Polizei-Gipfel: Gespräche sollen weitergehen
Bei einem "Polizeigipfel" mit den Bürgermeistern jener 22 Kärntner Gemeinden, in denen die Polizeidienststellen geschlossen werden sollen, haben Landes- und Kommunalpolitiker einstimmig weitere Verhandlungen mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gefordert. Weigert sie sich, wollen die Bürgermeister eine "Fahrt nach Wien" unternehmen.
Landeshauptmann Peter Kaiser, der zu dem Gespräch geladen hatte, erklärte danach zu den geplanten Schließungen: "Ich erwarte, dass darüber auf Augenhöhe und in vernünftiger Form mit der Ministerin gesprochen wird." Das mehrfach kommunizierte Motto in dieser Causa, "Es fährt die Eisenbahn drüber", sei auf keinen Fall akzeptabel, ein "Drüberfahren" werde abgelehnt.
An dem Gespräch nahmen neben den Bürgermeistern auch Vertreter des Gemeindebundes und der Landtagsparteien teil. Sollte Mikl-Leitner keine Gesprächsbereitschaft zeigen, würden alle 132 Kärntner Bürgermeister geschlossen nach Wien fahren. Kaiser: "Es geht hier um Kärnten, und gemeinsam sind wir stark." Der Beschluss zu dieser Form des Protestes erfolgte einstimmig, über die Parteigrenzen hinweg.
Zu wenig Kommunikation
Kaiser berichtete, die Kommunalchefs hätten vor allem an der Vorgangsweise der Reformverantwortlichen Kritik geübt. Es habe keine Kommunikation und Information der Betroffenen gegeben. Der Landeshauptmann kündigte an, Mikl-Leitner, die sich momentan auf Urlaub befinde, am Montag anrufen zu wollen. Bei der angestrebten Verhandlung gehe es nicht primär um die Zahl der Dienststellenschließungen. "Wir wollen, dass uns endlich alle Daten und Fakten vorgelegt werden, auf denen diese Schließungspläne basieren", betonte Kaiser. Danach solle Rayon für Rayon, also die einzelnen Polizeizuständigkeitsbereiche, gemeinsam durchleuchtet werden. Kaiser: "Wir wollen ein Sicherheitskonzept für Kärnten, das diesen Titel auch verdient." Zugleich betonte er, man sei "lösungsorientiert", vorerst werde dem Weg des Verhandelns der Vorzug gegeben.
Ist es ein Scheingefecht? Oder besteht Hoffnung, dass 22 Kärntner Polizei-Inspektionen nicht geschlossen werden? Peter Kaiser will jedenfalls nicht klein beigeben. Am Freitag lädt der Landeshauptmann zur Bürgermeister-Konferenz.
Das Ziel: die von Schließungen betroffenen Gemeinden sollen auf seinen „Zwei-Stufen-Plan“ (nur einen Teil der Posten schließen, dann evaluieren) eingeschworen werden – eine Kampfansage an Johanna Mikl-Leitner.
Wie berichtet, will die ÖVP-Innenministerin bundesweit 122 Polizeiposten dicht machen; in Wien wird noch verhandelt (siehe Chronik-Teil). Obwohl die Mehrzahl der betroffenen Gemeinden von ÖVP-Bürgermeistern geführt wird (Grafik unten) und Mikl-Leitner garantiert, kein Polizist werde eingespart, sah sie sich dem Vorwurf der Parteilichkeit ausgesetzt.
Kärnten bzw. Kaiser können sich mit der neuen Struktur nicht anfreunden. Hauptargument ist hier – wie anderswo – das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung.
Für die Gemeinde Stall (Bezirk Spittal/Drau) wäre die Schließung der Polizeiinspektion ein „Wahnsinn“, sagt Bürgermeister Peter Ebner (SPÖ). „Wir haben jetzt beim Schneechaos gesehen, wie wichtig die Polizei ist.“ Künftig sei der nächste Posten 32 Kilometer entfernt. „Das können wir uns nicht gefallen lassen.“ Für Hermann Jantschig (FPÖ) ist die Schließung der Inspektion Kirchbach (Bezirk Hermagor) „inakzeptabel“: „Schon angesichts der beiden Asylantenheime.“
Alte Strukturen
Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß – sie hat die Schließung von 30 Posten vorgeschlagen – bezeichnet die Reform als „unumgänglich“: „Wir haben Strukturen, die aus dem 19. Jahrhundert stammen: Die größte Posten-Dichte und dabei die kleinsten Posten.“
Ähnlich sieht die Sache Franz Lang. „Die Bevölkerung mag sich durch einen Posten im Ort sicherer fühlen. Die Praxis zeigt aber, dass es wichtiger wäre, die Beamten ständig auf der Straße zu haben.“ Der Direktor des Bundeskriminalamtes war selbst jahrelang Gendarm, er kennt die Arbeit in der Provinz. Warum kleine Posten nicht automatisch mehr Sicherheit schaffen, erklärt er an einem Beispiel: „Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Einbrecher und haben die Wahl: In einem Ort fahren ein, zwei Polizei-Autos die ganze Nacht lang Streife. Im anderen Ort ist eine Polizeistation, also ein gut beleuchtetes, einsehbares Büro, in dem ständig Polizei anwesend und damit gebunden ist. Wo versuchen sie als Einbrecher ihr Glück?“
Hinzu komme, dass Bürger Wachzimmer selten aufsuchen: „98 Prozent der Einsätze werden durch Anrufe ausgelöst – die Menschen gehen kaum noch in ein Wachzimmer.“ Auch Reinhard Kreissl, der Leiter des Wiener Instituts für Kriminalsoziologie, sieht die Zusammenlegung als Vorteil: „Kosten für Verwaltung und Infrastruktur werden gespart. Auf den Posten selbst kommt es zur Spezialisierung der Beamten. Und insgesamt werden Polizisten freigespielt, um Streifendienst zu machen oder bei Schwerpunktaktionen zu helfen.“
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