Sand im Getriebe der Kärntner Dreier-Koalition

Es ist jetzt bald ein Jahr her, dass die Kärntner die FPÖ bei der Landtagswahl von der Macht verjagt haben. Eine rot-schwarz-grüne Regierung ist seither am Ruder – doch nach nicht einmal zwölf Monaten knirscht hörbar Sand im Getriebe dieser „Zukunftskoalition“. Den ersten Beziehungskrach löste die SPÖ mit Postenschacherei aus. Neuester Streitfall: die Schließung von Polizeidienststellen. Landeshauptmann Peter Kaiser und seine SPÖ wettern seit Tagen gegen das Zusperren von 22 der 96 Kärntner Polizeistationen. Es handle sich um einen parteipolitisch motivierten Feldzug der schwarzen Innenministerin gegen ein rot regiertes Land, lautet die Parole. Im typischen Landes-Populismus wird „gegen das Diktat aus Wien“ mobilisiert: „Die in Wien wollen uns die Polizei zusperren“ – das kommt bei der Landbevölkerung immer gut an. Plötzlich weinen sogar die Grünen der Polizei Tränen nach.
Die SPÖ betreibt – mit den Grünen im Windschatten – jede Menge politischen Aktionismus: Resolutionen werden beschlossen, Bürgermeister-Gipfel einberufen etc. Die ÖVP steht politisch isoliert da. Ihr Obmann, Gabriel Obernosterer, erhebt im KURIER-Gespräch schwere Vorwürfe gegen den Landeshauptmann: „Was Peter Kaiser hier macht, ist genau jene Politik alten Stils, die wir überwinden wollten. Kaiser spielt falsch. Es wird Wirbel veranstaltet und die Leute werden angelogen – ich weigere mich, hier mitzutun. Ich lüge die Leute nicht an.“ Es sei nie geplant gewesen, 30 Posten zu schließen, Kaiser sei informiert gewesen. Und die Polizeireform sei sinnvoll.
Der Kärntner SPÖ-Abgeordnete Hermann Lipitsch will den Polizei-Krach nicht überbewerten: „ Obernosterer verteidigt halt seine Innenministerin, und der Landeshauptmann muss auch einmal auf den Tisch hauen.“
Insgesamt, betonen Lipitsch und Obernosterer, funktioniere die Koalition gut. Mit der Verfassungsreform sei man im Zeitplan, zu Jahresende soll sie beschlossen sein. Auch die Regierungssitzungen mit den Sozialpartnern finden wie versprochen statt. Ein konkretes Ergebnis: In Villach wird von Betrieben, Land und Stadt eine Lehrwerkstätte für 100 Lehrlinge eingerichtet. Spätestens zu Jahresende soll sie in Betrieb gehen.
Auffassungsunterschiede gibt es im Regierungsalltag aber ständig, vom Naturschutz bis zum Mietkostenzuschuss. „Rot-Grün sind eng beisammen, zur ÖVP hingegen gibt es ideologische Unterschiede“, sagt Obernosterer. Die Obleute von Rot, Schwarz und Grün treffen sich daher regelmäßig, um Differenzen rechtzeitig unter sechs Augen auszureden, damit „in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entsteht, wir sind uns nicht mehr einig“. Die nächste Aussprache, so Obernosterer, wird demnächst fällig.
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