Lobbyist Mensdorff-Pouilly: "Ich bereue nix. Aber lustig war das nicht"

Er wehrt sich gegen die Bezeichnung „Waffenlobbyist“ und nennt sich gerne „Bauer“: ein Gespräch mit dem schillernden Mensdorff-Pouilly.
KURIER: Grüß Gott, Herr Graf – darf man das sagen?
Alfons Mensdorff-Pouilly: Sie dürfen es sagen, ich über mich nicht. So steht es im Gesetz.
Sie sind Großgrundbesitzer, Berater und Waffenlobbyist...
Ich war nie in meinem Leben Waffenlobbyist, weil ich keine Waffen verkauft und auch niemandem gesagt habe, er soll welche kaufen. Ich habe ungefähr 30 große Konzerne auf der ganzen Welt beraten, wie sie ihre Produkte verkaufen können. Zum Beispiel habe ich einer großen Firma, die in Rumänien eine Ölfirma kaufen wollte, gesagt, ihr habt vergessen, mit der Gewerkschaft zu reden – natürlich, weil mir das jemand gesteckt hat, den ich dort kenne. Das haben sie getan, und plötzlich konnte das Geschäft nach sieben Jahren abgeschlossen werden.

Sie galten als Missing Link zwischen Waffenfirmen und Käufern.
Das leugne ich nicht. Aber den Waffenlobbyist haben die Medien erfunden, weil das viel aufregender klingt. Ich habe die Verkäufer beraten, nie die Käufer und habe auch nie Provisionen, sondern fixe Monatsgehälter bekommen.
Sie sind verurteilt worden.
Ich bin zweimal in meinem Leben verurteilt worden: einmal wegen falscher Zeugenaussage im Untersuchungsausschuss – genauso wie Bundeskanzler Kurz und viele andere auch. Und das zweite Mal bin ich zu viereinhalb Monaten Fußfessel verurteilt worden, weil ich beim Polizeifunk-Geschäft 1,1 Millionen Euro verdient habe. Was der Herr Rat, also der Richter, als zu viel empfand, obwohl einer der Beteiligten mit diesem Geschäft 48 Millionen Euro verdient hat.
Das war die Telekom.
Bei einem Verdienst von 48 Millionen zahlt man doch gerne eine Million für die Arbeit, die geleistet wurde! Im ersten Moment schaut das nicht nach viel Arbeit aus, aber ich habe mir über Jahrzehnte ein Netzwerk aufgebaut. Daher kannte ich das Motorola-Management. Ich fuhr nach England, um sie zu überzeugen, dass sie die Telekom mit anbieten lassen, ohne in ein Konsortium zu gehen. Das ist mir gelungen, ohne jemandem einen Groschen zu geben.
Dennoch standen Sie immer im Zentrum von Vermutungen, die Drehscheibe für Schmiergelder zu sein. Bereuen Sie etwas?
Ich bereue gar nix. Aber lustig war das nicht. Die Staatsanwaltschaft hat 19 Jahre lang herumgewurschtelt. Was das gekostet hat!
Wandten sich in Ihren Kreisen viele von Ihnen indigniert ab?
Die allerengste Familie! Mein Vater hat mir – mit fast 50 – eine geschmiert! Er hat’s auch nicht ganz verstanden – ungefähr so wie der Richter. Mein Vater war halt ein noch kleinerer Bauer als ich. Zwei, drei alte Onkel in Tschechien waren entsetzt. Aber ich meinte nur: „Ich füttere euch alle, wir werden auch Geld verdienen müssen.“

Hat es sich nun eingerenkt?
Ja, und die Freunde, die ich verloren habe, waren eh keine.
Waren Sie denn nicht auch eine Belastung für Ihre Frau, die damalige Ministerin Maria Rauch-Kallat?
Hundertprozentig! Als Schwarz-Blau kam, fingen die aus der Regierung geflogenen Roten an, zu suchen, um etwas finden und dachten: „Ah, der Mensdorff, der ist verheiratet mit der Rauch – da ist sicher eine Schweinerei“ und haben angefangen, mich zu zerlegen. Sie brachten mich in U-Haft, die ja eigentlich eine Beugehaft war.
War das nicht auch Peter Pilz?
Der hat damals und meines Wissens bis heute nichts aufgedeckt, aber das kommt halt in den Medien gut an. Und eines haben wir hier in Österreich, das nirgendwo so arg ist: Neid und Missgunst!
Sie hatten das Gefühl, die Justiz beteilige sich an einer Hatz auf Sie?
Das ist mein persönliches Gefühl – wobei mir wichtig ist zu sagen, dass es sehr viele anständige und faire Damen und Herren in der zweiten Instanz gibt. Und Hut ab vor der Justizwache! Die erste Nacht im Häfn war ja nicht lustig für mich. Aber dann dachte ich mir, meine Reputation ist weg, jetzt mache ich das Beste draus.
Sie sollen sogar „Stocksprecher“ im Gefängnis geworden sein.
Ja, nach drei Tagen habe ich das Stockwerk übernommen und nach fünf Tagen gesagt: „Ich brauch nicht fünf Leute für die Arbeit, zwei reichen auch.“ Aber da meinte man: „Herr Graf, nehmen Sie zur Kenntnis, wir sind hier im Häfn, und nicht in der Privatwirtschaft.“ Da ging es u. a. um den Essenseinkauf.
In diesen fünf Wochen Gefängnis haben Sie angeblich auch Helmut Elsner aufgebaut.
Ich habe mir gedacht, ich komme da schon raus, ich habe ja nichts angestellt, die sollen mich sekkieren, so viel sie wollen! Aber der Herr Elsner war fertig. Der wollte immer Schach spielen – und war sehr wütend, wenn er verloren hat, was nicht sehr oft der Fall war. Dann habe ich ihn halt immer gewinnen lassen.
War Ihnen nichts peinlich?
Mir war es peinlich für meine Frau, mir selbst war das völlig wurscht.
Sie haben sich selbst einmal als Macho bezeichnet. Sind Sie einer?
Ich bin ein sehr traditioneller alter Mann.
Singen Sie die Bundeshymne so, wie sie Ihre Frau umdichten ließ?
Nein. Das war eine unserer größten Diskussionen. Es tun mir die Frauen dieser Republik leid, dass man ihnen so was antut. Wenn man wenigstens „Menschen“ draus gemacht hätte. Aber dieses Holprige – das kann niemand singen!
Wieso sind Sie beide, obwohl getrennt, nicht geschieden?
Ich bin kirchlich verheiratet, und das kann ich sowieso nicht trennen.
Zum ausführlichen KURIER TV-Gespräch mit Alfons Mensdorff-Pouilly
Als was würden Sie sich jetzt beruflich bezeichnen?
Ich fühle mich als Bauer, als Forst- und Landwirt. Ich bin auch noch immer Eigentümer einer Beratungsfirma.
Welche Kunden haben Sie als Beschuldigter verloren?
2009 als einen der ersten den René Benko – innerhalb von 24 Stunden. Der wollte nichts mehr mit mir zu tun haben.
Ihr Schloss in Luising ist 1989 neu erbaut worden, das in Schottland aber alt. Sind alte Schlösser nicht eher eine Belastung?
Grauenhaft! Es sind ununterbrochen Reparaturen zu bezahlen. Aber wenn man das alles – mit Forst und Jagd usw. – anständig führt und gute Kunden hat, dann kann man es sich auch leisten.
Wie oft sind Sie selbst dort?
Im vorigen Jahr nur einmal. Darum kümmert sich mein Sohn, der den tschechischen und den schottischen Betrieb führt. Ich bin also Gast bei ihm – und er bei mir.

Beraten Sie noch Firmen, die Waffen verkaufen?
Nein – wobei die Europäer jetzt langsam draufkommen, dass man sich verteidigen muss.
Was halten Sie denn von der aktuellen Politik?
Leider haben wir nur Leute ohne Rückgrat in der Politik. So weiß doch jeder, dass das Pensionsantrittsalter steigen muss – und vieles mehr.
Warum sind Waffenkäufe samt der Gegengeschäfte so anrüchig?
Weil früher schon sehr viel Unsauberes gelaufen ist.
Sie saßen fünf Tage lang in einem britischen Gefängnis und wurden freigelassen, weil der Rüstungskonzern BAE Systems, um dessen Geschäfte es ging, freiwillig eine hohe Pönalzahlung an den Staat leistete.
Die Justiz wollte die British Aerospace mit meiner U-Haft zu einem Vergleich zwingen, nach dem Motto: „Jetzt haben wir mal einen Ausländer eingesperrt, wenn ihr nicht schnell einen Vergleich macht, dann kommen die Inländer dran.“ Da hat BAE dann schnell viele Millionen Euro bezahlt – und ich habe 400.000 Pfund Haftentschädigung bekommen.
Für dieses Geld lässt man sich gerne fünf Tage einsperren.
Ja, ich habe den dort wartenden Medien auch gesagt: „Hey, wenn ich das gewusst hätte, wäre ich 14 Tage geblieben. So viel Geld habe ich noch nie verdient, ohne Verantwortung zu haben.“
Der Berater mit Großgrundbesitz in Schottland, Tschechien und Ungarn geriet in Verdacht, Bestechungsgelder von Rüstungskonzernen verteilt zu haben, was sich aber nie erhärtete. 2015 wurde Mensdorff aber in Zusammenhang mit dem Polizeifunk-Deal wegen Untreue zunächst zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt, die Strafe wurde später reduziert. Ein Konsortium aus Motorola, Alcatel und vorübergehend auch Telekom hatte den Auftrag vom Innenministerium nach einer Neuausschreibung erhalten, Mensdorff beriet die Firmen.
Der Graf ist entfernt mit dem britischen und belgischen Königshaus verwandt. Mit Ex-ÖVP-Ministerin Maria Rauch-Kallat ist er verheiratet, lebt von ihr aber getrennt.
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