Rückkehr der Leistungsgruppen in der Mittelschule

Faßmann schickte die Entwürfe in Begutachtung
Bildungsminister legt Reform für Volks- und Mittelschulen vor - Notengebung soll klarer werden, zwei Leistungsgruppen in Mittelschule.

An den Volksschulen werden ab 2019/20 ab dem zweiten Semester der 2. Klasse wieder verpflichtend Ziffernnoten eingeführt - gleichzeitig wird aber in allen Klassen zumindest zusätzlich alternativ beurteilt. Die Neuen Mittelschulen verlieren das „neu“ und erhalten ab der 2. Klasse zwei Leistungsniveaus mit je fünfteiliger Notenskala, kündigte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) am Montag an.

„Es geht mir dabei nicht um bildungspolitischen Revanchismus oder ein zwangweises Alles-Muss-Anders werden“, so bei einer Pressekonferenz. Künftig soll an den Volksschulen im Regelfall sowohl mit Ziffern als auch verbal benotet werden. Bis zum Halbjahreszeugnis der zweiten Klasse kann grundsätzlich auch ausschließlich alternativ beurteilt werden - in diesem Fall haben aber Eltern das Recht, auf einer Ziffernnote zu bestehen. Ab dem Ende der zweiten Klasse müssen dann verpflichtend Ziffernnoten vergeben werden, zusätzlich gibt es aber jedenfalls die Verbal-Beurteilung.

Dazu sollen eigene Bewertungsraster entwickelt werden, in denen in abstrakter Form auch klar hervorkommt, was die Kinder können müssen („Reime erkennen“, „elementaren Wortschatz verwenden“, etc.). „Es soll transparenter werden, was die Minimalerfordernisse sind und welches Wissen zu erreichen ist“, betonte Projektleiter Klemens Riegler-Picker aus dem Bildungsministerium.

Weitere Maßnahme in der Volksschule: Ab der zweiten Klasse können Kinder auch wieder sitzenbleiben - das war bisher erst in der vierten Klasse verpflichtend. Weitere Änderungen in der Volksschule: Künftig werden alle Eltern zu Bewertungsgesprächen über Leistungsstärken und Leistungsstand eingeladen (bisher nur bei alternativer Beurteilung), bei Bedarf können Schüler auch zu Förderunterricht verpflichtet werden.

An den Neuen Mittelschulen (NMS) soll es ab der sechsten Schulstufe (2. Klasse) zwei unterschiedliche Leistungsniveaus („Standard“ und „Standard-AHS“) geben. Die siebenteilige Bewertungsskala wird abgeschafft, an ihre Stellen treten zwei einander überlappende je fünfteilige Skalen. Gleichzeitig bleiben zwar die bisherigen Differenzierungsmöglichkeiten wie Teamteaching erhalten, werden aber durch eine zusätzliche Möglichkeit ergänzt: Schulen können in Deutsch, Mathe und Englisch ab der sechsten Schulstufe auch dauerhafte Gruppen einrichten.

"Ich glaube an diesen Schultyp."

von Bildungsminister Heinz Faßmann

über die (Neue) Mittelschule

In diesen Gruppen soll dann anhand der beiden Leistungsniveaus unterrichtet werden. Das bedeute aber nicht die Rückkehr zu Leistungsgruppen, so Riegler-Picker. „Man wird nicht einmal im Jahr zugeteilt und bleibt dann dort, sondern man kann unter dem Jahr wechseln.“ Als Zeichen der Änderungen soll die NMS auch vom Namen her das „Neu“ verlieren und zur „Mittelschule“ werden. Mit den beiden Standards sind auch unterschiedliche Berechtigungen beim Wechsel an eine weiterführende Schule verbunden. Es könne auch sein, dass ein Schüler in einem Fach „AHS-Standard“ erreiche (etwa Mathematik) und in anderen vielleicht nur „Standard“ (Riegler-Picker: „Ein klassischer HTL-Zubringer“).

„Ich glaube an diesen Schultyp“, betonte Faßmann. Allerdings müsse man das „großstädtische Problem“ lösen, wo die Mehrzahl der Kinder mittlerweile AHS-Unterstufen besuchen. „Das kann aber nicht in einem ritualhaften Ruf nach mehr Ressourcen bestehen.“ Er setzte daher auf ehrliche Schullaufbahnentscheidungen, zum Teil auch bauliche Verbesserungen an den Standorten sowie auch die problemorientierte Vergabe von Zusatzressourcen.

Weitere Maßnahme des „Pädagogik-Pakets“, das am Mittwoch vom Ministerrat abgesegnet werden und dann in Begutachtung gehen soll. An Polytechnischen Schulen wird es wieder die Möglichkeit eines freiwilligen zehnten Schuljahrs geben. So sollen rund 400 Jugendliche pro Jahr eine „zweite Chance“ erhalten, so Faßmann. Die Umstellungen sollen alle bereits ab dem nächsten Schuljahr wirksam werden - eine aufsteigende Umsetzung ab den jeweils ersten Klassen wurde verworfen, um nicht in einem Übergangszeitraum zwei parallele Systeme zu haben.

Rückkehr der Leistungsgruppen in der Mittelschule

Europäische Volksschule Goldschlagstrasse

Konkret beinhaltet der Ministerratsvortrag folgende Punkte:

1. Beurteilung in der Volksschule:

- Bestehende Formen der Alternativen Beurteilung und der Benotung durch Ziffern werden aufeinander abgestimmt.

- Ziel dieser Maßnahme ist es die Benotungssystematik insgesamt aufzuwerten und die Leistungsbeurteilung in allen Schulstufen und Schularten zu präzisieren und objektiv nachvollziehbarer zu gestalten.

- Die Option der alternativen Leistungsbeurteilung in Form einer Information über die Lern- und Entwicklungssituation der Schülerinnen und Schüler bleibt schulautonom bis einschließlich des 1. Semesters der 2. Schulstufe bestehen.

- An jenen Schulen, wo eine alternative Leistungsbeurteilung besteht haben Eltern in Zukunft ein Anrecht auf eine zusätzliche Benotung durch Ziffern.

- An jenen Schulen (1. - 4. Schulstufe der Volks- und Sonderschule), wo wiederum eine Benotung durch Ziffern erfolgt, wird diese um eine schriftliche Erläuterung ergänzt. Diese hat die Form eines standardisierten Bewertungsrasters.

- Die bisher nur für die Neue Mittelschule vorgesehenen Kind-Eltern-Lehrer-Gespräche werden nun auch in allen Schulstufen der Volksschulen durchgeführt. Ziel des Gesprächs ist die gemeinsame Erörterung des Leistungsstandes und der Leistungsstärken der Schülerin oder des Schülers im Hinblick auf das jeweilige Bildungsziel.

- Schülerinnen und Schüler der Volksschulen sind verpflichtet, den Förderunterricht zu besuchen, sofern ein entsprechender Bedarf festgestellt wird.

- Das Wiederholen von Schulstufen aufgrund negativer Leistungen setzt mit der zweiten Schulstufe ein. Bisher war ein Aufsteigen bis in die vierte Schulstufe möglich.

Rückkehr der Leistungsgruppen in der Mittelschule

Neue Mittelschule Schoppenhauerstraße

2. Weiterentwicklung der Neuen Mittelschule:

- Die Neue Mittelschule wird zur Mittelschule weiterentwickelt. Diese ist eine leistungsorientierte Schule, die die Schülerinnen und Schüler sowohl auf weiterführende Schulen als auch auf das Berufsleben vorbereitet. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler werden äquivalent zur AHS-Unterstufe gefordert und gefördert.

- Die Leistungsbeurteilung in der Mittelschule wird transparent und leicht verständlich. Ab der sechsten Schulstufe werden in den leistungsdifferenzierten Pflichtgegenständen Deutsch, Mathematik und Erste lebende Fremdsprache zwei Leistungsniveaus ("Standard" und "Standard AHS") mit zwei entsprechenden fünfteiligen Beurteilungsskalen eingeführt.

- Ab der sechsten Schulstufe ist – ergänzend zu den bisherigen Differenzierungsmaßnahmen in der NMS – schulautonom das Einrichten von dauerhaften Gruppen möglich, um Schülerinnen und Schüler gezielt nach den Leistungsniveaus "Standard" und "Standard AHS" unterrichten und fördern zu können.

- Durch den Einsatz von Bewertungsrastern in Deutsch, Mathematik und der Ersten Lebenden Fremdsprache wird die Leistungsbeurteilung objektiver und lernförderlicher.

- Die Entscheidung, ob homogene oder heterogene Schülergruppen geführt werden, wird am Schulstandort getroffen. Durch Maßnahmen der Differenzierung sowie der Begabungs- und Begabtenförderung sollen Schülerinnen und Schüler nach Möglichkeit zum Bildungsziel des jeweiligen Leistungsniveaus "Standard"  bzw. "Standard AHS" geführt werden.

- Im Zuge der Arbeiten zum Pädagogik Paket wird ein weiteres Vorhaben im Bereich der Polytechnischen Schulen aufgegriffen. 

Rückkehr der Leistungsgruppen in der Mittelschule

Polytechnischer Lehrgang

3. Freiwilliges 10. Schuljahr an Polytechnischen Schulen:

- Durch die Wiedereinführung der Möglichkeit eines freiwilligen 10. Schuljahres an Polytechnischen Schulen für Schülerinnen und Schüler, die ihre allgemeine Schulpflicht an mittleren und höheren Schulen abgeschlossen haben, wird die Durchlässigkeit im österreichischen Bildungssystem verbessert.

- Härtefälle, die nach einer rückblickend falschen Schulwahl im 9. Schuljahr nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Fortsetzung ihres Bildungs- bzw. Ausbildungsweges hatten, werden damit verhindert.

- Die Maßnahmen treten, sofern das Parlament diese verabschiedet, mit dem Schuljahr 2019/2020 in Kraft.

Neues "Pädagogikpaket" bringt Bekanntes

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