„Rechts, aber rechtsstaatlich“: Kurz als Musterbeispiel

„Rechts, aber  rechtsstaatlich“: Kurz als Musterbeispiel
Der Vormarsch des Rechtspopulismus zwingt die Konservativen in Europa zu einem schwierigen Balanceakt.

Italien? Konservative gibt es dort kaum noch. Selbst Silvio Berlusconi, der einst als Vorreiter eines autoritären Rechtspopulismus galt, wird inzwischen von dem radikal-rassistischen Matteo Salvini hinweggefegt.

Frankreich? Politischer Herausforderer des sozial-liberalen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und dessen Bewegung En Marche sind auch dort nicht die Konservativen. Es sind die Rechtsradikalen, der Front National und dessen Vorsitzende Marine Le Pen.

Großbritannien? Bei den britischen Konservativen (sie sind nicht Mitglied der Europäischen Volkspartei, EVP) hat sich ein Teil völlig radikalisiert. Nationale Nabelschau und Xenophobie haben sich bei den Torys zu einer Europafeindlichkeit verdichtet, die nun das ganze Land ins Abseits katapultiert.

„Rechts, aber  rechtsstaatlich“: Kurz als Musterbeispiel

Nicht nur die Sozialdemokraten, auch Europas Konservative haben ihre liebe Not mit dem grassierenden Rechtspopulismus. Zwar sind die Folgen für die Konservativen nicht überall so krass wie in den genannten Ländern. Die EVP ist immer noch die stärkste Partei in der EU, und sie wird es auch nach der EU-Wahl am 26. Mai sein.

Aber selbst ihre mächtigste Stütze, die deutsche CDU, sucht nach einem Rezept gegen die von Rechtsextremen geschürte Ausländerfeindlichkeit.

„Rechts, aber  rechtsstaatlich“: Kurz als Musterbeispiel

Politikwissenschafter Fritz Plasser: „Die Rechtspopulisten nehmen Einzelfälle und überzeichnen sie maßlos. Sie arbeiten mit alarmistischen Bedrohungsbildern und treiben damit die Konservativen zum Handeln: Warum tut Ihr nichts gegen die Bedrohung?“

Kanzlerin Angela Merkel habe darauf ruhig und sachlich reagiert, sie habe versucht, ein übertriebenes Bedrohungsszenario auf den Einzelfall zu reduzieren. Plasser: „Aber die Beruhigungsstrategie der CDU funktioniert nicht so ganz.“

Kramp-Karrenbauer will Merkel nachfolgen

Merkels Nachfolgerin an der CDU-Spitze, Annegret Kramp-Karrenbauer, probiert eine Kurskorrektur in eine bodenständigere Richtung, mitunter unbeholfen, wenn sie Transgender-Witze erzählt („Klos für Männer, die nicht wissen, ob sie stehen oder sitzen sollen“). Aber ihre Absicht sei klar, behaupten deutsche Medien.

Eine andere Variante, auf den Rechtspopulismus zu reagieren, exerziert Österreichs Kanzler Sebastian Kurz vor. Plasser: „Man macht den Rechten das Monopol, Krisen zu definieren, streitig. Man benennt selbst eine mögliche Bedrohungslage vor dem Hintergrund von Migration, stellt diese aber im Unterschied zu den Rechtspopulisten nicht als die alleinige, große Krise dar.“ Ähnlich bei den Konsequenzen aus der Bedrohungslage: Man kommt den Rechten entgegen, aber nur bis zur Grenze der Rechtsstaatlichkeit. „Konservative können nach rechts rücken, müssen aber dort deutlich die Grenze ziehen, wo es gegen den Rechtsstaat und unsere wertvolle, demokratische Verfassung geht“, sagt Plasser.

Mit seinem Kurs habe es Kurz geschafft, die ÖVP vor der Marginalisierung und dem Schicksal konservativer Parteien in anderen Ländern zu bewahren. Aber Rechtsruck, demokratisch-rechtsstaatliche Kultur und Koalitionsharmonie mit der FPÖ zu vereinbaren, sei „ein absolut schwieriger Balanceakt“.

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