Reform fix: Strengere Schul-Regeln mit sanften Begleittönen

Reform fix: Strengere Schul-Regeln mit sanften Begleittönen
Der Bildungsminister will strengere Aufnahmekriterien für Volksschulen und AHS und eine Rückkehr zu den Leistungsgruppen.

Grob wirkt Bildungsminister Heinz Faßmann trotz seiner Größe ohnehin nie, der ehemalige Professor der Uni Wien spricht meist mit sanfter Stimme in ausformulierten Sätzen.

Nein, sagt er dann auch gleich, als er sein „pädagogisches Paket“ zur eigentlichen großen Schulreform vorstellt, Abbruch und Neubau kämen für ihn ohnehin nicht in Frage. Aber „Sanierung und Modernisierung in ausgewählten Bereichen sehr wohl“.

Am Mittwoch stellte Faßmann sein Konzept einer türkis-blauen Schulreform vor. Vieles davon muss noch konkretisiert werden, die politische Handschrift ist aber klar erkennbar: Leistung und ein strengeres Schulsystem, das mehr Gerechtigkeit verspricht. Dazu brauche es klarere Regeln, ab wann man überhaupt schulreif ist. Dann aber wird noch mehr Leistung verlangt: Noten sollen diese nach nachvollziehbaren Regeln widerspiegeln. Der Flaschenhals zur AHS-Aufnahme wird enger, dafür sollen die NMS aufgewertet werden.

Die wichtigsten Pro und Contras über Faßmanns Schulreform im Überblick:

Wo ortet Faßmann die größten Schul-Probleme?

Vor allem bei den Bildungsübergängen Kindergarten zu Volksschule und Volksschule zu NMS oder AHS. Und er stellt fest, dass sich zwischen den Ländern die Zahlen jener, die eine AHS oder eine NMS besuchen, stark unterscheiden. Vor allem in Wien herrscht ein enorm hoher AHS-Anteil, was mit dem aktuell sehr schlechten Ruf der NMS im urbanen Raum zu tun hat.

Warum soll künftig die Schulreife im Kindergarten anders gemessen werden?

Der Leistungsunterschied von Kindern in der ersten Klasse Volksschule beträgt bis zu zweieinhalb Jahre, sagt die Bildungswissenschaft. Für Lehrer oft ein unmöglicher Spagat – für wen soll man den Unterricht gestalten? Die Reform zielt nun darauf ab, dass ein „verbindlicher Katalog an Schulreifekriterien“ bundesweit und standardisiert zum Einsatz kommt. Wem keine Schulreife attestiert wird, muss (weiter) in die Vorschulstufe. Deutschkenntnisse werden dabei wesentlich sein.

Und wie soll in der Volksschule entschieden werden, ob ein Kind in eine AHS oder in eine NMS kommt?

Faßmann will am Ende der Volksschule einheitliche Testverfahren, so genannte „Talente-Checks’’, um die Lehrer bei der Notengebung entlasten zu können und den Eltern eine Entscheidungshilfe über alle Möglichkeiten des künftigen Bildungswegs zu geben.

Maturieren eigentlich nur Kinder, die in einer AHS waren?

Keineswegs. Inzwischen sind fast gleich viele Kinder aus berufsbildenden Schulen in den Maturaklassen wie aus AHS-Gymnasien.

Warum wird die 7-teilige Notenskala abgeschafft?

Aktuell wird in der 3. und 4. Klasse NMS im Zeugnis in Deutsch, Mathematik und Englisch zwischen „grundlegend“ und „vertiefend“ unterschieden. Bei der vertieften Bildung reichen die Noten von „sehr gut“ bis „genügend“, in der grundlegenden Bildung von „befriedigend“ bis „nicht genügend“. Das System blieb schwer verständlich, Faßmann will diese 7-teilige Notenskala jetzt abschaffen und stattdessen zwei „Beurteilungsniveaus“ – also NMS-Standard oder AHS-Standard – jeweils mit dem gewohnten System mit Noten von 1 bis 5 schaffen.

Kommen die vor zehn Jahren abgeschafften Leistungsgruppen wieder?

Auch wenn Faßmann es nicht so nennt, dürfte es ab der 7. Schulstufe wieder Leistungsgruppen geben, allerdings nur in den Hauptfächern und in Form von Kleingruppen. Faßmann hatte hier explizit auf die NMS Gassergasse verwiesen, wo seit zwei Jahren die drei Jahrgangsklassen in sechs „Lerngruppen“ zu je 12 Schülern eingeteilt und unterrichtet werden. Und das mit großem Erfolg.

Sind auch an den AHS Reformen geplant?

Die AHS sind von den Plänen Faßmanns bislang nicht betroffen. Sie könnten künftig in den Städten aber weniger Schüler haben.

Wird das Ministerium die Zügel lockerer lassen und den Schulen mehr Autonomie in ihren Entscheidungen zugestehen?

Nein, über mehr Autonomie wurde nicht gesprochen.

Gilt weiter die Regel, dass Brennpunktschulen mit vielen Kindern bildungsferner Familien mehr Geld für zusätzliche Lehrerstunden erhalten?

Ja, der bisherige Sozialindex wird künftig Chancenindex heißen und von den Landesbehörden (Bildungsdirektionen) bestimmt werden.

Werden die NMS also attraktiver werden?

Grundsätzlich gibt es bereits jetzt zahlreiche NMS (am Land) mit teils deutlich besseren Ergebnissen bei Vergleichstests als AHS. Kleingruppen-Unterricht und eine klare Notenskala könnten auch zu mehr Akzeptanz dieser Schulform führen.

Auch die Lehrpläne sollen überarbeitet werden, was kann man da erwarten?

Die Lehrpläne sind teilweise veraltet, viele sind schon über zehn Jahre alt. Künftig sollen diese ständig überarbeitet und Raum für Neues (z.B. Digitalisierung) geschaffen werden.

Lernen als Leistungssport

Kommentare