Mindestsicherung: Kanzler Kern drängt auf Lösung

Ein Formular „Antrag auf Mindestsicherung“ mit Euro-Banknoten und Münzen.
Kern interessiert Diskussion über Gesprächsebenen „nicht besonders“. Lopatka schmettert Ultimatum ab.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) drängt auf eine Lösung im Streit um die Mindestsicherung. Die „formale Diskussion“ - ob man nun mit den Landesräten oder den Landeshauptleuten spreche - interessiere ihn „nicht besonders“, es brauche eine Lösung, richtete der Kanzler Freitagvormittag im Gespräch mit APA und ORF dem Koalitionspartner ÖVP aus.

Es sei „entscheidend“, dass es bei denjenigen, die es brauchen, „keine Einschränkungen“ gebe - etwa bei Alleinerziehern oder Behinderten, die am Arbeitsmarkt nicht die entsprechenden Chancen haben, dürfe es „keine Kürzungen“ geben, betonte Kern. Es gebe „intensive Gespräche“ mit den Ländern und „in weiten Teilen“ herrsche Konsens, nicht „am Rücken der Ärmsten“ zu sparen.

Lopatka kritisiert Stöger

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka hat am Freitag seine Kritik an Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) im Ringen um die neue Mindestsicherung bekräftigt. Stöger sei gefordert, weiterhin eine österreichweit einheitliche Lösung zu verhandeln - und zwar direkt mit den Landeshauptmännern, forderte Lopatka gegenüber der APA. Der Kompromissvorschlag des Ministers sei kein solcher, kritisierte Lopatka weiter.

„Es ist kein Kompromissangebot, das er vorgelegt hat, sondern das Papier, das er schon vor zwei Wochen präsentiert hat. Auch ein Ultimatum zu stellen ist absolut falsch“, ärgerte sich der schwarze Klubchef. Richtig wäre es hingegen, zurückzukehren an den Verhandlungstisch, um zu einer österreichweit einheitlichen Lösung zu kommen. Eine Einigung mit lediglich sieben Ländern sei zu wenig.

Lopatka verwies auch auf Aussagen des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Niessl ( SPÖ), der sich für einen Deckel und eine Wartefrist für Asylwerber ausgesprochen habe. Die ÖVP drängt ja darauf, dass jemand für den vollen Bezug fünf der letzten sechs Jahre in Österreich gelebt haben muss. Der ÖVP-Klubchef kann daher auch die Zustimmung von Burgenlands Soziallandesrat Norbert Darabos ( SPÖ) nicht nachvollziehen. Entweder habe Darabos den Vorschlag nicht gelesen oder er befinde sich im Widerspruch zu Landeshauptmann Niessl, so Lopatka.

Der Klubobmann merkte zu Stögers Vorschlag auch an, dass dann künftig wohl jeder Asylberechtigte automatisch eine Integrationsvereinbarung unterschreibt, soll es dafür doch 300 Euro geben: „Wer unterschreibt da nicht?“ Ohne eine bundesweite Lösung könne man auch nicht über eine Residenzpflicht diskutieren, ließ Lopatka wissen und ätzte: „Stöger soll sich nicht ständig hinter den Sozialreferententreffen verstecken, sondern endlich mit den Landeshauptleuten reden. Das ist zielführender als Ultimaten.“

Wallner über "Pfusch"-Vorschlag ebenfalls verärgert

Parteikollege und Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hat den Vorschlag von Stöger als "Pfusch" kritisiert. Der Regierungschef war speziell über die "Kann"-Bestimmung beim Deckel verärgert, aber auch über das Ultimatum von Stöger. Eine Zustimmung von Vorarlberg schloss er aus: "Wenn es keine Lösung gibt, gehen wir unseren eigenen Weg", so Wallner.

Der Landeshauptmann betonte, dass sich alle Länder bewegt hätten und mit dem Ansatz "1.500 Euro-Deckel mit inkludierten 25 Prozent Wohnkosten" ein brauchbarer Lösungsvorschlag auf dem Tisch liege. Bei einer "Kann"-Bestimmung würde hingegen wieder "jeder tun, was er will". Wenn man keinen Deckel fixieren wolle, dann könne man es lassen, sagte Wallner. Zudem enthalte Stögers Papier ein Verschlechterungsverbot, womit die neue Mindestsicherung viele nicht erfassen würde.

Etwas milder gestimmt war der Regierungschef hinsichtlich der Integrationsvereinbarung, bei der man im Wesentlichen dem Vorarlberger Weg folge. "Aber auch da sind Punkte offen, etwa die Diskussion über eine Residenzpflicht", stellte Wallner fest.

Pühringer präsentierte Vorschläge

Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) präsentierte am Freitag konkrete Vorschläge, wie es doch noch zwischen Bund und Ländern zu einer einheitliche Regelung der Mindestsicherung kommen könnte. Dies fände er „begrüßenswert“. Konkret denkt der Landeshauptmann an eine „Teileinigung“, wie er im Gespräch mit der APA sagte.

So sollte es in der neuen Vereinbarung Bereiche geben, die die Länder selbstständig regeln, andere hingegen der Bund vorgibt. Die Höhe des Integrationsbonus gehöre in die Kompetenz der Länder, die Decklung der Mindestsicherung sowie das Thema gemeinnützige Arbeit müsse der Bund regeln. Grundsätzlich sei er der Auffassung, dass zwischen einem „Mindesteinkommen aus einer 40-Stunden-Tätigkeit“ und einem „aus sozialen Transfers ein ordentlich messbarer Unterschied“ bestehen müsse. Daher werde auch an der seit 1. Juli in Oberösterreich in Kraft getretenen gekürzten Mindestsicherung vom maximal 520 Euro monatlich nicht gerüttelt.

Bis Montag werde jedenfalls keine Lösung gefunden sein, denn ein „Diktat“ oder „Ultimatum“ vom Bund sei nicht der Weg, den die Ländern gewohnt seien. Verhandlungen würden üblicherweise „auf Augenhöhe geführt“, meinte Pühringer in Richtung Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) weiter. Außerdem sei man in den nächsten Tagen mit den Finanzausgleichsverhandlungen beschäftigt. Danach sollte der Minister weiter mit den Landeshauptleuten Gespräche suchen. Noch am Vormittag hatte Pühringers Büro mitteilen lassen, dass es zu dem Kompromissvorschlag keine Stellungnahme geben werde.

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