„Das ist eine Schweinerei“, erklärt Otto Engleitner, der bei seinem Friedhofsbesuch erst durch Polizeibeamte auf den Brandanschlag aufmerksam wird. „Extremismus ist in jede Richtung abzulehnen.“ Seine Frau Barbara fügt hinzu: „Die große Mehrheit der Menschheit will mit Gewalt nichts zu tun haben.“
167 Übergriffe
Am frühen Nachmittag will sich auch Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, am Tatort ein genaueres Bild machen. Zum KURIER sagt er: „Wir dürfen diesen Vorfall nicht als Einzelfall sehen. Seit dem Überfall der Hamas-Monster auf Israel steigt weltweit der Antisemitismus.“ Alleine in Österreich hätte es in den vergangenen drei Wochen 167 Übergriffe gegeben.
Nicht ganz seiner Meinung ist der Leiter des jüdischen Friedhofs auf dem „Zentral“, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er vertritt die Auffassung, dass zu viel Aufregung in diesen Tagen nur in die Hände der antijüdischen Kräfte spiele.
Zu den vergleichsweise wenigen Besuchern des östlichsten Teils des Friedhofs zählen auch zwei Ehepaare aus Bayern, die ihre Wien-Besuche auf der weitläufigen Ruhestätte in Simmering ausklingen lassen. Sie haben von dem Anschlag am Vormittag im Radio gehört. Für das Quartett ist „unbegreiflich, dass jemand heute noch die Religion eines anderen nicht respektieren kann und dann auch noch mit Füßen tritt“.
Bis in die Abendstunden sind die Ermittler des Verfassungsschutzes und der Brandgruppe des Landeskriminalamtes Wien bei ihrem Einsatz im rundum abgesperrten Friedhofsgebäude vor dem Kuppelbau zu sehen. Vorerst konnten keine Brandbeschleuniger festgestellt werden. Ob in der Nacht ein Fenster eingeschlagen wurde oder durch die Flammen geborsten ist, ist auch noch unklar.
IKG-Präsident Oskar Deutsch gibt sich bei seinem Friedhofsbesuch absolut kämpferisch: „Die beste Antwort gegen Antisemitismus ist jüdisches Leben. Alles geht weiter, muss weitergehen, alles findet statt. Denn das, was hier auf dem Friedhof passiert ist, das ist Antisemitismus gegen die Toten.“
Polizeischutz
Der Schutz jüdischer Einrichtungen ist seit dem Angriff der Hamas auf Israel auch in Österreich ein Dauerthema. Aktuell werden allein in Wien 70 jüdische Einrichtungen geschützt und überwacht – in erster Linie handelt es sich dabei um Schulen und Kindergärten. Friedhöfe benötigten (bis zum aktuellen Anschlag) noch keinen besonderen Polizeischutz.
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