Pädagogik-Paket: Regierung sieht Ende von "linken Experimenten"

Bundeskanzler Kurz sieht keine Abkehr von Multilateralismus
Die Reform sei ein "sehr notwendiger Schritt" in Richtung mehr individuelle Förderung, erklärte Kurz.

Der Nationalrat wickelt am Mittwoch die zweite Etappe seines vorweihnachtlichen Marathons ab. Nach EU-Erklärungen von Kanzler und Vizekanzler hat der Nationalrat das Pädagogikpaket, das etwa verpflichtend Ziffernnoten an Volksschulen bringt, beschlossen.

Man mache Schluss mit "Versuchen und Herumdoktern", betonte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach dem Ministerrat. Die "linken bildungspolitischen Experimente der letzten Jahre" hätten das Schulsystem nicht weitergebracht, sagte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ).

"Schüler brauchen Bewertung"

Die Reform sei ein "sehr notwendiger Schritt" in Richtung mehr individuelle Förderung, erklärte Kurz. In den vergangenen Jahren habe es im Bildungsbereich viele Veränderungen gegeben, die allerdings zu Verwirrung geführt hätten - das beende man nun. Schüler brauchten Bewertung, Leistung solle sich lohnen, stimmte Strache zu. Es sei ja auch wichtig, dass sich die Eltern orientieren können.

Mit dem Paket werden an den Volksschulen ab dem zweiten Semester der 2. Klasse wieder verpflichtend Ziffernnoten eingeführt - gleichzeitig wird aber in allen Klassen zumindest zusätzlich alternativ mit Kompetenzrastern beurteilt. Außerdem können Schüler grundsätzlich ab der zweiten Klasse wieder sitzenbleiben.

Auch die Erhöhung der Beamtengehälter, eine Nulllohnrunde für Politiker mit hohen Gehältern und die umstrittene neue Umweltverträglichkeitsprüfung für Großprojekte stehen heute noch im Nationalrat am Programm.

In einer Fragestunde musste zunächst Bildungsminister Faßmann das Pädagogikpaket der Regierung verteidigen. Die Fragen der Abgeordneten bezogen sich vor allem auf die Themen Vorschule, Digitalisierung, und Universitätenfinanzierung. Bei letzterer wurden 1,3 Milliarden zusätzliche Mittel angekündigt (die die ÖVP noch in der vergangenen Legislaturperiode abgelehnt hatte).

Keinen Handlungsbedarf sieht der Bildungsminister auf Anfrage der Liste Jetzt (vormals Liste Pilz) bei Hass-Postings gegen eine Schuldirektorin, mit losgetreten durch Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Der Frau war ein Verbot von Weihnachtsdekoration in den Gängen der Schule aus Brandschutzgründen vorgeworfen worden. Ein "Missverständnis", wie Faßmann betonte - immerhin gebe es einen Christbaum in der Aula. Ein Gespräch mit Strache gab es nicht.

Für 15.00 Uhr ist zusätzlich eine "Dringlichen Anfrage" zum Thema Bildung an Faßmann geplant.

Nationalrat beschließt Pädagogikpaket

Kurz' umfunktionierte Rede

Die anschließenden Erklärungen von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache ( FPÖ) waren ursprünglich dem Brexit gewidmet. Da das Referendum in Großbritannien aber verschoben wurde, wurden sie "umfunktioniert": Die Regierungsspitze zieht im Nationalrat Bilanz der Ende des Jahres endenden EU-Ratspräsidentschaft.

Zu Beginn seiner Rede drückte Kurz seine Wünsche für die Betroffenen der Terror-Attacke in Strassburg aus. Dann ging er hurtig dazu über, die Trendwende in der europäischen Migrationspolitik zu loben, die durch die Bemühungen Österreichs entscheidend vorangetrieben worden sei. Außerdem gelungen: die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und das Engagement zur Annäherung des Westbalkans an die EU.

Auch Vizekanzler Strache zeigte sich von den Fortschritten durch den österreichischen Ratsvorsitz begeistert - und zwar hinsichtlich Tourismus, Sport und Sicherheit.

EU-Vorsitz im Nationalrat unterschiedlich bewertet

Aufgabenorientierte Vergabe der Mittel für Kinderbetreuung gestrichen

Die vor zwei Jahren von der SPÖ-ÖVP-Regierung beschlossene aufgabenorientierte Vergabe der Mittel für die Kinderbetreuung ist Geschichte. Unter Kritik der Opposition wurde sie am Dienstag - von der Regierungsmehrheit - aus dem Finanzausgleichsgesetz gestrichen.

Als "Einstieg in den Umstieg" zur Aufgabenorientierung und Abgabenautonomie hatte die ÖVP - damals noch in Koalition mit der SPÖ - Ende 2016 die kriteriengesteuerte Vergabe der Ertragsanteile für Kindergärten ab 2018 und für Pflichtschulen ab 2019 gefeiert. Die Ertragsanteile sollten nur mehr nach Faktoren wie Kinderanzahl oder Öffnungszeiten vergeben werden, in jenem Verhältnis, in dem die Gemeinden im Bereich der Elementarbildung Aufgaben übernehmen.

FPÖ: Länder haben Geld "mit der Gießkanne" verteilt

Daraus wurde aber nichts, denn bis zum Herbst 2018 konnte man sich auf Ebene der Länder nicht auf entsprechende Kriterien verständigen. Dass deshalb jetzt die Aufgabenorientierung gleich ganz aus dem Gesetz gestrichen wurde, kritisierten SPÖ, NEOS und die Liste Jetzt (früher Pilz) vehement. Die Regierungsfraktionen verteidigte den Schritt. Die Länder hätten das Geld des Bundes "mit der Gießkanne" verteilt, merkte die FPÖ an. Mit der Novelle wurden zudem Geld zum Kindergartenausbau gemäß der 15a-Vereinbarung lockergemacht.

Über neue Einnahmen freuen kann sich der Finanzminister: Über eine Novelle des Tabaksteuergesetzes wurde der Verkauf von (bisher in Österreich nicht auf legalem Weg angebotenem) Tabak zum Erhitzen in Trafiken erlaubt. Das sollte fünf bis zehn Millionen Steuereinnahmen bringen.

 

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