„Plus zum Bonus nicht erforderlich“: Beamte plagen sich mit Türkis-Blau

„Plus zum Bonus nicht erforderlich“: Beamte plagen sich mit Türkis-Blau
Ministerien befetzen einander beim Texten von Gesetzen. Das hat mit türkis-blauem Kulturwandel zu tun.

Die Tonlage ist mitunter rau. Wer sich die Mühe macht und auf der Parlaments-Homepage die Stellungnahmen durchforstet, die einzelne Ministerien zu den Gesetzesentwürfen anderer Ministerien abgeben, kommt ins Staunen. Da werden grobe Fehler aufgezeigt (EU-Konformität fehlt), seitenweise Belehrungen über korrektes Gesetzestexten verfasst, Inhalte brüsk und fett angemalt zurückgewiesen, Formulierungen verbessert, Grammatikschwächen bemängelt bis hin zum beckmesserischen Einfordern fehlender Leerzeichen („zwischen S.478 fehlt ein Abstand“).

Rechtsanwalt Alfred Noll von der Liste Pilz ist von dem ministeriellen Papierkrieg derart befremdet, dass er eine parlamentarische Anfrage verfasste. „Gibt es in der Vorbereitungsphase von Regelungsmaterien keine Abstimmung zwischen den vom Gegenstand potenziell betroffenen Bundesministerien? Werden die Entwürfe und Ministerialvorlagen von den Kabinetten der Minister erstellt oder von den mit der Materie und der Technik der Gesetzesformulierung vertrauten Abteilungen der Bundesministerien?“, will der Abgeordnete wissen.

Rauer Ton

Noll trifft den Kern der Sache. Ein Experte, der die Gebräuche aus früheren Regierungen kennt, bemerkt auf KURIER-Nachfrage einen Kulturwandel unter Türkis-Blau. Anders als früher seien die Beamten weniger eingebunden, sondern bekämen im türkisen PR-Sprech verfasste Papiere vorgelegt, aus denen sie hurtig Gesetze zu machen haben. Das zeitigt Blüten: Die türkise PR nennt den neuen Kinderabsetzbetrag „Familienbonus Plus“. Die Löger-Beamten übernehmen brav die Diktion, was das nörgelnde Moser-Ministerium beanstandet: „Der Zusatz ,Plus’ ist nicht zur Abgrenzung von einem anderen Absetzbetrag erforderlich. Zudem handelt es sich bei einer Wortkombination von ,Bonus’ und ,Plus’ um einen Pleonasmus.“

Das Löger-Ressort verbessert wiederum Fallfehler des Hartinger-Ministeriums („Statt ,zur Kontrolle deren widmungsgemäßen Verwendung’ müsste es ,zur Kontrolle deren widmungsgemäßer Verwendung’ heißen“) oder des Kanzleramts („Der Präposition ,betreffend’ hätte eine Akkusativ-Konstruktion zu folgen“). Aus dem Hause Köstinger wird eine zweiseitige Marktordnungsnovelle vom Justizministerium auf vier Seiten zerlegt, und ein Weingesetz vom Finanzministerium überhaupt zurück an den Absender geschickt.

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