Was für ein Angebot! Es gibt Zirbenherzen und Flaschenöffner, Jausenboxen und weiße Tennissocken. Mancherorts werden Lineale und Luftballons verteilt, bei anderen Gelegenheiten kann man sich mit Gewürztee, Pez-Zuckerl und Traubenzucker eindecken. Und natürlich gibt es auch diesmal wieder die „Klassiker“: Gummibärchen (wahlweise vegan oder mit tierischer Gelatine), Kulis und Feuerzeuge.
Der laufende Nationalratswahlkampf mag andere Kandidaten und ein andere Themenlandschaft haben als frühere Wahlgänge.
Eines aber scheint unverändert: Die Parteien verteilen jede Menge Geschenke bzw. „Give-aways“, wie die kleinen Mitbringsel im Agentur-Deutsch heißen.
Dass die mit Parteilogos und -slogans bedruckten Filzstifte, Sonnenbrillen oder Wasserbälle einen massiven Einfluss auf die Wahl-Entscheidung haben könnten, glauben nicht einmal die einfältigsten Wahlhelfer. Wäre ja auch fatal, würde ein geschenkter Radiergummi die Weltsicht ändern.
Umso mehr stellt sich darob die Frage: Warum verschenken die wahlwerbenden Parteien immer noch all diese Gegenstände? Könnten sie ihr ohnehin gesetzlich begrenztes Wahlkampfbudget nicht besser einsetzen?
Stefan Sengl hat einst die Kampagne zur Wiederwahl von Bundespräsident Heinz Fischer geführt. Als Chef einer PR-Agentur weiß er genau, warum die Parteien an Wahlgeschenken festhalten.
Der einfachste Grund für die obligaten Manner-Schnitten und Gummibären in der Fußgängerzone ist dieser: Man muss zunächst einmal irgendwie ins Gespräch kommen. „Und das gelingt immer noch am einfachsten, indem man Menschen mit einer Kleinigkeit wie einem Frühstückssackerl eine Freude bereitet.“
Wobei es natürlich auch hier durchaus Unterschiede gibt.
Süßigkeiten, Buntstifte und Luftballons sind für Eltern mit Kindern ein guter Gesprächseröffner.
Wer auf Jungwähler abzielt, kommt mit flott bedruckten Kondomen sehr einfach ins Plaudern. „Und abgesehen davon“, sagt Sengl, „kann man mit der Auswahl der Gegenstände zusätzlich eine politische Botschaft platzieren“.
Wenn beispielsweise die Grünen entlang eines Radweges Regenschutz-Kappen für Fahrrad-Sattel verteilen, transportieren sie gleichzeitig die Botschaft: Wir haben etwas für Fahrradfahrer übrig.
Mitunter muss man auch hier Abstriche machen. So haben sich beispielsweise die Freiheitlichen dazu entschieden, ihre Wahlkampf-Geschenke ausschließlich in Österreich zu beziehen, um möglichst patriotisch zu erscheinen.
Das Werben mit Werbe-Artikeln „Made in Austria“ hat aber seine Tücken. Denn eines der bei FPÖ-Wählern besonders beliebten Gimmicks, die Feuerzeuge, musste kraft dieser Festlegung ausgeschieden werden. Der Grund: In Österreich gibt es kein Unternehmen, das Feuerzeuge herstellt.
Vertraut
Abgesehen vom „Ins-Gespräch-Kommen“ haben Wahlkampf-Geschenke auch einen subtilen Sinn: Sie können Vertrauen schaffen.
Wie das?
Die Werbe-Psychologie beschreibt dieses Phänomen als den „Mere Exposure“-Effekt. Er besagt vereinfacht gesagt Folgendes: Je öfter man einem Ding oder einer Person ausgesetzt ist, desto vertrauter wird sie. „Wenn ich ein Feuerzeug mit einem Partei-Logo jeden Tag zwanzig Mal in die Hand nehme, werden mir das Logo und die Partei vertraut“, sagt Sengl.
Vertrautheit erzeugt unbewusst Vertrauen, das mitunter zu Sympathie führt. Und die kann jede Partei gebrauchen. Nicht nur im Wahlkampf – aber da besonders.
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