Mysteriöses Treffen: Warum beruft der US-Verteidigungsminister Top-Militärs ein?

Schlicht „seltsam“ nennt es ein US-Beamter. Einen „höchst ungewöhnlichen“ Vorgang die Washington Post. Die Zeitung hatte als Erstes über die Anweisung von US-Verteidigungsminister Pete Hegseth berichtet, die oberste Militärführung seines Landes auf dem Marinestützpunkt in Quantico in Virginia zu versammeln.
Es geht Berichten zufolge um Hunderte Offiziere im Rang eines Brigadegenerals oder höher bzw. in einem gleichwertigen Rang in der Marine sowie ihre obersten Unteroffiziere. Sie müssen, so der Befehl Hegseths, alles stehen und liegen lassen, um am Dienstag aus aller Welt zu einem Treffen in dem US-Bundesstaat zu eilen. Gründe oder eine Tagesordnung hat das Verteidigungsministerium nicht genannt – und damit die Gerüchteküche mächtig angeheizt.
„Es gibt häufig Treffen von Offizieren zu bestimmten Zwecken“, schreibt Mark Cancian, ehemaliger Offizier des U. S. Marine Corps und heute Forscher am Center for Strategic and International Studies. Das Ausmaß dieses Treffens sei jedoch „beispiellos“.
Loyalitätsbekenntnis
Mögliche Themen seien die neue Nationale Sicherheitsstrategie (künftig weniger Fokus auf China und Russland, mehr auf innere Sicherheit) sowie organisatorische Änderungen. So gebe es etwa Gerüchte über eine Zusammenlegung des European Command und des Africa Command.
Vor allem aber dürfte Hegseth, ein ehemaliger Fox News-Moderator, ein Loyalitätsbekenntnis der Top-Militärs einfordern. „Vielleicht möchte er die Truppen versammeln und eine Botschaft vermitteln: mitmachen oder gehen.“ Ein Beamter des Weißen Hauses beschreibt es gegenüber CNN ähnlich: „Es soll eine Machtdemonstration dessen sein, wie das neue Militär unter dem Präsidenten jetzt aussieht.“
In US-Medien kursiert auch eine weitere Theorie, nämlich jene von Massenentlassungen. So treibt Hegseth, den US-Präsident Donald Trump „Kriegsminister“ nennt, seit Amtsantritt den Umbau des Ressorts voran. Erst im Mai entließ er hochrangiges Personal – und mit dem angekündigten Treffen sorgt er nun für weitere Verunsicherung.
Auf Anfrage des Kongresses erklärte das Pentagon am Freitag schließlich vage, es gehe Hegseth darum, „seine Absichten für das Department mitzuteilen“, darunter Leitlinien zu „militärischen Fitnessstandards“.
Teure Reise
Kritiker prangern nun Ressourcenverschwendung an. Eine Quelle in der Washington Post spricht von Millionen US-Dollar allein für die Reisekosten der Top-Militärs für die nur eine Stunde dauernde Veranstaltung. Auch die Sicherheitsmaßnahmen seien ein „Albtraum“, so Experte Cancian, der auch vor Lücken in der weltweiten Befehlskette warnt. „Zwar werden weiterhin stellvertretende Kommandanten im Amt sein, doch könnte die große Zahl der Abwesenden eine Schwachstelle darstellen.“
Und: "Es ist nicht klar, warum dies nicht in einer vertraulichen Videokonferenz hätte erfolgen können, anstatt alle physisch nach Quantico zu bringen."
Zumal auch der Zeitpunkt heikel ist: Das Treffen fällt auf den 30. September, wenn der vom Parlament gebilligte US-Haushalt ausläuft. Sollte im Haushaltsstreit ein Government Shutdown, also ein drohender Stillstand der Arbeit in US-Regierungsbehörden drohen, könnten wichtige Personen in Virginia festsitzen.
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