn an gegen sich.

Inzwischen sind aber auch die Linken in der Partei von Drozda enttäuscht.

Sie hätten sich von ihm erwartet, dass er die Defizite, die eine nicht in der Partei verankerte Quereinsteigerin wie Rendi-Wagner zwangsläufig mitbringt, ausgleicht: politische Trittsicherheit, parteipolitische Reflexe und rasche Reaktionsfähigkeit.

„Wenn so etwas wie der Mord in Dornbirn passiert, dann muss die SPÖ sofort den Rücktritt des Innenministers fordern – immerhin ist es ja seine Verantwortung, dass ein gefährlicher Asylwerber frei herumläuft“, sagt ein SPÖler. Stattdessen habe die Löwelstraße (Sitz der Parteizentrale) zuerst nicht reagiert, um später sehenden Auges in die von Türkisblau aufgestellt Falle mit der Sicherungshaft zu laufen.

Der „Theaterdirektor“, wie Drozda wegen seiner Vergangenheit als Kulturmanager despektierlich genannt wird, habe weder den Draht zu den Bundesländern gefunden, noch – wegen seines persönlichen Lebensstils – zu den einfachen Leuten. So versuchen „Parteifreunde“ nach der Aufregung um Drozdas Uhr nun auch dessen Privat-Porsche zum Thema zu machen.

In der SPÖ gilt die Zeit bis zum 26. Mai als Schonfrist für Drozda. Sollte die EU-Wahl kein Erfolg werden, würde er wohl abgelöst, heißt es. Besonders die Linken in der Partei machen Druck auf einen Wechsel im Parteimanagement. Sie befürchten, dass ohne Professionalisierung der Parteizentrale auch Rendi-Wagner nicht zu halten sein wird, und es zu einem Kurswechsel zu den Rechten in der Partei (Stichwort Hans Peter Doskozil) käme.

Die Doskozil-Fans wiederum agieren nach dem Motto: Ich hau’ den Sack und mein’ den Esel. Sie kritisieren Drozda, wollen in Wahrheit aber Rendi-Wagner treffen.

Das Problem, das beide Fraktionen eint: das politisch trittsichere, strategisch denkende Kommunikationsgenie, das alle suchen, ist nicht so einfach zu finden.

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