Mit Flügerl gegen Hypo-Debakel anschwimmen

Personen demonstrieren mit Fragezeichenmasken und Schildern, die „staatliche Garantie“ fordern.
Grüne, SJ und Attac protestierten am Dienstag mit Aktionismus gegen "die Sektparty der Banken".

Kein Tag ohne Schlagzeilen im Hypo-Drama - dieses Mal aber unter anderen Vorzeichen. Nachdem am Montag die Pleitebank das Thema der Sondersitzung im Nationalrat war, stand am Dienstag der Ministerrat auf dem Programm. Den Termin nahmen Grüne, SJ und Attac zum Anlass, vor dem Bundeskanzleramt Aktionismus walten zu lassen.
Etwa 40 Grünen-Vertreter, angeführt von Bundessprecherin Eva Glawischnig, zeigten Schilder, auf denen sie fragten "Werner, was ist jetzt mit Gerechtigkeit" und "Spindi, Entfesselung der Bankenfrage?". Dass die Regierungsspitze im Pressefoyer nach dem Ministerrat erneut nicht auftreten wird, nannte Glawsichnig "beschämend".

"Situationselastisch"

Dieses Mal traten nämlich Verteidigungsminister Klug und Außenminister Kurz vor die Presse - also keine Ansprechpartner in Sachen Hypo, ebenso wenig wie die Frauenministerin und die Familienministerin in der Vorwoche. Inzwischen ließ das sogar die Journalistengewerkschaft auf den Plan treten, die die neue Praxis kritisiert: "Man will sich offenbar um unangenehme Fragen im Zusammenhang mit der Hypo Alpe-Adria-Affäre drücken", so Vorsitzender Franz C. Bauer in einer Aussendung. Das verneinte Spindelegger am Dienstag in Brüssel, fügte aber hinzu: "Wenn das auf so viel Unverständnis stößt, können wir es auch wieder ändern" (mehr dazu siehe unten).

Auf die Journalisten-Frage im Dienstag, wann der Kanzler wieder das Pressefoyer nach dem Ministerrat betreuen würde, antwortete Verteidigungsminister Klug am Dienstag, das werde sich "situationselastisch" ergeben.


Die eigenwillige Wortkreation Klugs provozierte auch umgehend eine Anfrage des Grünen Abgeordneten Peter Pilz, da "ein elastischer Bundeskanzler besondere Anforderungen an die parlamentarische Kontrolle" stelle, so der Text seiner Aussendung: "1. Was ist "situationselastisch"? 2. Welche Mitglieder der Bundesregierung sind situationselastisch? 3. Sind ausschließlich die Mitglieder der Situationselastischen Partei Österreichs (SPÖ) mit dieser Gabe gesegnet? 4. Wie hoch auf der Klug-Skala rangiert die Situationselastizität des Bundeskanzlers? 5. Stellt derzeit die Hypo Alpe Adria die vorherrschende Situation des Bundeskanzlers dar? 6. Bedeutet Elastizität in diesem Zusammenhang Abtauchen? 7. Durch welche Situation kann ein elastisches Wiederauftauchen des Kanzlers bewerkstelligt werden?"

E-Mail an den Finanzminister

Die Grünen waren am Dienstag nicht die einzigen, die sich aktionistisch in Stellung brachten. Auch rund zehn Attac-Vertreter waren - ausgerüstet mit Rettungsreifen und Schwimmflügerl - auf denen "Steuergeld" stand, vor dem Bundeskanzleramt. Sie forderten auf einem Plakat "Wir wollen wissen, wer gerettet wird".

Eine schwarze Aktentasche ist mit Euro-Banknoten gefüllt, im Hintergrund Personen mit Schildern zum Thema Steuergeld.
APA17056508 - 18022014 - WIEN - ÖSTERREICH: Ein "Geld-Koffer" anl. einer Fotoaktion von Attac zum Thema "Hypo - Wir wollen wissen, wer gerettet wird?" am Dienstag, 18. Februar 2014, vor dem Bundeskanzleramt in Wien. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
"Vorrangigstes Ziel der Verantwortlichen scheint es zu sein, Investoren und Banken auf Kosten der Steuerzahler zu retten - wie schon bei dutzenden Bankenrettungen zuvor in Europa“, empörte sich Attac Obfrau Alexandra Strickner in einer Aussendung. Die Globalisierungskritiker fordern, dass Gläubiger und Banken verpflichtet werden, sich zu beteiligen. Die Organisation startet auch eineOnline-Aktion, bei der die Österreicher ihren Finanzminister per E-mail auffordern können, die Gläubiger der Bank offenzulegen und ihre finanzielle Beteiligung sicherzustellen.

Auch die Sozialistische Jugend übte sich in Aktionismus. Sie veranstaltete einen Flashmob mit rotem Teppich, Stehtischen und Sektgläsern unter dem Motto "Die Banken feiern Sektparty".

Die Aktionen in Bildern:

Eine Gruppe von Menschen demonstriert mit Schildern gegen Hypo-Kosten und fordert Gerechtigkeit.

PROTESTAKTION DER GRÜNEN ZUR CAUSA HYPO ALPE ADRIA
Menschen demonstrieren mit Schildern des Grünen Klubs gegen die Hypo Alpe Adria.

PROTESTAKTION DER GRÜNEN ZUR CAUSA HYPO ALPE ADRIA
Eine Demonstration vor dem Bundeskanzleramt in Wien mit Transparenten und Schildern.

PROTESTAKTION DER GRÜNEN UND ATTAC ZUR CAUSA HYPO
Demonstranten halten Schilder mit Aufschriften wie „Hypo kostet: 10.000 neue Lehrerinnen“.

PROTESTAKTION DER GRÜNEN ZUR CAUSA HYPO ALPE ADRIA
Eine Gruppe von Aktivisten demonstriert mit Fragezeichenmasken und Geldscheinen gegen die Rettung von Gläubigern.

FOTOAKTION ATTAC "HYPO - WIR WOLLEN WISSEN, WER GE
Eine Person mit Hut und Fragezeichenmaske bei einer Demonstration von Attac Österreich.

FOTOAKTION ATTAC "HYPO - WIR WOLLEN WISSEN, WER GE
Eine schwarze Aktentasche ist mit Euroscheinen gefüllt; im Hintergrund Personen mit Armbinden, auf denen „Steuergeld“ steht.

FOTOAKTION ATTAC "HYPO - WIR WOLLEN WISSEN, WER GE

Debatte um Politiker-Haftung

In der Causa Hypo selbst ging am Dienstag die Diskussion darüber weiter, ob Politiker persönlich dafür haftbar gemacht werden sollen, wenn - wie im Fall der maroden Bank - Fehler passieren. Wie der KURIER berichtet hatte, fordern das Team Stronach und die NEOs strengere Regeln, ähnlich wie in der Privatwirtschaft. Dazu mehren sich indes die kritischen Stimmen: Verfassungsrechtler Theo Öhlinger hält es für "praktisch nicht realisierbar", Gerichte einzuschalten, "ohne dass irgendein gerichtlich relevantes Fehlverhalten vorliegt, nur für Politiker, die eben Entscheidungen treffen, die uns sehr viel kosten". Das sagte Öhlinger im Ö1-Morgenjournal. Den Bürgern bleibe nur die Möglichkeit, Politiker wieder abzuwählen.

Verfassungsrechtler Heinz Mayer verweist im ORF-Radio auf das Instrument der Organhaftung, die vorsieht, dass Beamte oder Politiker, die dem Staat schaden, dafür zahlen müssen - wenn sie schuldhaft und rechtswidrig gehandelt haben. Bis heute sei die Organhaftung aber immer nur auf Beamte und nie auf Politiker angewendet worden. Denn in der Praxis müsste sich der Politiker ja selbst anklagen. Mayer plädiert daher für eine Verschärfung - auch wenn damit nur Symbolwirkung erzeugt werde.

Steßl: FPÖ soll sich entschuldigen

Um die politische Verantwortung zu klären, soll ja nach Wunsch der Opposition ein Untersuchungsausschuss her. Dass dieser auch stattfindet, dafür stehen die Chancen aber schlecht. Denn die Regierungsmehrheit stellt sich dagegen. Auch Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl ist gegen einen Ausschuss; Sie verwies darauf, dass die jetzige Regierung jene "Suppe auslöffeln" müsse, die ihr andere eingebrockt hätten. Es sei an der Zeit, dass sich die FPÖ und Parteiobmann Heinz-Christian Strache bei den Österreichern entschuldigen für das "verantwortungslose Verhalten" in Kärnten. Auch SP-Klubchef Schieder betonte, dass die Bank von der FPÖ-Landesregierung missbraucht worden sei und forderte eine Entschuldigung von Strache.

Vizekanzler Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) versteht die Aufregung über das Ministerrats-Pressefoyer im Zusammenhang mit der Hypo-Krise zwar nicht, kann sich aber eine Änderung des Modus vorstellen. Nach dem EU-Finanzministerrat am Dienstag in Brüssel sagte Spindelegger auf entsprechende Fragen, "ich sehe noch immer nicht den Anlass für die große Aufregung".

Doch "wenn das auf so viel Unverständnis stößt, können wir es auch wieder ändern". Jedenfalls habe er sich dem Thema Hypo keineswegs verweigert. "Ich habe mich vergangenen Montag mit den Bankenvertretern getroffen, beim Rein- und Rausgehen habe ich Stellung genommen. Auch beim Ministerrat am Dienstag. Am Mittwoch habe ich im Ausschuss des Parlaments ausführlich Stellung bezogen. Also wenn Sie mir sagen, bei der Hypo versteckt zu sein, verstehe ich es ehrlich gesagt nicht." Es habe jeden Tag die Möglichkeit gegeben, ihn zu fragen. "Was ich Ihnen nicht sagen kann ist, was kommt heraus", so Spindelegger. "Ich habe überhaupt keine Scheu, vor die Medien zu treten. Ich gehe nie durch die Hintertür, sie können mich immer fragen."

Jedenfalls "gibt es keinen Spalt zwischen dem Bundeskanzler und mir. Wir haben schon gesagt, wir werden das nicht jedes Mal tun, sondern unterschiedlich handhaben". Die Regierung habe schon zu Beginn ihrer Amtszeit erklärt, dass die Auftritte nach dem Ministerrat anders gehandhabt würden. "Beim ersten Mal gab es große Diskussionen." Aber wenn im Ministerrat etwas zu verkünden sei, werde dies gemacht. "Wenn das eine Regelsitzung ist, werden wir uns nicht hinstellen." Über Projekte ohne Gesetzesvorlagen könnten auch Fachminister im Foyer Auskunft geben.

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