Sobotka über Orban: "Plädiere für großen Pragmatismus"

Wolfgang Sobotka.
Nationalratspräsident betont "christliche" Orientierung der ungarischen Fidesz. SPÖ empfindet Titulierung als "zynisch".

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist in der Kontroverse um die Partei des rechtsnationalen ungarischen Regierungschefs Viktor Orban gegen Schnellschüsse. Es sei wichtig, "das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen", sagte er am Donnerstag. Immerhin sei Orbans Fidesz "eine christlich orientierte, an unserem Kulturkreis orientierte Partei".

Hintergrund: Das EU-Parlament hatte im Vormonat ein EU-Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn wegen zahlreicher Sorgen über Grundrechte und die Freiheit von Justiz und Medien auf den Weg gebracht. Auch die ÖVP hatte, wie die Mehrheit der EVP-Mandatare, den Beschluss unterstützt. Die in Ungarn seit 2010 meist mit Zwei-Drittel-Mehrheit regierende Fidesz gehört wie die ÖVP der Europäischen Volkspartei (EVP) an.

Sobotka betonte diesbezüglich: "Ich plädiere immer für einen großen Pragmatismus." Auch in Anspielung auf den Brexit unterstrich er: "Man muss mit Ausschlüssen, Trennungen sorgsam umgehen." Einen Ausschluss von Fidesz aus der EVP sehe er derzeit nicht.

Schlagabtausch Schieder-Sobotka

Kritik an den Aussagen Sobotkas übte Andreas Schieder, außenpolitischer Sprecher der SPÖ. Wenn Sobotka die Fidesz als "an unserem Kulturkreis und christlich orientierte Partei" lobe, müsse man ihn fragen, welchen Kulturkreis er meine. Zum europäischen Kulturkreis des 21. Jahrhunderts gehöre es jedenfalls nicht, "die Pressefreiheit einzuschränken oder die Justiz zu kontrollieren", meinte Schieder. Die Titulierung der Fidesz als "christliche" Partei ist aus Schieders Sicht "zynisch": "Wenn man sich ansieht, wie Ungarn unter Orban mit Minderheiten wie den Roma oder mit Flüchtlingen umgeht, dann hat das mit dem Prinzip der christlichen Nächstenliebe nichts zu tun."

Auch die Neos ließen Verärgerung über Sobotkas Aussagen erkennen. In Hinblick auf Einschränkungen des Rechtsstaats in Ungarn sagte Neos-Abgeordneter Niki Scherak: "Dass Sobotka derartige Tendenzen lobt, ist äußerst irritierend."

Sobotka hielt in einer Reaktion auf Schieders Kritik wiederum fest, dass seine Aussage über Orbans Partei kein "Lob" darstelle. "Ein Lob ist aus dieser Formulierung nicht herauszulesen", erklärte ein Sprecher am Donnerstagabend. "Die Aussage, dass er immer für Pragmatismus plädiert, unterstreicht, dass aus seiner Sicht sachlicher Dialog und Austausch zu jedem Zeitpunkt möglich sein müssen", sagte der Sprecher.

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