Leo XIV: Papst fordert Frieden und prangert Kapitalismus an

Der Sonntag wäre für die Römer schon außergewöhnlich genug: Jannick Sommer steht im Italian Open, abends spielt AS Roma gegen AC Milan.
Doch dieser dritte Sonntag im Mai erreicht weit vor Mittag seinen Höhepunkt für Menschen weltweit. Zieht vor Ort bereits in den frühen Morgenstunden in seinen Bann.
Schwarze Limousinen stauen sich im Konvoi vor dem Petersplatz. Zu Fuß auf dem Weg zu diesem: Kardinäle mit verspiegelten Sonnenbrillen. Auf diesem: Pilger, Prinzen, Premiers und Präsidenten. Nur einer fehlt bei der Inauguration des ersten amerikanischen Pontifex: sein Landsmann.

J.D.Vance
Der 47. Präsident der Vereinigten Staaten Donald Trump bleibt der Amtseinweihung von Leo XIV. fern. Dafür nehmen die Staatenlenker dieser Welt (von US-Vize J.D. Vance, Deutschlands Kanzler Friedrich Merz, Ukraines Präsident Wolodimir Selenkskij wie Österreichs Kanzler Christian Stocker, EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen uvm.) direkt vor dem Petersdom Platz und Monarchen wie Prinz Albert und Charlene, die im weißen Kleid die Kameras auf sich lenkt. Wie rund 200.000 Menschen, die mit Handys alles und sich an diesem für viele historischen Tag festhalten.

Christian Stocker, Friedrich Merz
Stehend oder sitzend, unter teils stechend heißer Sonne, werden sie Zeitzeugen von etwas hollywoodfilmreif wie archaisch Anmutendem.
Von etwas aus der Zeit Gefallenem wie unglaublich Erhabenem.

Das beginnt bei der halbstündigen Fahrt im Papamobil unter Jubelrufen und Applaus. Das geht über ins lateinischen Vater Unser, setzt sich fort in einer Allerheiligenlitanei, die - wie die gesamte Messe - in einem 104 Seiten starken Buch, das auf jedem Sitzplatz liegt, enthalten ist - und steigert sich.

Fischerring für Leo XIV
Dann nämlich, wenn das Evangelium in altgriechischer Sprache gesungen wird. Oder, wenn Leo XIV. mit den Insignien ausgestattet wird, die ihn vor den Augen der Welt und laufender Kameras fortan zum Heiligen Vater machen.

Applaus brandet auf, als Franziskus' Nachfolger der Fischerring angesteckt und das Pallium, eine weiße, mit roten Kreuzen bestickte Wollstola, über die Schulter gelegt wird.
Alles festgehalten von hunderten Fernsehkameras. Alles gesichert vorab von Geheimdiensten, von Tausendschaften an Sicherheitskräften am Boden und Drohnen.

Nach zwei Stunden - ehe sich die Konvois wieder aus dem Vatikan stauen werden - spricht Leo XIV. alle "Brüder und Schwestern" direkt an und über den "gerechten Frieden", für den er sich einsetzen will. "Für den Frieden in Gaza, der Ukraine und Myanmar." Er sei "ohne jegliches Verdienst ausgewählt und komme mit Furcht und Zittern zu euch“. Nebst dem Krieg gilt der Focus des Papstes der Ungerechtigkeit, dem Kapitalismus.
Wir erleben, so Leo XIV., "eine Zeit in der noch immer zu viel Zwietracht, zu viele Wunden, die durch Hass, Gewalt, Vorurteile, Angst vor dem Anderen und durch ein Wirtschaftsmodell verursacht werden, das die Ressourcen der Erde ausbeutet und die Ärmsten an den Rand drängt“.

Er wird und will ein politischer Papst sein, ganz in den Schuhen des Fischers, seines Vorgängers Franziskus, werden Vatikankenner unmittelbar danach sagen und darüber informieren, dass Leo XIV. noch am Tag seiner Inauguration mit Ukraines Präsidenten Selenskij zusammentreffen wird. Und später mit Trumps Vize J.D. Vance.
"Ich hoffe, dass die Stimme des Papstes für Frieden und Toleranz auch gehört wird", sagt Bundeskanzler und ÖVP-Chef Christian Stocker nach der Messe und seiner kurzen Begegnung mit dem Papst. Für ihn habe dieser Tag auch politische Bedeutung, über das kirchliche Ritual weiter hinausgehend.
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