SPÖ-Fürst: "Linken steht die Toleranz im Weg"
Zusammenfassung
- Roland Fürst befürwortet ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 und sieht darin ein wichtiges gesellschaftliches Signal.
- Er kritisiert innerparteiliche Widerstände in der SPÖ und sieht übermäßige Toleranz als Hindernis für klare Positionen.
- Fürst betont die Eigenständigkeit der burgenländischen SPÖ und sieht bundespolitische Probleme vor allem in langjährigen Fehlentscheidungen.
Roland Fürst (56) ist seit 2023 Klubobmann im burgenländischen Landtag. Für ihn ist ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 unabdingbar.
KURIER: Herr Fürst, in der Regierung wird heftig diskutiert, ob ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren eingeführt wird oder nicht. In der Bundes-SPÖ mehren sich die Stimmen dagegen. Sie sind dafür, warum?
Roland Fürst: Wir beschäftigen uns schon seit über zehn Jahren mit dem Kopftuch, dem Islamismus und dem politischen Islam. Für mich ist es unverständlich, warum man aus einer linken Perspektive heraus nicht für dieses Verbot ist. Das Kopftuch ist kein religiöses, sondern vielmehr ein politisches Symbol. Es steht für die Geschlechtertrennung, für die Diskriminierung von Frauen, für die Tabuisierung von Sexualität. Das sind alles Dinge, die in der Aufklärung von Linken auch bekämpft worden sind. Das betrifft ja nur Mädchen, da müssten bei vielen linken, progressiven Feministinnen die Alarmglocken läuten. Das tut es aber nur teilweise.
Und wenn so ein Verbot wieder vom Verfassungsgerichtshof gekippt wird, sollte es dann in die Verfassung gehoben werden?
Natürlich. Dafür sind Politikerinnen und Politiker gewählt worden, damit sie Gesetze und Normen umsetzen. Ich hielte das Kopftuchverbot für ein generalpräventives Zeichen, das ganz wichtig ist. Es ist ja kein Zufall, dass dort, wo Systeme von Islamisten befreit werden, die ersten Handlungen der Frauen sind, dass sie Kopftücher oder auch die Burka herunterreißen und verbrennen. Wir leben hier in einer westlich aufgeklärten Demokratie. Man muss sich nur ansehen, wie das Kopftuchverbot von salafistischen Influencern bekämpft wird. Aus meiner sozialdemokratischen Sichtweise heraus müssen wir hier konsequent bleiben.
Aber warum tut sich gerade Ihre Partei so schwer damit?
Ich glaube, es ist insgesamt ein bisschen ein Problem der Sozialdemokratie und anderer linker Parteien, dass mitunter die Toleranz im Weg steht, um eine klare Sicht zu haben. Ich habe da Diskussionen geführt, die kaum möglich erschienen sind. Mit meiner agnostischen Sichtweise habe ich mich in den 1980er- und 1990er-Jahren kritisch mit der katholischen Kirche auseinandergesetzt. Dort ist niemand auf die Idee gekommen, mich deshalb als antichristlichen Rassisten zu beschimpfen. Das passiert mir aber beim aktuellen Diskurs, dass man als islamophob, als antimuslimischer Rassist bezeichnet wird. Das ist eine Erfindung von Salafisten, von politischen Islamisten, die Propaganda beherrschen. Und viele Linke fallen darauf herein. Dazu will man in urbanen Räumen mögliche Wählergruppen nicht verschrecken.
Ähnlich wie beim Kopftuchverbot hat sich die SPÖ innerparteilich bei der Debatte über die Migration schwergetan. Da ist das Burgenland mit Landeshauptmann Doskozil einen härteren Kurs gefahren als Wien. Mittlerweile ist es bei dem Thema aber ruhiger geworden.
Meine Vermutung ist, dass hier die Realität viele eingeholt hat. Wenn man weiß, dass 90 Prozent aller Migranten seit 2015 über die burgenländische Grenze gekommen sind und wir deshalb sehr viele Probleme zu bewältigen hatten, dann waren wir als regierende Partei von vornherein aufgerufen, hier vernünftig zu fordern, dass Gesetze eingehalten werden. Das hat damals in der SPÖ schon gereicht, dass man als rechter Sozialdemokrat eingestuft worden ist. Ich habe das persönlich nie verstanden. Österreich hat nachweislich in diesem Bereich viel geleistet, wir haben deshalb auch viele Problemlagen. Die müssen benannt werden, es müssen Lösungen her.
Sie sitzen für die burgenländische SPÖ im Bundesparteivorstand. Dennoch hat man das Gefühl, dass zwischen der Parteizentrale in der Löwelstraße und Eisenstadt Funkstille herrscht.
Ich bin sehr stolz darauf, dass ich in den Bundesparteivorstand gewählt worden bin. Ich habe aber sehr bald gemerkt, man kann dort zwar eine Meinung äußern, aber es gibt keinen Diskurs dazu. Vor allem bei den großen Entscheidungen.
Etwa bei der Koalitionsentscheidung? Im Burgenland war man ja immer gegen die Dreier-Koalition im Bund.
Wir waren die Einzigen, die das auch klar ausgesprochen haben. Da brauche ich kein Politikwissenschafter zu sein, um mir die Frage zu stellen, welchen Mehrwert die SPÖ in einer Koalition mit dieser ÖVP und den Neos hat. Das hat mir niemand beantworten können. Außer, dass es jetzt wichtig ist, in einer Regierung zu sein. Oder auch Herbert Kickl zu verhindern. Das ist mir zu wenig.
Zum ausführlichen Interview mit Roland Fürst
Es hat einmal die Diskussion gegeben, dass sich die burgenländische SPÖ aus der Bundespartei herauslösen könnte. Mit dem Modell CSU und CDU wie in Deutschland. Wie sieht es da aus?
Diese Diskussion hat es in dieser Form nicht gegeben. Es wurde eher immer wieder an das Burgenland herangetragen, ob das nicht möglich wäre. Gemessen an der Einwohnerzahl sind wir mit 12.500 Mitgliedern die stärkste Landesorganisation. Ich getraue mir, zu sagen, dass wir auch die beste Landesorganisation sind. Wir haben bei den Gemeinderatswahlen in allen 171 Gemeinden kandidiert, wir haben 2020 die absolute Mehrheit im Land geholt und 2025 trotz schwieriger bundespolitischer Situation 46,4 Prozent geholt. Und wir sind glühende Sozialdemokraten.
Was die Dreier-Bundesregierung verbindet: Keine der drei Parteien kann in Umfragen wirklich zulegen. Die SPÖ ist sogar unter 20 Prozent gerutscht. Wie sieht man das in Eisenstadt?
Es ist eine Gemengelage an Problemen, die durch Fehlentscheidungen in den vergangenen Jahrzehnten entstanden sind. Von Thema Asyl über Gesundheit, Pflege, Mindestsicherung, Bildung bis hin zur Gerechtigkeit im Steuersystem. Das schlägt jetzt alles auf. Ich nehme mir das Recht heraus, dafür der ÖVP die Hauptschuld zu geben, weil sie seit 38 Jahren in der Regierung ist und aus demokratiepolitischen Gründen einmal in die Opposition gehören würde. Natürlich haben aber auch andere Fehler gemacht, keine Frage. Das alles gilt es jetzt, zu bewältigen.
In der SPÖ scheint Vizekanzler Babler trotz dieser Werte einzementiert zu sein. Kann es sein, dass vielleicht Hans Peter Doskozil doch wieder Lust bekommt, auf Bundesebene aktiv zu werden?
Da müssen Sie ihn selber fragen.
Aber Sie sind einer seiner engsten Vertrauten.
Wir haben im Burgenland sehr viele Aufgabenstellungen, die wir von der Bevölkerung aufgetragen bekommen haben und die wir jetzt abarbeiten. Im Bund ist Andreas Babler als Vorsitzender gewählt. Man kann nur die Frage stellen – nachdem er auch sehr kritisch gegenüber seiner Vorgängerin gewesen ist –, wie er die gegenwärtige Situation bewerten würde, wenn er noch Traiskirchner Bürgermeister wäre. Damals sind wir bei 28 Prozent gelegen und schon nervös geworden. Jetzt liegen wir unter 20 Prozent und die Tendenz ist fallend. Da muss sich jeder in der Partei, der eine Funktion hat, überlegen, ob er der Partei noch dienlich ist, ob man das noch verantworten kann.
Ihr Landeshauptmann musste sich zuletzt zum zehnten Mal einem Eingriff beim Kehlkopf unterziehen. Wie geht es ihm jetzt?
Es geht ihm gut, obwohl es heftige Operationen sind. Ich bin immer fasziniert, dass er das so gut bewältigt. Meiner Meinung nach ist er ein Vorbild für alle Menschen, die eine chronische Erkrankung haben.
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