"Propaganda": Schultheater teilt Flüchtlinge in "gut" und "böse"

"Propaganda": Schultheater teilt Flüchtlinge in "gut" und "böse"
Das Theaterstück "Welt in Bewegung" wird an Schulen gezeigt. Eine Lehrerin sieht "jahrelange Integrationsarbeit zerstört".

Mit einem Theaterstück über einen guten Flüchtling und einen bösen Flüchtling wendet sich das Innenministerium bereits seit dem Vorjahr gezielt an Schüler: "Welt in Bewegung" heißt das Stück, das die Agentur "Acting Power" im Auftrag des Ministeriums verfasst hat und das bereits mehr als 70 Mal kostenlos an Schulen aufgeführt wurde. Kritiker sehen "platteste Propaganda".

Das Stück, verfasst vom Autor Edmund , handelt von zwei Flüchtlingen: Nadim, syrischer Kriegsflüchtling, der sich gleich zu Beginn um einen verletzten österreichischen Reporter kümmert, und Mojo, der vage einfach aus "Afrika" stammt und sich von Schleppern das Blaue vom Himmel versprechen lässt. In Europa bekomme man Geld, ein Auto, ein Haus. Während der eine als geduldig, freundlich, dankbar und fleißig porträtiert wird, Deutschkurse besucht und einen positiven Asylbescheid erhält, begibt Mojo, der Wirschaftsflüchtling, sich nach abgewiesenem Asylgesuch in den Dienst der Terrororganisation Islamischer Staat.

"Platteste und dümmste Propaganda" sieht die für ihre Theaterarbeit zum Thema Flucht mehrfach ausgezeichnete Regisseurin Tina Leisch gegenüber FM4. Das Theaterstück leiste das Gegenteil von dem, was Kunst sein solle, "nämlich zum Denken aufzurufen". Der Schriftsteller Gerhard Ruiss sieht kein Stück "sondern eine Belehrung, bei dem am Ende das richtige Denken herauskommen soll". Laut Autor Emge waren die Reaktionen der rund 350 Lehrer, die das Stück bisher gesehen haben "durchwegs positiv", wie er im Ö1-Mittagsjournal sagte. FM4 dagegen zitiert eine Lehrerin, die "jahrelange Integrationsarbeit zerstört" sieht.

Idee von Sobotka

In Nebenrollen treten durchwegs klischeehafte Figuren auf: ausländerfeindliche ältere Frauen, ein quotenhungriger Journalist, eine besonders naive Vertreterin der "Willkommenskultur". "Natürlich müssen wir Dinge vereinfachen und herunterbrechen", sagte Alexander Marakovits, Sprecher des Innenministeriums, gegenüber Ö1. Die Idee stamme vom früheren Innenminister und aktuellen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP), der Kinder und Jugendliche damit gezielt mit dem Thema konfrontieren wollte. Bei den Vorstellungen sind jeweils Vertreter des Innenministeriums anwesend, die im Anschluss für Diskussionen zur Verfügung stehen.

Das habe mit Propaganda nichts zu tun, so Marakovits. Es handle sich um "Informationsvermittlung" in "kreativer Art und Weise". Entstanden sei die Initiative außerdem in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule St. Pölten. Eine für heute, Freitag, Abend geplante Aufführung von "Welt in Bewegung" im Weltmuseum Wien wurde nun allerdings kurzfristig abgesagt.

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