Neue Regierung: Wer Schlüsselministerien bekommen könnte
Der Countdown läuft, am kommenden Sonntag sind Nationalratswahlen.
Unmittelbar darauf ist dann der Bundespräsident gefragt. In der Disziplin "Regierungsbildung" ist Alexander Van der Bellen in Top-Form, immerhin hat er im Mai und im Juni mehrere Kabinette gebildet und angelobt. Die gesammelte Erfahrung wird er gut brauchen können, denn die bevorstehende Regierungsbildung verspricht kompliziert zu werden.
Zum Aufwärmen gleich nach der Wahl stehen leichtere Übungen auf dem Hofburg-Programm: langjährigen Usancen entsprechende Routineschritte.
Demissionierung am Dienstag
So wird üblicherweise am Dienstag nach der Wahl die amtierende Bundesregierung in der Hofburg erwartet, damit sie dem Bundespräsidenten ihre Demissionierung anbietet, erklärt der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Ludwig Adamovich. Dass es sich bei der amtierenden Regierung um ein Beamtenkabinett handelt, ändere an der Praxis nichts. „Ich sehe nicht, warum es diesmal anders sein sollte“, so Adamovich.
Das „Angebot der Demissionierung“ sei rechtlich nicht vorgeschrieben, erfolge aber aus Respekt gegenüber dem Parlament, das sich auf Basis des neuen Wahlergebnisses neu zusammensetzt. Der Bundespräsident nimmt die Demissionierung an und betreut die Beamtenregierung „uno actu“ (gleichzeitig) mit der Fortführung der Amtsgeschäfte.
Das Kabinett Bierlein wird so lange die Geschäfte weiterführen, bis eine neue Bundesregierung gebildet ist.
Und das kann dauern.
Rascher Auftrag
Nicht lange dauern wird es, bis der Bundespräsident – nach allen Umfragen wohl ÖVP-Chef Sebastian Kurz – den Regierungsbildungsauftrag erteilt. Adamovich geht davon aus, dass dies rasch erfolgen wird. Auf das amtliche Endergebnis und die Konstituierung des Nationalrats binnen 30 Tagen nach der Wahl muss der Bundespräsident nicht warten. „Das ist eine getrennte Schiene“, sagt Adamovich.
Drei Regierungsvarianten
Gemäß allen Umfragen sind nach der Wahl drei Regierungsvarianten mit parlamentarischer Mehrheit möglich: Türkis-Rot. Türkis-Blau. Türkis-Grün-Pink.
Gegen Türkis-Rot spricht so viel, dass sich die Frage stellt: Was müsste passieren, damit diese Variante den Funken einer Chance hat?
Eine Antwort lautet: Es müssten ausgleichende Persönlichkeiten gefunden werden, die miteinander können. In Wirtschaftskreisen erinnert man sich dieser Tage positiv an Josef Ostermayer, der als Verhandlungsprofi in der zweiten Reihe hinter Kanzler Werner Faymann so manchen Kompromiss zustande brachte. Freunde Ostermayers bezweifeln aber, dass der Wohnbaumanager in die Politik zurück will. Aus der Wiener Partei – und die wird nach der Wahl in der SPÖ die Marschrichtung vorgeben – wird Finanzstadtrat Peter Hanke als kommender Mann forciert. Hanke gilt als ausgleichend, nervenstark und versiert. Er könnte als Scharnier in einer türkisroten Koalition (hinter der Parteiobfrau an zweiter Stelle) eine Schlüsselrolle bekommen.
Innenministerium: Begehrt und umstritten
Eine Schlüsselfrage ist auch, wer das Innenministerium übernimmt. Bei Türkis-Blau will es die FPÖ erneut besetzen. In den beiden anderen Konstellationen wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit an die ÖVP gehen – und es gibt auch schon eine Favoritin für den Posten: die strenge ÖVP-Lady Karoline Edtstadler. Sie war als EU-Kommissarin vorgesehen, doch wegen des Zerbrechens von Türkisblau war Sebastian Kurz nicht Kanzler und konnte in Brüssel nicht für sie lobbyieren.
Sozialpartner grün-pink?
Sollten Grüne und Neos in die Regierung kommen, werden sie wohl mindestens jeweils zwei Ministerien beschicken. Für Grünen-Chef Werner Kogler wird ein um Umwelt und Energie angereichertes Infrastrukturministerium kolportiert. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger gilt als Fixstarterin für das Bildungsressort, wobei die ÖVP auf diesen Zukunftsbereich nicht gerne verzichten will.
Die Zweiten in den Kleinparteien
Wer sind hinter den Parteichefs die Zweiten in den Kleinparteien? Bei Neos gilt der scharfzüngige Kammerjäger Sepp Schellhorn als Ministerkandidat, bei den Grünen wird Ex-Landesrätin Astrid Rössler als mögliche Sozialministerin genannt. Schellhorn und Rössler – die pink-grünen Salzburger wären dann das Sozialpartner-Couple der Regierung.
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