Rot-Weiß-Rot-Card als Flop: Leitl für Reform

Eigentlich sollte die Rot-Weiß-Rot-Card qualifizierte Arbeitskräfte ins Land holen – das tut sie nur nicht, wie auch der jüngste Integrationsbericht offenbart hat: 3800 Personen waren es, die bis dato mit der Karte eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung bekommen haben; 8000 Schlüsselarbeitskräfte wären allerdings gewünscht und benötigt.
Der für den Bericht verantwortliche Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz hat nun gemeinsam mit Heinz Fassmann, dem Vorsitzenden seines Expertenrates, eine Reform der Karte gefordert. Rückendeckung erhält der VP-Politiker nun von der Wirtschaftskammer. Auch WK-Präsident Christoph Leitl ist der Meinung, es sei höchste Zeit, das Modell zu verbessern.
Mindesteinkommen senken
1.900 Euro an Mindesteinkommen für Akademiker, die aus dem Ausland nach Österreich kommen, seien deutlich zu hoch, meint Leitl im Ö1-Interview. Auch die Hürde, zumindest einen Magister- oder Master-Titel vorweisen zu können, sei zu hoch: Ein Bachelor würde auch reichen. Zudem würden die viel zu langen Zulassungsverfahren bei den Behörden noch immer sehr viele potentielle Kandidaten abschrecken:: „Daher müssen wir auch unsere Bürokratie beschleunigen."
Leitls Ziel ist demnach, der nächsten Regierung bereits ein von den Sozialpartnern abgesegnetes Modell vorzulegen. Denn die Konkurrenz durch andere Länder sei groß: "Ob das Kanada, Australien, die Niederlande oder die Schweiz sind - viele Länder nützen schon den Fachkräftemangel für so eine Zuwanderung, die keine Bedrohung, sondern eine Stärkung des jeweiligen Landes darstellt."
Ablehnung
Von den anderen Sozialpartnern kommt wenig Euphorie angesichts des Leitl-Vorstoßes; die arbeitsmarktpolitische Abteilung der Arbeiterkammer befürchtet laut Ö1, dass es beim Mindesteinkommen von 1.900 Euro brutto für Akademiker bleiben solle – ansonsten drohe Lohndumping.
Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) lehnt es ab, die Rot-Weiß-Rot-Card generell zu überarbeiten: Die geltenden Bestimmungen seien mit allen Sozialpartnern erarbeitet worden, sagte sein Sprecher der Tiroler Tageszeitung. FPÖ, BZÖ und Team Stronach sind ebenso für die Beibehaltung der Einkommensgrenze. Anders sehen das allerdings die Grünen: Auch inländische Berufseinsteiger kämen oft nicht auf die geforderten 1.900 Euro brutto im Monat; das von Nicht-EU-Ausländern zu fordern, wäre demnach "weltfremd".
Die Rot-Weiß-Rot-Card wurde ab Mitte 2011 als Steuerungsinstrument für den Zuzug von Nicht-EU-Bürgern nach Österreich etabliert. Ziel war, mittels eines Punktesystems vor allem qualifizierte Beschäftigte für den Arbeitsmarkt zu finden. Ausgegangen wurde von etwa 8.000 Personen, die jährlich eine Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten. Dieser Wert wurde bisher klar verfehlt. Bis Mitte 2012 wurden 5.337 Anträge gestellt, 3.795 davon positiv erledigt, davon entfallen 254 auf die "blaue Karte" der EU, die ein eigenes Zuwanderungsinstrument in der Union darstellt.
Grundsätzlich gibt es vier Personengruppen, die für die Karte in Frage kommen:
Schlüsselkräfte müssen neben der Erfüllung der verlangten Kriterien über ein Punktesystem (z.B. Ausbildung, Alter, Deutschkenntnisse) eine fixe Jobzusage vorweisen. Die muss derart gestaltet sein, dass unter 30-Jährige mindestens 50 Prozent (derzeit rund 2.200 Euro) und Ältere 60 Prozent der Höchstbeitragsgrundlage (etwa 2.640 Euro) brutto verdienen. Zudem muss das AMS eine Prüfung vornehmen, ob die Position nicht auch von einem österreichischen Arbeitnehmer oder einem am Arbeitsmarkt bereits integrierten Ausländer ausgefüllt werden könnte. Bisher wurden unter diesem Titel 2.461 Karten ausgestellt
Für in Mangelberufen tätige Personen gelten die gleichen Qualifikationskriterien wie für Schlüsselkräfte und auch sie müssen eine Jobzusagen vorweisen. Was als Mangelberuf gilt, wird jährlich vom Arbeitsministerium festgelegt, derzeit sind es 24. Dazu zählen etwa Fräser, Dreher, Dachdecker, Schweißer, Elektroinstallateure, Bodenleger, Holzmaschinenarbeiter, Bau- und Möbeltischler, Lackierer sowie Diplomkrankenpfleger. 445 Rot-Weiß-Rot-Karten wurden für Beschäftigte in Mangelberufen vergeben, die das Dokument allerdings erst seit einem Jahr beziehen können.
Höchstqualifizierte, die entsprechend hohe Kenntnisse in ihrem Bereich vorweisen müssen, benötigen keine fixe Jobzusage. Sie erhalten sechs Monate Zeit, sich mit einem Visum um einen adäquaten Job in Österreich zu kümmern. In diesem Feld gab es 226 positive Erledigungen.
Wer ein Studium an einer österreichischen Uni, Fachhochschule oder akkreditierten Privat-Uni zumindest ab dem zweiten Studienabschnitt bestreitet und es mit Master- oder höherem Diplom abschließt, erhält sechs Monate die Möglichkeit, sich am Arbeitsmarkt nach einer Tätigkeit umzusehen. Gelingt dies und der Job entspricht der Ausbildung und wird mit wenigstens 45 Prozent der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage (derzeit 1.980 Euro) entlohnt, erhält die Person eine Rot-Weiß-Rot-Card ohne Arbeitsmarktprüfung. 409 entsprechende Genehmigungen wurden bis Juli gezählt.
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