NR-Sondersitzung zu Teuerung: Abtausch bekannter Positionen

NR-Sondersitzung zu Teuerung: Abtausch bekannter Positionen
Erste Sitzung nach Rückkehr des Nationalrats ins Haus am Ring. SPÖ mit "Dringlichem Antrag" zur Teuerungsbekämpfung.

Vier Tage vor der niederösterreichischen Landtagswahl trat der Nationalrat am Mittwoch auf Ersuchen der SPÖ zu einer Sondersitzung zusammen. Eigentlich hätte im neuen Parlament erst nächste Woche getagt werden sollen. Doch hat die SPÖ wohl nicht zufällig vor dem Urnengang in Niederösterreich diese Sitzung beantragt, in der sie ihre Forderungen der vergangenen Wochen in einem Antrag zusammengefasst hat.

Bemerkenswert war die Sitzung auch deswegen, weil es das erste Plenum nach der Rückkehr ins Parlamentsgebäude am Ring war.

Vor dem Dringlichen Antrag der Sozialdemokraten wurde noch ein Gesetz beschlossen, nämlich die Ausweitung der Stromkostenbremse für Haushalte mit mehr als drei Personen.

Die Debatte um den "Dringlichen Antrag" der SPÖ eröffnete dann deren Vorsitzende, Pamela Rendi-Wagner. Eingangs betonte sie, auch sie habe sich von der Rückkehr ins angestammte Haus eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament erwartet. Doch die letzten Stunden hätten sie nicht eben zuversichtlich gestimmt. Um dann zum eigentlichen Thema, der Inflation bzw. den von der SPÖ geforderten Antiteuerunsmaßnahmen, überzugehen.

Als positives Beispiel nannte Rendi-Wagner einmal mehr Spanien, wo es Deckel bei Mieten und Energie gebe. Und auch die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel habe das sozialdemokratisch regierte Land ausgesetzt. "Es geht nicht um Kaviar und Wachteleier", rief die SP-Chefin emphatisch in den Saal, es gehe um Butter & Co.

Bezüglich Mieten berief sich Rendi auch auf WIFO-Chef Gabriel Felbermayr, der in der "Pressestunde" die Entkoppelung der Mieten vom Verbraucherpreisindex gefordert hatte.

Die Regierung habe mit Einmalmaßnahmen reagiert. Diese hätten den Steuerzahler viel Geld gekostet, aber die Inflation nicht gedämpft und auch die Preise nicht gesenkt: "Einmal ist eben einmal und nicht nachhaltig."

Demgegenüber forderte Rendi die Regierung auf, ihre Vorschläge aufzunehmen: "Es ist nicht automatisch schlecht, was von der Opposition kommt." Der SPÖ schwebt in ihrem "Dringlichen Antrag" neben dem Gaspreis-Deckel und der Sistierung der Mieterhöhungen etwa auch ein Aussetzen der CO2-Steuer sowie eine befristete Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel vor.

In seiner Replik lobte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zunächst den klaren, aber sachlichen Stil seiner Vorrednerin - dies kennzeichne die demokratische Auseinandersetzung. Er blickte zurück auf die düsteren Prognosen bezüglich der Energieversorgung in diesem Winter - inklusive Seitenhieb auf die (nicht direkt genannte) FPÖ, welche prophezeit habe, dass eine russland-kritische Haltung der eigenen Bevölkerung auf den Kopf fallen werde. Nichts davon sei eingetreten.

Dann erwähnte er die bereits von der Regierung beschlossenen Antiteuerungsmaßnahmen. Und er entschuldigte sich dafür, dass der Antrag zur Ausweitung der Stromkostenbremse erst wenige Stunden vor dem Plenum bei den Fraktionen eingelangt war; dies dürfe nicht zu oft vorkommen, sei aber der Tatsache geschuldet, dass bis zuletzt daran gearbeitet wurde.

Die Tatsache, dass die Regierung von allen Seiten kritisiert werde, wertete Nehammer als Zeichen dafür, dass man richtig liege. Geholfen habe man allen, die es bräuchten und das schnell. Der VP-Chef erinnerte an den Teuerungsausgleich für jene, die in besonders prekären Verhältnissen leben, an die Pensionserhöhung, die doppelte Familienbeihilfe und die Erhöhung des Pendlerpauschale. Zudem habe man den Schutzschirm vor Delogierungen weiter gespannt. Die Länder hätten 500 Millionen erhalten, damit sie zusätzlichen Heizkostenzuschuss ausbezahlen könnten.

"Sie haben nichts kapiert, von dem, was wesentlich ist", adressierte FP-Klubchef Herbert Kickl gleichermaßen ÖVP wie SPÖ. Man müsse an die Wurzel der Probleme gehen - und diese seien die Russland-Sanktionen, ein beschönigendes Wort für "Wirtschaftskrieg".

Wie bei den Corona-Maßnahmen seien die Bürger auch bei den Russland-Sanktionen nicht gefragt worden. Da wie dort hänge man "am Rockzipfel der Frau von der Leyen", da wie dort werde die Alternativlosigkeit behauptet. Es werde hier mit den "gleichen Lügen" wie bei den Coronamaßnahmen agiert, meinte er - und holte sich dafür den ersten Ordnungsruf im neuen Haus ab.

"Die Herren Biden und Selenskij und wie die anderen Kriegstreiber alle heißen", seien ÖVP und SPÖ näher als die Menschen in Österreich: "Die Teuerungsopfer, das sind Ihre Opfer." Oder sei der Bundeskanzler nicht mehr frei in seinen Entscheidungen, insinuierte Kickl - in Anspielung auf den internationalen Druck auf den deutschen Kanzler in Sachen Panzerlieferung an die Ukraine.

Nachdem der Grüne Markus Koza seinerseits die Regierungsmaßnahmen - mit besonderer Berücksichtigung klimapolitisch relevanter Aspekte - verteidigt hatte, hielt Neos-Frontfrau Beate Meinl-Reisinger dagegen: Ihre Partei sei offenbar mittlerweile die einzige, die auch die Ausgabendimension im Blick habe.

Die Gießkannenpolitik der Regierung heize die Inflation zusätzlich an, statt diese zu bekämpfen. "Und da glauben Sie, dass Ihre ausgebrochene Subventionitis etwas hilft", formulierte die Neos-Chefin. Wichtig wären strukturelle Maßnahmen.

Der "Dringliche Antrag" der SPÖ wurde am Ende der Sitzung von allen anderen Fraktionen abgelehnt.

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