Kurz-Sicht auf die Inseraten-Causa

Sebastian Kurz in seinem Wiener Büro
Seit Oktober 2021 wird gegen Sebastian Kurz wegen Inseratenkorruption ermittelt. Dem Ex-Kanzler werden Bestechung, Bestechlichkeit und Untreue vorgeworfen.
Laut WKStA "sollte ab der Wahl von Kurz zum Bundesparteiobmann und dem absehbaren und beginnenden Wahlkampf 2017 ... die Inseratenvergabe zentral verwaltet und gesteuert werden. Ab diesem Zeitpunkt begannen die Inseratenvolumen des BMF (Finanzministerium) sprunghaft zu steigen“. Mit dem Ziel, so die WKStA, über ÖVP-Ministerien in Österreich, Heute und Krone Inserate zu schalten und damit "wohlwollende Berichterstattung und die Abwehr von kritischen Berichten zu erkaufen“.

Dem widerspricht Kurz Ende März in einem langen Facebook-Posting. "Wieso laut Einschätzung der WKStA die Bewerbung des Familienbonus durch das BMF eine Straftat, nämlich Untreue, sein soll und gleichzeitig Inserate zum Schnitzelgutschein der Stadt Wien oder zum Raus-aus-dem-Öl-Bonus des Klimaministeriums eine notwendige Information der Öffentlichkeit darstellen soll“, erschließe sich ihm nicht, schrieb er.
Am Donnerstag bat der nunmehrige Unternehmer Journalisten zu einem Hintergrundgespräch, um mit Grafiken das Geschriebene gleichsam zu untermauern. Die Inserate des BMF wären seit 2015 entgegen der Darstellung der WKStA nicht "sprunghaft gestiegen“; vielmehr glichen die Ausgaben über die Jahre hinweg einem Kurvenverlauf.
"Einseitige Darstellung"
"Wie ein genauer Blick in die Daten der vergangenen Jahre zeigt, wurde im Jahr 2011 vom Finanzministerium mehr für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben als im Jahr 2018“, so Kurz. Zudem seien "in den Jahren 2015 bis 2017 die Ausgaben für Inserate im Verteidigungsministerium und im Innenministerium ähnlich angestiegen wie im Finanzministerium“. Dies würde zeigen, "wie einseitig die Dinge dargestellt werden".
Zum Vorwurf, um den es der WKStA im Kern geht – nämlich ob mit den Inseraten Gegengeschäfte ("wohlwollende Berichterstattung“) verbunden waren – äußerte sich der Ex-Kanzler nicht.
Zu einem anderen Vorwurf, Falschaussage im U-Ausschuss, hat die WKStA bereits fertig ermittelt. Ihr Vorhabensbericht liegt noch im Justizministerium. Kurz geht davon aus, dass die WKStA einen Strafantrag plant.
Die WKStA hat einen 300-seitigen „Sichtungsbericht“ zum Ibiza- bzw. Casinos-Akt gegeben, der Aufschluss über die Spendensammlung für Sebastian Kurz in den Jahren 2016 und 2017 gibt, berichten profil und Standard.
Aus der Auswertung von eMails und aus Aussagen gehe hervor, dass „die öffentlich geäußerten Spekulationen bezüglich Gabriela Spiegelfeld, sie habe Spenden für die ÖVP gesammelt bzw. ’gekeilt’ und dazu Termine mit möglichen SpenderInnen organisiert, grundsätzlich zutreffend ist“, heißt es in dem Bericht. Spiegelfeld ist eine umtriebige Netzwerkerin, die im Zusammenhang mit dem „Projekt Ballhausplatz“ in Erscheinung getreten ist.
Ob sich daraus neue Verdachtsmomente ergeben, ist unklar. „Fundraising“ ist an sich ja keine Straftat. Die WKStA forscht aber schon länger nach, ob sich die Spender eine Gegenleistung erwartet haben.
In einem eMail schrieb etwa ein bekannter Bauunternehmer und ÖVP-Großspender im November 2016 auf eine Einladung zum Abendessen mit Kurz im Hause Spiegelfeld: „Auf jeden Fall bin ich an einem Gespräch mit Herrn BM Kurz (damals Außenminister, Anm.) sehr interessiert und glaube auch zu einem regen Meinungsaustausch, einer Meinungsbildung und einer unbedingt notwendigen Unterstützung beitragen zu können.“
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