Moscheen: Die Politik hat kaum Einblick

Moscheen: Die Politik hat kaum Einblick
Kanzler Kurz lässt die Auflösung des Moscheevereins ATIB prüfen. Bisher blieb vieles im Dunkeln – auch Geldflüsse

Was ist ATIB? Ein unverdächtiger Kulturverein oder die Außenstelle der Politik von Präsident Erdoğan in Österreich? Diese Frage beschäftigt die Politik nicht erst seit den verstörenden Bildern aus der Wiener ATIB-Moschee.

Vergangenes Jahr musste sich der Moscheeverein, der landesweit 65 Gotteshäuser verwaltet, Spitzelvorwürfe gefallen lassen; man habe Erdoğan-Kritiker ausspioniert, hieß es. Jetzt klingt die Kritik ähnlich: „Das hat in Österreich keinen Platz“, sagte ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz; sein Vize Heinz-Christian Strache ( FPÖ) nannte die Vorfälle „völlig untragbar“.

Nur: Was kann die Politik tun? Kurz und FPÖ-Innenminister Herbert Kickl kündigten an, dass die Auflösung von ATIB geprüft werde. Möglich ist das. Gedeckt wäre eine Vereinsauflösung durch das Islamgesetz, das Kurz selbst initiiert hat. Zum Tragen könnten drei Vorwürfe kommen: „Der Verstoß gegen die positive Einstellung zu Gesellschaft und Staat, die Behinderung der Entwicklung der Kinder und die Finanzierung aus dem Ausland“, sagt Kanzleramtschef Gernot Blümel, dessen Kultusamt die Prüfung leitet.

Gerade bei den Geldflüssen taten sich die Behörden aber bisher schwer. Zwar hieß er mit Inkrafttreten des Islamgesetzes, dass eine Auslandsfinanzierung von Moscheen praktisch unmöglich sei; de facto hat man aber wenig Einblick: Das Kultusamt sieht nämlich nur die Jahresabschlüsse, die ATIB vorlegt. Konkrete Zahlungsströme kann man nicht kontrollieren. Ob der Vorwurf stimmt, ATIB werde mit Geldern aus Ankara gespeist und Präsident Erdoğan sichere sich so Einfluss, kann also schwer nachvollzogen werden.

Auf Aufklärung hofft auch Wiens SPÖ-Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky. Er hat die Kinder- und Jugendhilfe anlässlich der neuen Bilder angewiesen, den ATIB-Vorstand vorzuladen – auch die Prüfung zur Auflösung „finde ich richtig“, sagt er zum KURIER.

Keine Botschafter-Rüge

Im Außenamt sieht man hingegen keinen Handlungsbedarf. Die Einbestellung des türkischen Botschafters erachtet man nicht als nötig – ungeachtet des Vorwurfes, der Religions-Attaché in der Botschaft sei für die Vorfälle verantwortlich.

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