Einreiseverbote aus Großbritannien ab Dienstag

British-Airways-Flugzeuge
In Hannover wurde ein aus London kommender Passagier positiv getestet. Die Virusmutation in Großbritannien sorgt dafür, dass viele Länder die Flugverbindungen kappen, Österreich ab Dienstag.

Die in Großbritannien entdeckte Variante des Coronavirus bereitet den Behörden im Vereinigten Königreich, aber zunehmend auch in EU-Ländern große Sorgen. Österreich wird ein Landeverbot für aus Großbritannien kommende Flugzeuge ab Dienstag verhängen. Nach einem Zwangsaufenthalt auf dem Flughafen Hannover für 62 Passagiere aus Großbritannien hat sich ein Fluggast als Covid-19-positiv herausgestellt. Weitere Labortests sollten nun klären, ob der Passagier sich mit der neuen, besonders ansteckenden Variante des Coronavirus infiziert habe.  Der betroffene Fluggast und die Begleitpersonen würden nun in einem Quarantäne-Transport zu ihrem Zielort gebracht. Dort müssten sie „separiert“ werden.

Total-Lockdown in England wegen mutiertem Corona-Virus

"Diese Virus-Variante ist außer Kontrolle, und wir müssen sie wieder unter Kontrolle bekommen", sagte der britische Gesundheitsminister Matt Hancock am Sonntag der BBCPremierminister Boris Johnson sagte, ersten Erkenntnissen zufolge sei die Mutation "bis zu 70 Prozent ansteckender" als die bisher verbreitete Form des Coronavirus. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass die Variante schwerere Krankheitsverläufe auslöse oder eine höhere Sterblichkeitsrate. Zudem gehen die Behörden bisher davon aus, dass Impfstoffe auch gegen die Mutation wirksam sind.

Sorgen um Gesundheitssystem

Minister Hancock sagte, er mache sich große Sorgen um das Gesundheitssystem. Derzeit seien mehr als 18 000 Infizierte in den Krankenhäusern, das seien fast so viele wie zum Höhepunkt der ersten Infektionswelle im Frühjahr. "Das ist ein weiterer Grund dafür, dass alle sich an die neuen Regeln halten und persönlich Verantwortung übernehmen müssen", sagte er. Dem Sender Sky News sagte Hancock, jeder müsse sich so verhalten, als sei er mit Corona infiziert. "Das ist der einzige Weg, wie wir das Virus unter Kontrolle bekommen können."

Ausgangssperren dauern "noch Monate"

Wegen der raschen Ausbreitung der neuen Virus-Variante gilt in London und anderen Gegenden in Südostengland seit Sonntag ein neuer Shutdown mit weitreichenden Ausgangssperren, auch für die Weihnachtstage. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die schärferen Maßnahmen noch Monate in Kraft bleiben müssten, bis flächendeckend geimpft werden könne, sagte Hancock.

Auch das österreichische Gesundheitsministerium arbeitet an einem Verbot, das Landeverbot soll ab Dienstag gelten. Italien will ebenfalls Flüge von den britischen Inseln verbieten. In Italien soll ein Fall bereits aufgetaucht sein. Außerhalb Großbritanniens waren zuvor elf Fälle der Virus-Mutation gemeldet worden - neun in Dänemark und je einer in den Niederlanden und Australien.

Virologen melden jedoch Skepsis an, ob die Mutation tatsächlich um so viel ansteckender sei, wie die britischen Politiker behaupten.

Schallenberg informierte GB bereits

Die Politik ist hingegen vorsichtig.  Auch Österreich wird ein Landeverbot aussprechen. Eine entsprechende österreichische Verordnung trete am 22. Dezember (Dienstag) um 00.00 Uhr in Kraft und ende mit Ablauf des 1. Jänner 2021. "Rasche Maßnahmen sind in dieser gefährlichen Situation das Gebot der Stunde", ließ Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wissen. "Wir müssen mit allen Mitteln verhindern, dass diese gefährliche Virusmutation zu uns eingeschleppt wird", argumentierte Schallenberg in einer Mitteilung an die APA. "Wir haben Großbritannien bereits darüber informiert, dass wir zum Schutz unserer Bevölkerung diese einschneidende Maßnahme treffen müssen. Die Mutation zeigt die große Gefahr, die weiterhin von diesem Virus ausgeht."

Bereits aktuell gebe es strenge Auflagen, betonte das Gesundheitsministerium: Großbritannien wird als Staat mit erhöhtem Infektionsrisiko angesehen, weshalb für Einreisende eine Quarantänepflicht gilt. Ein Freitesten aus der zehntägigen Quarantäne ist frühestens nach dem fünften Tag möglich.

Neos fordert sofortiges Handeln

Die Opposition macht unterdessen Druck: "Die Bundesregierung darf jetzt nicht schlafen oder wird wieder wie in Ischgl 'alles richtig machen', fordert Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. "Während die Niederlande bereits alle Flüge aus dem Vereinigten Königreich sperren, werden Ankommende in Österreich nicht einmal getestet. Hier muss unverzüglich reagiert werden. Alle Flüge müssen gestoppt und die bis dahin ankommenden sofort getestet und in Heimquarantäne gebracht werden. Wegen der bisher chaotischen Antwort auf das Virus ist das österreichische Gesundheitssystem bereits massiv belastet, jetzt muss alles getan werden, dass diese neue Variante sich nicht auch noch in Österreich ausbreitet", fordern die Pinken.

Immer mehr EU-Länder kappen Verbindung zu UK

Alarmiert sind inzwischen zahlreiche europäische Länder. Sie versuchen zu verhindern, dass diese ansteckende Virusvariante auf den Kontinent überspringt.  Belgien, Bulgarien, Frankreich, Irland, Luxemburg, die Niederlande und  Schweden kündigten ein Kappen der Flug- und mitunter sogar anderer Verkehrsverbindungen an. So haben die Niederlande auch den Fährverkehr gekappt.  Auch Polen setzt die Flüge aus dem Vereinigten Königreich aus. Deutschland will die Reisemöglichkeiten nach Großbritannien sowie Südafrika einschränken, genau wie die Schweiz. Ab Mitternacht sind Landungen aus Großbritannien untersagt, wie aus einer Verfügung des deutschen Verkehrsministeriums vom Sonntag hervorgeht.

Nacht auf Feldbetten

Auf dem Flughafen Hannover mussten Passagiere, die aus London gekommen waren, die Nacht auf Montag auf Feldbetten verbringen. Bis zum Vorliegen des Corona-Testergebnisses müssten sie auf dem Flughafengelände bleiben, sagte eine Sprecherin der Region Hannover. Erwartet werde, dass dies am Montag der Fall sei - das stehe aber noch nicht fest. Die Reisenden zeigten „ziemlich viel Verständnis für die Maßnahmen“, betonte er. Auch in Frankfurt/Main mussten 120 Passagiere die Nacht im Transitbereich verbringen.

Auch zahlreiche außereuropäische Staaten stellten die Flugverbindungen mit Großbritannien ein, darunter Saudi-Arabien, der Iran, Kanada, Argentinien und Chile. In den USA wurden hingegen zunächst keine Maßnahmen im Reiseverkehr mit Großbritannien verkündet. Admiral Brett Giroir, der für das Corona-Testprogramm der Regierung verantwortlich ist, sagte im TV-Sender ABC, er halte die Einstellung des Flugverkehrs mit Großbritannien derzeit nicht für notwendig.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen und Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, erörterten in einem Telefonat die neue Corona-Lage in England. 

Am Montag kommen die EU-Botschafter der 27 Mitgliedstaaten in Brüssel zu einem Krisentreffen zusammen. Nach Angaben eines EU-Vertreters wollen sie unter anderem über Flugverbote und eine Testpflicht für Reisende aus Großbritannien beraten.

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