Neuer Hilferuf des Heeresministers

Neuer Hilferuf des Heeresministers
2017 hatten ÖVP und FPÖ mehr Geld für die Armee vorgesehen. Jetzt kracht das Budget.

Die sonst so zurückhaltende Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein soll beim Ministerrat alles andere als „amused“ gewesen sein. Grund für ihre veritable Verstimmung war Verteidigungsminister Thomas Starlinger. Ihre oberste Prämisse ist Verwalten, aber keine politischen Kampagnen zu fahren. Wie der neue Heeresminister agiert, fällt für Bierlein genau in diese Kategorie.

Zuerst der Beschluss, die Sicherheitsschule in Wiener Neustadt stoppen zu wollen. In der Vorwoche verkündete er dann, dass „das Bundesheer 2020 pleite“ sei. Gestern die nächste Hiobsbotschaft: Aus Finanznot wird die Leistungsschau am 26. Oktober, die zwei Millionen Euro kostet, gestrichen. Insgesamt müssen im System 47 Millionen Euro gefunden und eingespart werden. Wie der KURIER in Erfahrung brachte, fällt auch die traditionelle Militärparade zum Abschluss der Ausmusterung der Offiziere an der Theresianischen Militärakademie im Herbst den Sparmaßnahmen zum Opfer.

Auch im Finanzministerium versteht man die Taktik von Starlinger nicht. Kein Gespräch habe der Minister mit dem Finanzministerium bis jetzt gesucht, heißt es aus dem Finanzressort. „Die zwei Millionen Euro scheinen überwindbar.“ Nächsten Freitag findet nun ein Termin zwischen Starlinger und Finanzminister Eduard Müller statt.

Notruf als Chance

Doch was treibt Starlinger an, im Wochentakt auf den desaströsen Status quo hinzuweisen? Der Minister selbst bezeichnet sich als „Soldat durch und durch“.

Seit Jahrzehnten beobachtet der Offizier, wie das Bundesheer dezimiert wird. Seine Zeit als Minister sieht er selbst als „Chance“. Starlinger will das Bewusstsein schaffen, dass das Heer vor dem Bankrott steht. Da ist ihm die Absage der populären Leistungsschau als medienwirksamer Notruf gerade recht. Sogar das Geld „für die Stromrechnung, die Munition und den Treibstoff fehlt 2020“, sagt Starlinger.

Auch Ex-Heeresminister Hans-Peter Doskozil – in seiner Amtszeit gab es eine strukturelle Budgeterhöhung von 1,3 Milliarden Euro bis 2020 – versteht Starlingers Vorgangsweise: „Ein Minus von 300 Millionen Euro im Budget, muss man erst einmal verkraften.“ Die Ursache für die Misere analysiert Doskozil so: „Wenn man sich die beiden Sicherheitsressorts anschaut, dann gibt es im Innenministerium keinen Sparkurs. Hier hat sich Kickl gegen Kunasek parteiintern durchgesetzt“.

ÖVP auf der Bremse

Die FPÖ wiederum ortet die Schuld bei ihrem ehemaligen Koalitionspartner ÖVP. Alle, die Sebastian Kurz kennen, wissen, dass der Altkanzler kein Faible für das Militär hat, heißt es bei den Blauen.

„Die Alt-ÖVP und auch die ÖVP-Landeshauptleute sehen das anders als die Kurz-ÖVP“, bestätigt Doskozil die türkise Pattsituation.

Dem KURIER liegt exklusiv ein Dokument vor, das während der Regierungsverhandlungen im Dezember 2017 von Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ) ausverhandelt wurde. Mit ihren Unterschriften besiegelten die beiden das Militär-Paket.

Die türkis-blaue Vereinbarung sah ein Bundesheerbudget für 2018 in der Höhe von 2,5 Milliarden Euro vor, sowie eine jährliche Steigerung in der Regierungsperiode auf zumindest 3 Milliarden Euro – das wäre ein Prozent des BIP. Eine langjährige Forderung des Generalstabs. Aber es kam anders: Sechs Wochen später wusste die ÖVP von diesem Pakt nichts mehr und nannte, so ein Militär-Insider, ein „Heeresbudget für das Jahr 2018 in der Höhe von 2,05 Milliarden Euro als Bedingung“. Um 500 Millionen weniger, als der Deal vorgesehen hatte. Nach intensiven Verhandlungen wurden es dann 2,26 Milliarden sowie eine Zustimmung für ein Hubschrauber- und Mobilitätspaket von 400 Millionen Euro.

Weil die Koalition Mitte Mai platze, konnte kein neues Budget ausverhandelt werden. Nun muss das Budget von 2019 in der Größenordnung von 2,28 Milliarden für 2020 fortgeschrieben werden. So verlangt es das Bundesfinanzrahmengesetz. Das bringt Starlinger nun ordentlich in die Bredouille.

Warum eigentlich, Gerald Karner

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