SPÖ hofft auf Mehrheit für Ministeranklage

NATIONALRAT: LEICHTFRIED / BLÜMEL
Nächster Verfassungsausschuss am 10. Juni. Neos wollen zurück zur Sachpolitik und halten Kickl-Idee für "sehr spekulativ".

Die SPÖ hofft auf eine Mehrheit für ihren am Montag eingebrachten Antrag auf Ministeranklage gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im Verfassungsausschuss des Nationalrats. Dort wird der Antrag nach der Zuweisung im Plenum behandelt.
Vize-Klubchef Jörg Leichtfried, selbst Obmann dieses Ausschusses, äußerte in einer Pressekonferenz am Dienstag die Hoffnung, dass nicht nur die Opposition zustimmen werde. Die Neos planen ein Antragspaket für einen unternehmerischen Neustart.

Bei der Ministeranklage werde nicht vom Nationalrat Schuld ausgesprochen, sondern der Verfassungsgerichtshof (VfGH) um Prüfung gebeten, ob ein Regierungsmitglied entsprechend der Verfassung gehandelt habe, sagte Leichtfried: "Und dagegen kann ja niemand etwas haben." Er gehe davon aus, dass es neben der Opposition auch andere gebe, die diese Überprüfung für notwendig hielten. Auf dem Terminplan des Parlaments ist die nächste Sitzung des Verfassungsausschusses am 10. Juni vermerkt.

Anlass für die SPÖ-Initiative ist die zögerliche Aktenlieferung Blümels an den Ibiza-Untersuchungsausschuss. Sein Ministerium hatte die geforderten Unterlagen - noch dazu zuerst mit der zweithöchsten Geheimhaltungsstufe belegt - erst dann übergeben, als der VfGH den Bundespräsidenten zur Exekution aufgerufen hatte.

Leichtfried: "Türkise Clique als Opfer"

In Vorschau auf die kommenden beiden Plenartage des Nationalrats am Mittwoch und Donnerstag warnte Leichtfried davor, dass sich Österreich angesichts der Corona-Pandemie in einer der schwersten Krisen jemals befinde, die Bundesregierung aber 90 Prozent ihrer Zeit damit verschwende, sich gegen den Rechtsstaat zu wehren. Der SP-Vizeklubchef erinnerte an die Vielzahl an Ermittlungen gegen Personen aus der "türkisen Clique", wo man sich als Reaktion zum Opfer stilisiere.

Die SPÖ will hingegen erneut mit einem Vorschlag für die "Aktion 40.000" und einem Corona-Beschäftigungsbonus gegen die Krise ankämpfen, wie Leichtfried ausführte. Dies brächte 100.000 Arbeitsplätze; weit mehr, als die Aktion "Sprungbrett" der Koalition, wie er betonte. Für die Gemeinden soll es zudem 250 Euro pro Bewohner als "echte Hilfe" geben, so ein weiterer angekündigter SPÖ-Antrag.

Meinl-Reisinger will zurück zur Sachpolitik

Die Neos sehen jetzt den Zeitpunkt gekommen, zur Sachpolitik zurückzukehren, wie Klubobfrau Meinl-Reisinger in einer Pressekonferenz vor der Klubklausur ihrer Fraktion betonte. Die Pinken seien es leid, dass das Land in den Fesseln der Krise der ÖVP gefangen sei.

Es mache auch den Neos "keinen Spaß", ständig Unwahrheiten aufdecken zu müssen. Vielmehr wolle man sich der Sachpolitik für den dringend benötigten Neustart widmen, erklärte die Klubobfrau, die den Vertrauensverlust in die Politik insgesamt beklagte. Seit Jahren fehlten zudem "echte wirtschaftspolitische Diskussionen", findet sie: "Echte Wirtschaftspolitik findet nicht statt. Es gibt nicht einmal einen Wettbewerb der Ideen." Daher wollen die NEOS nun die Initiative ergreifen und haben die Klausur, zu der man EcoAustria-Direktorin Monika Köppl-Turyna geladen hat, unter dieses Motto gestellt.

Das Antragspaket für Mittwoch beinhalte unter anderem eine Liberalisierung der Gewerbeordnung. Gefordert wird auch ein besseres Insolvenzrecht, das tatsächlich eine zweite Chance ermöglicht ("Sanieren statt schließen"). Zudem müsse sich die Politik dringend der Frage annehmen, wie man die Schaffung neuer Jobs unterstützen könne. Diesbezüglich haben die Neos eine "Joboffensive Neustart" in petto, die unter anderem eine Lohnnebenkostenübernahme des Staates für Langzeitarbeitslose, aber auch für Personengruppen mittleren Alters und Junge beinhaltet.

Vier-Parteien-Regierung "sehr spekulativ"

Die vom Freiheitlichen Klubobmann Herbert Kickl ins Spiel gebrachte Vier-Parteien-Regierung aus FPÖ, SPÖ, NEOS und Grünen als Alternative zu einer Neuwahl hält Meinl-Reisinger für "sehr spekulativ". Außerdem stelle sich die Frage aktuell nicht, denn zunächst sei einmal die Justiz am Zug mit den Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Eine Anklage wäre eine rote Linie, bekräftigte Meinl-Reisinger erneut. Primär sei das dann aber das Problem der ÖVP. "Ich sehe nicht ein, warum sich ein funktionierendes Parlament auflösen sollte, wenn die ÖVP in der Krise ist."

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