Pflege & mehr: Regierung im Reformstress

Pflege & mehr: Regierung   im Reformstress
Das türkis-blaue Kabinett hat mehrere heikle Großprojekte in Vorbereitung. Zur Debatte steht auch eine Pflegeversicherung

Wenn die Landtagswahlen mit 22. April (in Salzburg) vorbei sind, bricht eine Wahlpause an. Über Ostern hat Kanzler Sebastian Kurz eine mehrstündige Sitzung einberufen, in der die kommenden Großprojekte erörtert wurden.

Neue Pflegefinanzierung

Das drängendste Problem ist die Pflege. Nach Abschaffen des Pflegeregresses ist das wacklige Gebäude der Pflegefinanzierung endgültig von Einsturz bedroht. Bis Juli haben die Länder noch Zeit, den Bund beim Verfassungsgerichtshof auf Schadenersatz für den Regressverzicht zu klagen. Die Zeit drängt also. Die Regierung will gleichzeitig auch eine langfristige Pflegefinanzierung „vor dem Sommer in Angriff nehmen“. Das wird dem KURIER im Kanzleramt bestätigt. Offen ist, ob beides – das kurzfristige Stopfen des Finanzlochs und die dauerhafte Pflegefinanzierung – in einem oder in zwei Schritten vollzogen wird.

Für die dauerhafte Lösung sind zwei Varianten im Gespräch: eine Steuerfinanzierung wie derzeit oder eine neue Pflegeversicherung. Letztere deutete Kurz vor einigen Monaten in einem KURIER-Interview an. Damals sagte er, er halte „den Solidargedanken für grundrichtig, dass wir Lebensrisiken gemeinsam absichern“. Nötig sei „ein Pflegesystem, das Altern in Würde ermöglicht“. Bei der Pflegefinanzierung wolle er auf den Grundsatz der Solidarität zurückgreifen.

So weit Kurz im Mai 2017. Aus dem Koalitionspakt wird man nicht recht schlau. Dort steht einerseits die Steuerfinanzierung, andererseits aber auch, dass ein Konzept zur langfristigen Finanzierung der Pflege erst auszuarbeiten sei. Auf Nachfrage heißt es dazu in der Regierung: „Es liegen beide Varianten auf dem Tisch, eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.“

Strukturelle Steuerreform

Eine Pflegeversicherung würde auf höhere Abgaben hinauslaufen – das Gegenteil dessen, was Kurz versprochen hat. Insofern trifft es sich gut, dass Finanzminister Hartwig Löger als nächstes Großprojekt gerade eine strukturelle Steuerreform vorbereitet. Im Zuge dieser Reform könnte „umgeschichtet“ werden – es könnten andere Abgaben gesenkt werden, sodass am Ende trotz neuer Pflegeversicherung eine Entlastung heraus kommt. Lögers Ziel lautet, dass die strukturelle Steuerreform mit Jahresende fertig verhandelt ist und im Frühjahr 2019 bereits ins Parlament geht.

Kassenreduktion

Mit der Steuerreform einher geht eine Reform der Krankenkassen. Noch vor dem Sommer will Kurz die Kassenzusammenlegung unter Dach und Fach bringen. Das wird ein harter Brocken mit Ländern und Sozialpartnern. Die Regierung besteht auf nur mehr fünf Kassen, und sie will die Sozialversicherungsbeiträge harmonisieren und über die Finanzverwaltung einheben. Für Länder und Sozialpartner bedeutet dies einen Verlust an Einfluss und Personal.

Staatsreform oder Rücktritt

Bis Jahresende will Reformminister Josef Moser eine Staatsreform mit den Bundesländern zusammen bringen. Da geht es um den Artikel 12a der Bundesverfassung, in dem der große Brocken der gemischten Zuständigkeit für die Krankenanstalten enthalten ist. Moser hat kürzlich im KURIER-Interview deponiert: Wenn ihm keine Staatsreform gelinge, werde er seinen Ministerposten räumen.

Mindestsicherung

Die Mindestsicherung soll bundesweit einheitlich werden. Doch es spießt  sich mit den Ländern. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein droht nun den Ländern mit einem „Grundsatzgesetz“, in dem der Bund den Ländern Standards für die Mindestsicherung vorgibt.  Das ginge aber nur auf der Basis jenes Artikel 12 der Bundesverfassung, den Moser in seiner Staatsreform eigentlich abschaffen will...

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