Babler-Wahl: Kommt es zu einer "Statuten-Revolution" in der SPÖ?

In der SPÖ zählt der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband (SWV) sicherlich nicht zu den wichtigsten Parteiorganisationen. Dennoch blickte man am Wochenende mit großem Interesse auf die Ablöse an der SWV-Spitze. Da wurde mit 85,52 Prozent der Kärntner Unternehmer Bernd Hinteregger zum neuen Präsidenten der „roten Wirtschaft“ gewählt.
Der umtriebige Touristiker, der einer breiteren Öffentlichkeit durch die Puls 4-Show „2 Minuten 2 Millionen“ bekannt ist, hat die Funktion von Christoph Matznetter übernommen, der noch vor einigen Wochen überzeugt gewesen war, im Amt verbleiben zu können. Zumindest noch ein bis zwei Jahre. Das wurde ihm verwehrt. Das Spannende daran: Selbst die Wiener SWV-Funktionäre sollen sich auf die Seite von Hinteregger geschlagen haben, obwohl Matznetter aus ihren Reihen kommt.
Parteiinsider aus den Bundesländern deuten das als Zeichen, dass es in Zukunft wieder Achsen mit dem roten Wien geben kann, wenn es um ein Aufbrechen des derzeitigen Systems in der SPÖ geht. Das wird auch in Richtung des Parteivorsitzenden Andreas Babler gesehen, weil Hinteregger kein Freund seiner roten Politik sein soll.
Frist für Gegenkandidaten
In der politischen Realität gilt der Vizekanzler an der Spitze der Sozialdemokraten allerdings als einzementiert. Mitte September hatte er mit seinen Getreuen den Bundesparteivorstand überrascht, indem er die Vorverlegung des Parteitags ins Frühjahr absegnen ließ. Dazu seine Nominierung und die Frist für mögliche Gegenkandidaten. Alles erfolgte einstimmig.
Besagte Frist läuft mit Montag, 13. Oktober, ab. Wie aus der SPÖ zu erfahren ist, soll bisher niemand die für eine Gegenkandidatur notwendigen 1.500 Unterstützungserklärungen abgegeben haben. Damit ist eine Mitgliederbefragung im Vorfeld des Parteitags nicht notwendig, weil Babler der einzige Kandidat sein wird. Also ist die Wiederwahl von Babler bereits jetzt entschieden?
Im Umfeld des ehemaligen Traiskirchner Bürgermeisters wird das mit einem Ja beantwortet. Einige Wiener Funktionäre mit guten Beziehungen in die Bundesländer dürften das anders sehen. Sie basteln derzeit an einer Auslegung der neuen Statuten, die trotz des Verstreichens der Frist eine Kampfabstimmung am Parteitag im März möglich machen kann.
Als entscheidend werden dabei die Paragrafen 22 und 22a angesehen. Diese bringen den Bundesparteivorstand wieder ins Spiel, falls es zu keiner Direktwahl über eine Mitgliederbefragung kommt. Sprich: Der Bundesparteivorstand hätte dann die Aufgabe, die Vorsitzwahl nach den „für den Bundesparteitag geltenden Bestimmungen“ vorzunehmen. Das wird von besagten Funktionären so ausgelegt, dass der Bundesparteivorstand von sich aus noch mit einfacher Mehrheit eine Gegenkandidatin oder einen Gegenkandidaten aufstellen könnte. Anders formuliert: Die direkte Mitgliederbefragung könnte so umgangen werden, die Entscheidung würde am Bundesparteitag bei den Delegierten liegen.
Suche nach Kandidaten
Ein Beschluss für eine Gegenkandidatur durch den Bundesparteivorstand wäre Mitte Februar ideal, wenn die Tagesordnung für den Parteitag im März ausgesandt wird, so ein SPÖ-Funktionär zum KURIER. Die einfache Mehrheit im Parteivorstand sehen die internen Gegner von Parteichef Andreas Babler als möglich an.
Aber abgesehen davon, dass das Team rund um den Vizekanzler und Parteivorsitzenden so einen Schachzug nicht so einfach hinnehmen wird, zeichnet sich momentan niemand als möglicher Herausforderer ab. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil konzentriert sich auf sein Bundesland, andere Landesparteivorsitzende wollen mit dem Thema nicht in Verbindung gebracht werden.
Auf der politischen Gerüchtebörse war zuletzt der Name des NÖ SPÖ-Landeschefs Sven Hergovich als möglicher Gegenkandidat kursiert. In St. Pölten allerdings winkt man ab. Da wird eher darauf verwiesen, dass momentan gezielt Gerüchte gestreut würden.
Zurück zur Wahl von SWV-Präsident Bernd Hinteregger: Zu den Gratulanten zählten auch Andreas Babler und sein Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim. Sie würden sich auf eine gute Zusammenarbeit freuen, so die beiden in einem gemeinsamen Statement. Entscheidend wird diese Zusammenarbeit dann im kommenden Jahr sein, falls die „Statuten-Revolution“ doch mehr ist als ein Sturm im Wasserglas.
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