"Rotzbua" - Im NÖ Landtag werden die Sitten rauer

"Rotzbua" - Im NÖ Landtag werden die Sitten rauer
Seit in Niederösterreich Schwarz-Blau regiert, ist die Wortwahl in den Landtagssitzungen um einiges rauer geworden. Jetzt meldet sich der Landtagspräsident mahnend zu Wort.

In den vergangenen Legislaturperiode (2018 bis 2023) hatte das Landtagspräsidium mit Karl Wilfing (ÖVP) an der Spitze politisch ein angenehmes Leben. Die Debatten wurden so geführt, dass in diesen fünf Jahren insgesamt nur zwölf Ordnungsrufe vergeben werden mussten. Das wird sich diesmal nicht ausgehen, denn seit Schwarz-Blau in Niederösterreich regiert, ist die Wortwahl nicht nur schärfer, sondern auch untergriffiger geworden. Bei der Landtagssitzung am vergangenen Donnerstag mussten gleich vier Ordnungsrufe verteilt werden.

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Einen davon erhielt SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger für einen Zwischenruf. Er hatte die Rede des Freiheitlichen Michael Sommer mit "Rotzbua" kommentiert. Ein weiterer Ordnungsruf erging an die grüne Klubobfrau Helga Krismer, die Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vorwarf, dass sie "populistischen Blödsinn" verbreitet. Gleich zwei Ordnungsrufe erhielt Neos-Landtagsabgeordneter Helmut Hofer-Gruber. Einmal für seine Aussage, dass "bei uns in den Ausschüssen nicht gearbeitet wird". Ein weiteres Mal für seine Ausführungen bei der Änderung des Polizeistrafgesetzes.

"Rotzbua" - Im NÖ Landtag werden die Sitten rauer

Hannes Weninger (SPÖ) erhielt für seinen Zwischenruf "Rotzbua" einen Ordnungsruf.

Wortspiel mit "Neonazis"

Da hatte Hofer-Gruber mit einem komplizierten Satz versucht, anzudeuten, dass Neo-Nazis im Landesparlament sitzen würden. Im Protokoll ist sein Zitat so vermerkt: "Ich könnte genauso gut behaupten, könnte wohlgemerkt für alle, könnte – Konjunktiv – Deutsch Möglichkeitsform – könnte ich genauso gut behaupten, dass im neugewählten Landtag mehr Neonazis sitzen, als im alten. Das mache ich aber nicht."  Zu diesem Zeitpunkt hatte die 3. Landtagspräsidentin Eva Prischl (SPÖ) den Vorsitz. Sie fand an der Aussage nichts Verwerfliches.

Präsident Karl Wilfing allerdings schon. Und deswegen verteilte er den Ordnungsruf, nachdem er in der Sitzung erneut den Vorsitz übernommen hatte. Seine Begründung: "Die Methodik, durch suggestive Andeutungen eigentlich Ungeheuerlichkeiten zu insinuieren, ist für dieses Haus weder tragbar, noch soll sie Schule machen. Man stelle sich vor, jeder Abgeordnete begänne seine Rede mit solch ungeheuerlichen Unterstellungen, wenn auch verschleiert durch die Verwendung des Konjunktivs – in welche politische Richtung auch immer. Dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf und ersuche Sie – damit meine ich alle Kolleginnen und Kollegen -  in Hinkunft ausdrücklich um Mäßigung."

Insgesamt zeigt sich Präsident Wilfing angesichts der Wortwahl und der vielen Ordnungsrufe sorgenvoll. Er hofft nun, dass dieser Stil nicht die vollen fünf Jahre anhalten wird. Höchstwarscheinlich wird es dazu wohl auch in der Präsidiale mit den Klubobleuten ein klärendes Gespräch geben.

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