"Europa muss unabhängig werden"

Die traditionelle "Rede zur Lage der Nation" am Staatsvertragstag widmete die ÖVP am Donnerstag dem EU-Wahlkampf. Zwar hielt ÖVP-Chef Michael Spindelegger eine Rede, im Zentrum der Veranstaltung in den Sofiensälen stand jedoch EU-Spitzenkandidat Othmar Karas.
"Mein Europa ist keine bloße Freihandelszone, aber auch kein Superstaat", sagte Karas. "Mein Europa ist eine Werte- und Friedensgemeinschaft. Es konzentriert sich auf die großen Themen Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit." Europa müsse "unabhängig werden von den Servern der NSA, vom Gas aus Moskau und vom Öl aus dem Nahen Osten". Karas tritt für eine Digitalisierungsoffensive und eine Energiewende ein. Außerdem müssten die EU-Staaten ihre Schulden abbauen. Karas: "In jenen Ländern, wo die Schulden am höchsten sind, herrscht auch die höchste Arbeitslosigkeit. Schulden sind unsozial und Raubbau an der Zukunft."
Hürde für Steuerreform
Spindelegger baute in seiner Rede eine neue Hürde für eine Steuersenkung auf: Er forderte, dass nicht nur die Steuern gesenkt und keine Vermögensabgaben eingeführt werden, sondern auch, dass es gleichzeitig eine Entlastung für Familien geben müsse. Damit erteilte der ÖVP-Chef einer baldigen Steuerreform de facto eine Absage, denn Spindelegger selbst argumentiert, dass eine Steuersenkung derzeit nicht leistbar sei. Jetzt will er zusätzlich noch Ausgaben für Familien.
Zu den Reden in den Sofiensälen war viel ÖVP-Prominenz erschienen, darunter EU-Kommissar Gio Hahn, alle Minister sowie Landeshauptmann Erwin Pröll.
Karas kann auf die Unterstützung sämtlicher ÖVP-Obleute – Josef Taus, Alois Mock, Josef Riegler, Wolfgang Schüssel, Wilhelm Molterer und Josef Pröll – zählen. Auch der allzeit kritische Erhard Busek wird Karas am 25. Mai seine Stimme geben, obwohl Busek bei der Nationalratswahl Neos gewählt hat. Mit dem Slogan in der Schlussphase des Wahlkampfes – "Wenn’s um Europa geht: Karas" – will die ÖVP verhindern, dass allzu viele Stimmen zu Neos abwandern.
Freund-Peinlichkeiten
Genüsslich wurden am Rande der ÖVP-Veranstaltung die neuesten Peinlichkeiten von SPÖ-Spitzenkandidat Eugen Freund herumgereicht. 2001 hatte der damalige ORF-Korrespondent Eugen Freund in der renommierten Washington Post über das Leben in den USA und in Wien räsoniert. Er schrieb: "Wir werden das Klopapier vermissen. Das weiche, glatte Klopapier ist so anders als das grobe Zeug in Österreich." Auch Plastiksackerln, in denen die Morgenzeitungen geliefert werden, würden ihm fehlen. Die seien nämlich perfekt fürs Einsammeln des Kots seiner Hündin Jackie. In Wien seien solche verboten. Nachsatz: "Sie wissen jetzt, wie ökologisch verrückt diese Europäer sind." Schließlich erklärte er den US-Lesern, warum die Wiener stets "langsam und gebeugt" gehen: "Nur so können sie die allgegenwärtige Hundekacke auf den Gehsteigen vermeiden."
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