"Weder Team, noch Programm, noch Ausrichtung"
Petritsch gab anlässlich der Übergabe des Papiers der APA ein Interview, in dem er SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, die auch außenpolitische Sprecherin ihrer Partei ist, ein denkbar schlechtes Zeugnis ausstellt. Petritsch sagte, dass er Rendi-Wagner menschlich sehr schätze, sie aber in den fünf Jahren an der Spitze außenpolitisch „weder ein Team, noch ein Programm noch eine Ausrichtung zusammengebracht“ habe. Deshalb sei für ihn inbezug auf Rendi-Wagner „die Hoffnung gestorben“.
Babler habe hingegen außenpolitisches Potenzial, verwies Petritsch auf dessen internationale Aktivitäten als SJ-Funktionär. Für den Posten des SPÖ-Chefs sei er auch deshalb geeignet, weil er bei einem der aktuell wichtigsten Themen, der Migration, „in einer der schwierigsten Gemeinden etwas zusammenbringt“, sagte Petritsch in Anspielung auf das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Auf die Frage, ob er und seine Mitstreiter Babler im SPÖ-Vorsitzkampf unterstützen, antwortete Petritsch: „Natürlich.“
Den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil könne er nicht unterstützen, weil er innerparteilich „intrigiert“ habe. „Das geht nicht in einer solidarischen Partei.“
Die Diplomaten-Riege
Petritsch war vor der Nationalratswahl 2002 als SPÖ-Anwärter auf den Posten des Außenministers gehandelt worden. Der langjährige Sekretär des SPÖ-Kanzlers Bruno Kreisky hatte sich zuvor als Balkanexperte international profiliert. Der Kärntner Slowene war in den 1990er Jahren zunächst Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina und danach EU-Chefverhandler in der Kosovo-Krise. Aktuell ist er Präsident des Österreichischen Instituts für internationale Politik (OIIP) und der österreichischen Marshallplan-Stiftung.
Neben Petritsch wurde das Papier von der früheren außenpolitischen Beraterin von Ex-Kanzler Franz Vranitzky und Ex-Botschafterin Eva Nowotny, ihrem Ehemann und Ex-Kreisky-Sekretär Thomas Nowotny sowie den früheren Botschaftern Georg Lennkh, Peter Moser und Helfried Carl unterzeichnet. Lennkh war auch EU-Sonderbeauftragter für den Tschad, während Carl als Büroleiter für die damalige Nationalratspräsidentin Barbara Prammer arbeitete.
Auszug aus dem Text
„Die Sozialdemokratie hat stets europäisch und international gehandelt. Dieser Anspruch ist heute wichtiger denn je. Aber in den letzten Jahrzehnten ist diese Vernetzung bei Weitem nicht genügend betrieben worden“, heißt es in der vom Team Babler verbreiteten Erklärung. Für die Regulierung des Finanzmarktes sowie Maßnahmen gegen Klimawandel oder Energiewende brauche es die Europäische Union, die jüngst auch progressive volkswirtschaftliche Ansätze gezeigt habe. Sie müsse aber demokratisch weiterentwickelt werden, etwa durch die Stärkung des Europäischen Parlaments. Außerdem wünschen sich die Diplomaten eine aktive Neutralitätspolitik sowie in deren Rahmen „die maximale Unterstützung der Ukraine in ihrem legitimen Kampf gegen die russische Aggression“.
Bablers Reaktion
Babler begrüßte die Initiative. „Wir brauchen wieder eine starke sozialdemokratische Europapolitik und internationale Ausrichtung. Das Papier enthält wichtige Forderungen, die ich teile. Ich freue mich auf den Austausch und die Zusammenarbeit mit den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern“, wurde der Vorsitzkandidat in der Aussendung zitiert.
Petritsch betonte gegenüber der APA, dass das Papier die in „stundenlangen“ Diskussionen erarbeiteten Positionen der Diplomatengruppe enthalte. Babler sei selbst überlassen, „was er damit macht“ und welche Positionen er übernehme.
Den beiden anderen Kandidaten haben die Diplomaten das Papier nicht übergeben. Sie hoffen aber, dass es in jedem Fall nach der Vorsitzwahl aufgegriffen und weiterverfolgt werde.
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