Wenn der Schweizerhaus-Besuch zum Treffpunkt mit Regierungskritikern wird

Ministerin Köstinger, Kanzler Kurz, Vizekanzler Kogler und Staatssekretärin Andrea Mayer
Getestet, genesen, geimpft ging es für Regierungsspitze am Öffnungstag in den Wiener Prater - neben dutzenden Medienvertretern waren auch Regierungskritiker dabei.

Kurz nach 13 Uhr fanden sich am ersten Tag der Öffnung Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Werner Kogler, Tourismusministerin Elisabeth Köstinger und Kultur-Staatssekretärin Andrea Mayer im Wiener Schweizerhaus ein. Ehe es zu Stelze, Krautsalat und Bier ging, stellten sich die Regierungsmitglieder den Pressefotografen. Neben den dutzenden Medienvertretern waren auch Regierungskritiker und -gegner gekommen.

Regierung unter Buhrufen im Öffnungstaumel

Laut ORF habe im Garten des Schweizerhauses unter anderem die FPÖ aufgerufen, der türkis-grünen Regierung die Meinung zu sagen.

Nebst kritischen Fragen waren immer wieder auch "Kurz muss weg"-Rufe zu hören. Die Polizei brachte zwei Covid-Skeptiker zu Boden, eine bekannte Vertreterin der Protestierer versuchte den Presseauftritt der Regierungsspitze zu stören, doch diese ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

Zwischen "Tag der Freude" und "Kurz muss weg"

Bevor es zu Speis und Trank ging, betonten sowohl Kurz (ÖVP) als auch Kogler (Grüne), dass heute ein „Tag der Freude“ ist. Wobei Kogler einräumte, dass das bekannteste Gericht des Praterlokals, die Schweinsstelze, ihm heute „zu schwer“ ist. Im Smalltalk fragte der Kanzler einen der anwesenden Kiebitze „warens schon Essen?“, um vom nächsten Zuschauer mit Daumen hoch empfangen zu werden: "Danke vielmals, halten Sie durch“, kam beim Kanzler - leger in Jean gekleidet - sichtlich gut an.

Wenn der Schweizerhaus-Besuch zum Treffpunkt mit Regierungskritikern wird

Dann war es kurz vorbei mit den Freundlichkeiten. Unter den Schaulustigen fanden sich auch einige Covid-Skeptiker ein, die versuchten in Richtung des Kanzlers vorzudringen, was rasch, aber entschlossen abgewehrt wurde. Zwei Personen wurden von Zivilkräften zu Boden gebracht. Unter die Journalisten mischte sich auch eine bekannte Corona-Skeptikerin mit ihrem Begleiter - ohne Maske und ohne Mindestabstand, was die reichlich vorhandene Polizei aber nicht zum Einschreiten veranlasste.
Versuche der Protest-Vertreterin, das Pressestatement zu stören, scheiterten, da sie Kurz und Kogler - wie man auf gut wienerisch sagt "durch die geöffnete Tür haben laufen lassen“. Der Kanzler wandte sich direkt an die Skeptikerin und führte ruhig seine bekannte Argumente aus, wie wichtig eine Rückkehr zur Normalität sei.

Kogler wurde dann noch von einer Journalistin zum möglichen Ende des Ibiza-Untersuchungsausschusses gefragt, da sich heute die Grünen gegen eine Verlängerung ausgesprochen haben. Der Ausschuss werde „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ weiter gehen, er ist ein Minderheitenrecht, so Kogler, bevor es in den Schweizergarten ging. Dieser war heute bei kühlem und bewölktem Wetter eher schwach besucht, und auch der Prater wirkte, trotz offener Geschäfte, verwaist. Am danebenliegenden Ponyreitplatz hatten die Tiere heute noch nichts zu tragen.

Wenn der Schweizerhaus-Besuch zum Treffpunkt mit Regierungskritikern wird

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig besuchte am Morgen das Café Frauenhuber im ersten Bezirk.

Wenn der Schweizerhaus-Besuch zum Treffpunkt mit Regierungskritikern wird

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und WKW-Präsident Walter Ruck 

In Vorarlberg, wo die Gastronomie wegen niedriger Infektionszahlen bereits vor zwei Monaten öffnete, wurde vor wenigen Tagen eine positive Bilanz gezogen. Das Aufsperren habe - trotz der höchsten 7-Tage-Inzidenz bundesweit - zu keinen größeren Coronaclustern geführt, ergab eine Analyse der staatlichen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES. Für Diskussion sorgte zuletzt das österreichweite Testintervall für die Gastro-Beschäftigten von einmal die Woche - Wien ist hier ausgeschert und hat verschärft.
In der Gastrobranche herrscht noch eine gewisse Unsicherheit, wie gut das Geschäft letztlich tatsächlich laufen wird. Vorsorglich wurde bei der Regierung schon deponiert, dass die Hilfszahlungen nicht schlagartig enden dürften.

Neben der Unsicherheit über die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen plagt die Branche die Sorge über genügend Mitarbeiter - auch wenn das Arbeitsmartservice (AMS) beruhigt. Die Gastrovertreter fürchten, dass viele Mitarbeiter mittlerweile einen anderen Job gesucht haben, insbesondere die zahlreichen Saisonarbeiter. In den klassischen Touristenregionen fehlen auch noch viele ausländische Gäste. Die Reisebeschränkungen zwischen Österreich und Deutschland wurden vor einer Woche aufgehoben.

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