Startschuss für Projekt "Wehrdienst neu": Längerer Grundwehrdienst?

Die neue türkis-rot-pinke Bundesregierung war erst wenige Tage im Amt, als Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) in einem Interview mit dem KURIER aufhorchen ließ. Beim Thema einer Neuausrichtung des Grundwehrdienstes und von verpflichtenden Miliz-Übungen kündigte sie eine Expertenkommission an, die sich mit diesen Fragen beschäftigten wird. Davor war das Thema von der Politik eher defensiv behandelt worden, weil man der Meinung war, dass die Öffentlichkeit eher negativ auf die mögliche Verlängerung des Grundwehrdienstes reagieren würde.
Die Offiziere der Ministerin, allen voran Generalstabschef Rudolf Striedinger, hatten allerdings schon seit längerer Zeit darauf gedrängt, hier neue Maßstäbe zu setzen. Und angesichts der instabilen Weltlage – Stichwort Ukrainekrieg – spricht sich inlaut verschiedenen Umfragen auch in der Bevölkerung eine Mehrheit dafür aus. Das Bundesheer mit viel Geld technisch nachzurüsten und bei den Soldaten alles gleich zu lassen, das konnte sich auch nicht ausgehen.
23-köpfige Kommission
Wie aus der Bundesregierung zu erfahren war, fällt heute, Montag, der Startschuss für das Projekt "Wehrdienst neu". Inkludiert ist natürlich auch die Debatte über den Zivildienst. Vom Verteidigungsministerium wurde eine 23-köpfige Expertenkommission zusammengestellt, die der Ministerin am Ende der Beratungen ein Ergebnis vorlegen wird. Aber wer wird in dieser Kommission sitzen? Der KURIER hat erste Namen.
Klaudia Tanner selbst wird wohl bei der ersten Sitzung anwesend sein, bei der auch eine Geschäftsordnung vorgelegt werden soll. Die Ziele: Weiterentwicklung und Attraktivierung des Grundwehrdienstes, die Aufwertung der Miliz, verstärkte Übungen, Neuausrichtung des Zivildienstes. Die erste Sitzung dürfte in der Roßauer Kaserne stattfinden.
Leiten soll die Kommission als Vorsitzender – wie schon mehrmals angekündigt – der Milizbeauftragte der Regierung, Generalmajor Erwin Hameseder (Generalanwalt des österreichischen Raiffeisenverbandes). Als sein Stellvertreter ist Militär- und Sicherheitsexperte Walter Feichtinger vorgesehen. Auf der Kommissionsliste sollen sich unter anderen noch Peter Koren von der Industriellenvereinigung, Ferdinand Mayer von der Zivildienstagentur, Anna Schwabegger von der Bundesjugendvertretung, Generalmajor Andreas Rotheneder, der Adjutant des Bundespräsidenten, sowie der ehemalige Verteidigungsminister und jetzige Sicherheitsberater der Neos, Thomas Starlinger, befinden.
Insgesamt wurde dabei versucht, alle notwendigen Institutionen ins Boot zu holen: die Wirtschaft, die Arbeitnehmervertretung, natürlich das Militär, aber auch den sozialen Bereich. Es geht auch darum, dass etwa die Aufstockung im Miliz-Bereich verbunden mit mehr Übungstätigkeit auch mit den Notwendigkeiten der davon betroffenen Betriebe in Einklang gebracht wird. Stichwort: temporärer Ausfall von Arbeitskräften.
Mehr aktive Soldaten
Wenn auf der Agenda steht, dass alternative Modelle für den Wehrdienst und den Zivildienst entwickelt werden sollen, dann geht es auch darum, die Zahl der Soldaten zu erhöhen. Derzeit sind beim österreichischen Bundesheer rund 16.000 Berufssoldaten aktiv. Dazu kommen jährlich rund 7.000 Grundwehrdiener. Für die Miliz wird aktuell ein Personalstand von 30.000 angegeben.
Diese Zahlen müssen erhöht werden, um den Herausforderungen der "Mission Vorwärts", wie die Nachrüstung und Neuaufstellung beim Heer intern bezeichnet wird, gerecht werden zu können. Das hatte Verteidigungsministerin Tanner ja bereits bei ihrem Tagesbefehl am 3. März angedeutet: "Wir setzen den Aufbauplan 2032 plus weiter um und ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auch auf das Personal gesetzt. Nicht nur zur Rekrutierung von neuen Frauen und Männern auf einem heiß umkämpften Arbeitsmarkt, sondern auch um weitere Attraktivierungen für unser bereits bestehendes Personal zu erzielen. Daran werden wir auf allen Ebenen des Ressorts arbeiten." Die Ergebnisse der Kommission werden bis spätestens Ende des Jahres erwartet.
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