Rechnungshof: "Nicht nachvollziehbare" Kosten für Medienarbeit der Kurz-Regierung
Der Rechnungshof (RH) hat die Medienarbeit des Bundeskanzleramts, des Finanz- und des Klimaschutzministeriums der türkis-grünen Regierung unter Sebastian Kurz (ÖVP) zerpflückt. Scharfe Kritik gibt es in dem am Freitag veröffentlichten Bericht nicht nur an hohen Kosten und mangelnder Wirtschaftlichkeit.
Entscheidungen seien nicht nachvollziehbar gewesen, auch Politwerbung orten die Prüfer. Insgesamt gaben die Ministerien von 2019 bis 2021 108,02 Mio. Euro für ihre Medienarbeit aus. .
Parteinahe Medien
In die Zeit der Prüfung fallen auch noch die beiden Übergangsregierungen nach dem Ibiza-Skandal. Der Tenor des Berichts: Trotz des hohen Mitteleinsatzes "war nicht ausreichend gewährleistet, dass die verfassungsrechtlich vorgegebenen Gebarungsgrundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bei der Medienarbeit beachtet wurden".
Sprich: Es ist unklar, ob die hohen Summen auch sinnvoll investiert wurden.
Das Bundeskanzleramt und das Finanzministerium hätten außerdem Schaltpläne für Anzeigen zugunsten parteinaher Medien geändert.
So wurde das oberösterreichische Volksblatt in den Schaltplan aufgenommen und auch für den Exxpress, ein Boulevard-Onlinemedium, wurde ein Kostenplan nachgereicht. Die Bauernzeitung wurde zwei Mal ergänzt. Wie hoch die Summen jeweils waren, geht aus dem Rechnungshofbericht nicht hervor.
Keine "sachlich nachvollziehbare Grundlage"
Für Schaltungen in Medien, inklusive Anzeigenplanung, zogen die Ministerien spezialisierte Schaltagenturen heran. Diese wurden in der Regel über Rahmenvereinbarungen der Bundesbeschaffung GmbH beauftragt.
Eine dieser Rahmenvereinbarungen umfasste für den Zeitraum von April 2021 bis April 2025 ein Volumen von 180 Mio. Euro. Obwohl sich das Volumen damit im Vergleich zur zeitlich davor liegenden Rahmenvereinbarung mehr als versiebenfachte (!), fehlte eine "sachlich nachvollziehbare Grundlage" dafür.
Die von den Agenturen erstellten Schaltpläne legen fest, in welchen Medien, in welchem Umfang und wann beziehungsweise wie lange eine Kampagne geschaltet wird. Laut Rechnungshof änderte das Bundeskanzleramt diese - unter Mitwirkung der Stabsstelle Medien - in mehreren Fällen ohne weitere Begründung auch zugunsten "parteinaher Medien".
Bei der Stabsstelle Medien selbst stellte der Rechnungshof ebenfalls mangelnde aktenmäßige Dokumentation fest, etwa bei der Erstellung einer Broschüre mit Gesundheitsinformationen zu COVID-19 im Juli 2021. Unter anderem war das eMail-Postfach der Stabsstelle laut Angaben des Bundeskanzleramts gelöscht worden. Die Stabsstelle Medien wurde Ende 2021 aufgelöst.
Auch das Finanzministerium erweiterte mehrere von der Schaltagentur vorgeschlagene Schaltpläne. Es beauftragte zudem nachträgliche Buchungen in Magazinen, für die zunächst kein Budget vorgesehen worden war. Unter diesen Buchungen waren auch solche für parteinahe Medien. Eine Begründung dafür dokumentierte das Finanzministerium nicht.
Kritik auch am Klimaschutzministerium
Kritik gibt es aber auch am grün geführten Klimaschutzministerium. Dieses hatte laut Bericht keine konsolidierten Aufzeichnungen zu den wesentlichen Aufwendungen für die Medienarbeit. Laut Prüfern war dies vor allem darauf zurückzuführen, dass sich in diesem Ministerium die Verantwortung für die operative Medienarbeit auf mehrere Organisationseinheiten aufteilte.
So gab es keinen Gesamtüberblick über den Aufwand für die 71 betriebenen Websites. Für deren Entwicklung, Wartung, Betrieb und redaktionelle Betreuung wurden 36 externe Dienstleister eingesetzt.
In allen drei Ministerien fehlten laut Rechnungshof klare strategische Vorgaben für die Medienarbeit. Kommunikationsziele, Inhalte, Zielgruppen, Kommunikationskanäle und interne Rollen seien nicht festgelegt worden.
Medienkooperationen wurden, teilweise auch bei Auftragswerten über 100.000 Euro, über Direktvergaben beauftragt. Der Bedarf und die Gründe für die Auswahl des jeweiligen Kooperationspartners waren nicht durchgängig dokumentiert.
45 Millionen für Inserate
Aus Sicht des Rechnungshofes sollten die Ministerien nicht nur eine Kommunikationsstrategie erarbeiten. Sie sollten auch Arbeitsabläufe festlegen, vor allem, um den grundsätzlichen Bedarf einer Medienkampagne und -kooperation und um das konkrete Informationsbedürfnis zu ermitteln. Sie sollten Kommunikationsziele und Zielgruppen sowie Arbeitsabläufe für Erfolgskontrollen definieren. Das würde die Nachvollziehbarkeit des Mitteleinsatzes erhöhen.
Insgesamt gibt die Bundesregierung pro Jahr bis zu 45 Mio. Euro für Inserate aus. Im Vorjahr waren es von Jänner bis September 13,3 Mio. Euro, wie aus den von der APA ausgewerteten Transparenzdatenbank der RTR hervorgeht.
Zum Vergleich: Die gesamten Inseratenausgaben der öffentlichen Hand - inklusive Länder und Staatsunternehmen - belaufen sich seit Einführung der Meldepflicht im Jahr 2012 auf 172 bis 225 Mio. Euro jährlich.
Die Kostentransparenz in der Medienarbeit prüft der Rechnungshof auch bei der Stadt Wien. Dazu wird es einen eigenen Bericht geben.
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