"Spionagesoftware": Kritik an Messenger-Überwachung

Der Gesetzesentwurf, dessen Begutachtung am Dienstag ausläuft, sieht für die Sicherheitsbehörden die Möglichkeit des Zugriffs auf Messenger-Daten vor.
  • Der Gesetzesentwurf zur Messenger-Überwachung droht am Widerstand der Neos zu scheitern, da Zweifel an der Verfassungskonformität bestehen.
  • Amnesty International und epicenter.works kritisieren das Vorhaben als grundrechtsfeindlich und menschenrechtsgefährdend, und bezeichnen es als 'Bundestrojaner'.
  • Das Innenministerium verweist auf positive Expertenmeinungen und betont die Notwendigkeit der Überwachung zur Gewährleistung der kollektiven Sicherheit.

Die von der Regierung geplante Messenger-Überwachung droht am Widerstand der Neos zu scheitern. Man sei noch nicht von der Verfassungskonformität des vorliegenden Entwurfs überzeugt, ließ der kleinste der drei Koalitionspartner am Dienstag, dem letzten Tag der Begutachtung, wissen. 

Amnesty International und epicenter.works schlossen in einer Pressekonferenz eine solche aus. Seitens des Innenministeriums wurde auf positive Expertenstellungnahmen verwiesen.

Neos-Abgeordneter Nikolaus Scherak äußerte sich gegenüber der Tiroler Tageszeitung und den Oberösterreichischen Nachrichten auch nach der Begutachtung erneut ablehnend. "Wenn das Regierungsprogramm gilt, gibt es diesen Beschluss nicht", sagte er über die Möglichkeit zur Überwachung verschlüsselter Internet-Kommunikation. Im Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und Neos ist festgelegt, dass die Lösung "verfassungskonform" sein muss.

Scharfe Kritik an Messenger-Überwachung

Generell ist der neuerliche Anlauf zur Überwachung in der Begutachtung auf scharfe Kritik gestoßen. Amnesty International und die Datenschützer von epicenter.works unterstrichen dies am Dienstag noch einmal. Beide Organisationen sprachen auch nicht von Messenger-Überwachung, sondern vom "Bundestrojaner" bzw. von "Spionagesoftware". Ein verfassungs- und menschenrechtskonformer Einsatz dessen sei ausgeschlossen, sagte Charlotte Deiss von Amnesty. 

Thomas Lohninger von epicenter.works erinnerte daran, dass bereits vier Versuche für eine solche Regelung bereits gescheitert seien. Auch das nun fünfte Vorhaben könne nicht umgesetzt werden, es sei grundrechtsfeindlich und gefährdend.

Auch im ZIB2-Interview am Mittwochabend warnte Lohninger vor dem aktuellen Gesetzesentwurf zur Überwachung von Messenger-Diensten. Der Entwurf lasse zentrale Sicherheitsstandards vermissen, Österreich verfüge zudem nicht über die nötigen Sicherheitskapazitäten, um diese Maßnahme zu verantworten. Und: "Die Stellung des Rechtsschutzbeauftragten im Innenministerium ist nicht unabhängig genug", so Lohninger, der eigene Kontrollen fordert und auf bekannte Missbrauchsfälle derartiger Überwachung innerhalb der EU hinweist. "Es gibt keine effektive Protokollierung auf österreichischen Servern, welche Befehle diese Software entgegennimmt. Hier wird das ganze Gerät gehackt, nicht nur einzelne Dienste wie Whatsapp und Co.", kritisiert der Datenschützer, der im aktuellen Entwurf nicht den notwendigen Rechtsschutz sieht, der auch vor dem Verfassungsgerichtshof halten könnte.

Der Gesetzesentwurf, dessen Begutachtung am Dienstag ausläuft, sieht für die Sicherheitsbehörden die Möglichkeit des Zugriffs auf Messenger-Daten vor. Beschränkt werden soll dies auf Fälle, die auf terroristische und verfassungsgefährdende Aktivitäten hindeuten. Auch bei Spionage wäre der Einsatz möglich. Grundsätzlich kann laut Entwurf die Befugnis der Messengerüberwachung, die etwa WhatsApp und andere Dienste trifft, nur für die Dauer von drei Monaten angeordnet werden, wobei eine Verlängerung möglich wäre. Im Anschluss müssten die Betroffenen informiert werden, dass ihre Messenger überwacht wurden.

Innenministerium pocht auf Recht auf Sicherheit

Seitens des Innenministeriums hieß es gegenüber der APA, dass es von namhafter Juristenseite auch positive Stellungnahmen zu dem Vorhaben gegeben habe. Es sei epicenter.works unbenommen, einen Fokus auf die individuellen Rechte von Menschen zu legen. Sicherheitsbehörden und Strafverfolgungsbehörden müssten aber vor allem die kollektiven Rechte in einer demokratisch-rechtsstaatlichen Gesellschaft - nämlich das Recht auf Sicherheit - konsequent gewährleisten, und dafür brauche man die notwendigen und zeitgemäßen Werkzeuge.

Kommentare