Löger macht auch EU-Budget 2019

ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger: Steiler Aufstieg eines politischen Newcomers.
Der Finanzminister wird auf Geheiß des Kanzlers aktiv. Karas: „Das ist ungewöhnlich, aber zu begrüßen“

Keine schlechte Karriere für einen Newcomer: Vor wenigen Monaten erst ist Hartwig Löger in die Politik eingestiegen – und schon avanciert er zum Vorsitzenden der europäischen Finanzminister. Seit 1. Juli ist er offizieller Finanzsprecher eines Wirtschaftsraums von 14 Billionen Euro, des weltweit zweitgrößten hinter den USA.

Am Freitag kommender Woche wird Löger erstmals in Brüssel den Ecofin leiten. In Wien herrscht bereits Hochbetrieb. Mehr als 100 Experten steckten in den vergangenen Tagen im Ministerium in der Himmelpfortgasse die Köpfe zusammen, um in mehreren Arbeitsgruppen den Ecofin-Vorsitz vorzubereiten. Die Themenpalette der kommenden sechs Monate umfasst bedeutende Brocken wie den EU-Finanzrahmen von 2021 bis 2027.

Löger ist – in Kooperation mit Europaminister Gernot Blümel – für das Feilschen über den EU-Finanzrahmen von 2021 bis 2027 zuständig. Die Nettozahler, darunter Österreich, wollen auch künftig nicht mehr als ein Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes (Österreichs BIP 2017: 369 Milliarden) nach Brüssel überweisen. Die EU-Kommission hätte jedoch gern, dass der Satz auf 1,1 Prozenterhöht würde, das EU-Parlament wünscht 1,3 Prozent. „Wenn wir alle Wünsche zusammenzählen, die derzeit an die EU gestellt werden, von Außengrenzschutz bis Afrikahilfe, brauchen wir zwei Prozent“, sagt Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament.

Bei den Verhandlungen muss Löger die richtige Balance finden. Einerseits soll er Österreichs Nettozahler-Interessen vertreten – dazu schmiedet er Allianzen mit Gleichgesinnten wie den Niederländern und den Skandinaviern. Andererseits soll er als Vorsitzender unparteiisch agieren, um widerstreitende Gruppen zusammenzuführen.

Parallel zum Finanzrahmen 2021 bis 2027 halst sich Löger auch das EU-Budget für 2019 auf. Das ist ungewöhnlich für einen Ecofin-Chef, aber Bundeskanzler Sebastian Kurz will, dass das EU-Budget 2019 politisch verhandelt wird und nicht nur technisch. Deswegen hat sich Löger mit EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger und dem EU-Parlament ins Einvernehmen gesetzt, die Budgetverhandlungen selbst zu führen. „Das ist unüblich, aber zu begrüßen“, urteilt Karas. Somit könnten Umschichtungen oder sogar Revisionen des geltenden Finanzrahmens (bis 2020) vorgenommen werden, etwa, um den Außengrenzschutz zu finanzieren.

Gröbere Änderungen werden dafür auch nötig sein, denn von den 166 Milliarden, die die EU 2019 ausgeben darf, ist zur Zeit nur eine Milliarde nicht verplant, sagt das österreichischen Finanzministerium. 2019 und 2020 soll aber Frontex von 1500 auf 10.000 Grenzschützer aufgestockt werden. Auch einen Afrikafonds haben die europäischen Regierungschefs auf ihrem jüngsten Gipfel beschlossen.

Finanziert ist all das nicht.

Abschließen könnte Österreich unter seinem Vorsitz ein lange umkämpftes Thema, das echten Fortschritt brächte: eine EU-weit einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer. Dazu gibt es bereits Beschlüsse der Kommission, des EU-Parlaments und der deutsch-französischen Achse. Eine gleiche Berechnungsbasis für die Gewinnbesteuerung wäre ein Riesenschritt gegen ruinösen Steuerwettbewerb – auch wenn der konkrete Steuersatz (vorerst) im nationalen Ermessen bliebe. „Man könnte Bandbreiten oder einen Mindeststeuersatz festlegen“, meint Karas.

Die Harmonisierung von Bemessungsgrundlagen ist auch eine Voraussetzung für Lögers politisches Steckenpferd: Er will eine Digitalsteuer vorantreiben, um Gerechtigkeit bei der Unternehmensbesteuerung herzustellen. Das wird das Schwerpunktthema bei der Ecofin-Tagung im September in Wien.

Nicht zuletzt wird sich Löger mit den deutsch-französischen Plänen für die Eurozone auseinanderzusetzen haben. Eurogruppenchef ist der portugiesische Finanzminister Mario Centeno, Löger ist dessen Stellvertreter in der Eurogruppe. Bis zum EU-Gipfel der Regierungschefs im Dezember wollen Deutschland und Frankreich einen eigenen Eurozonen-Haushalt konkretisieren, der die wirtschaftliche Angleichung der Euro-Staaten forcieren soll. Einen Architekten dieser Pläne, den französischen Finanzminister Bruno Le Maire, hat Löger gemeinsam mit Eurogruppenchef Centeno zu den Salzburger Festspielen eingeladen.

Die drei Finanzpolitiker besuchen, nicht unpassend, die Pique Dame, Tschaikowskys Oper über die Verfänglichkeit von Geld und Gewinnsucht.

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