"Menschen, die nie gedacht haben, dass sie Hilfe benötigen"
Sie stehen Schlange. Mit Maske und Einkaufstrolley, um sich das zu holen, was sie sich nicht mehr zur Gänze leisten können: Nahrungsmittel. Die knapp 30 Menschen, die vor 9 Uhr früh vor der Pfarre Gartenstadt in Wien-Floridsdorf warten, kommen, weil sie von Armut betroffen und auf fremde Hilfe angewiesen sind.
Sie gehören zu jenen knapp 1,5 Millionen Menschen, die in Österreich laut Armutskonferenz armuts- oder ausgrenzungsgefährdet sind. Die als Alleinstehende mit 1.286 Euro monatlich, als Alleinerziehende mit einem Kind mit 1.671 Euro pro Monat ihr Auslangen finden müssen. Und es werden - bedingt durch die Corona-Krise - immer mehr.
Ein Jahr Arbeitslosigkeit erhöht Armutsgefährdung
"41 Prozent aller Arbeitslosen sind heute armutsgefährdet", sagt Caritas-Präsident Michael Landau. "Die Rekordarbeitslosigkeit erfordert Rekordverantwortung", denn nach einem Jahr ohne Job steige die Armutsgefährdung auf 45 Prozent. Landau appelliert daher an die Regierung, das Arbeitslosengeld nicht durch Einmalzahlungen, sondern langfristig zu erhöhen. "Und zwar bei gleichzeitiger Beibehaltung der Notstandshilfe, damit Menschen ausreichend Geld für Lebensmittel, Mieten und Heizen haben."
Dass dem nicht mehr so ist, das zeige sich an den österreichweiten Caritas-Standorten. Seit Beginn der Pandemie haben die Caritas-Sozialberatungsstellen in Niederösterreich um 41 Prozent mehr Erstkontakte verzeichnet als im Vorjahr, in der Steiermark 37 Prozent.
Es sind Menschen, die "nie gedacht haben, dass sie die Hilfe der Caritas benötigen", so Landau, wie jene alleinerziehenden Mütter, Pensionisten oder Arbeitslose, die an diesem Vormittag mit einem Le+O(Lebensmittel und Orientierung)-Ausweis und ein paar Münzen in der Tasche "einkaufen". Nudeln, Brot, Joghurt und Gemüse und Obst wie am Markt nur ohne Geld. Mit einem Solidarbeitrag von vier Euro erhält man ein Paket, mit sechs Euro zwei. Mit einer 40 Euro-Spende erhält eine armutsbetroffene Familie einen vollen Einkaufswagen.
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